Fr, 03.08.2007, Tag 14 (Lençois)

Wie erwartet kam ich an diesem Morgen nur schwer aus dem Bett, schrieb die Idee mit der Auto-Tour für diesen Tag deshalb ab und ließ alles ein wenig ruhiger angehen. Der weitere Tag entwickelte sich dann ein wenig chaotisch…

Zuerst hatte Zarko am Vorabend festgestellt, dass seine EC-Karte abgelaufen war – tja, so ist er halt: Losziehen ohne Plan… Er war also erstmal damit beschäftigt, herauszufinden, wie ihm seine Eltern jetzt Geld zukommen lassen konnten. Ich selbst war auch ein wenig planlos, da ich mir über die nächsten Ziele meiner Reise unklar war und mich nicht so recht entscheiden konnte, ob ich für eine Tour zur Grotta Azul, etc. noch einen weiteren Tag in Lençois bleiben wollte oder nicht. Da wir ohnehin schon viel länger hier waren als ich ursprünglich geplant hatte, musste ich meine Reiseroute irgendwo abkürzen bzw. Abstriche machen. Ich hatte mir für die begrenzte Zeit sowieso zu viel vorgenommen, wie ich jetzt feststellte und Abstriche machen fällt halt nie leicht.

Zu allem Übel stellte sich dann heraus, dass es nicht so einfach war, hier in der Wildnis abseits von großen Rodoviarias Bustickets für die Weiterfahrten zu kaufen. Diesbezüglich muss ich meine anfängliche Begeisterung für das brasilianische Bussystem ein wenig einschränken: Echte Konkurrenz zwischen den verschiedenen Betreibern scheint es nicht wirklich zu geben, da die meisten Strecken nur von einer bedient werden oder vermeintlich verschiedene Anbieter in Wahrheit ein und derselbe sind. Außerdem ist der Erwerb von Tickets zur Sicherung eines Platzes außerhalb der großen Städte mit einer echten Rodoviaria eine Herausforderung.

Mit Hilfe eines lokalen Reisebüros konnte Zarko dann seinen Flug von Salvador nach Rio de Janeiro buchen und ich erfuhr, dass ein Busticket von Feira de Santana nach Belo Horizonte bei einer Privatperson gegenüber der provisorischen Bushaltestelle zu erwerben war. Da der Nachtbus bereits ausgebucht war, entschied sich Zarko für den am Samstag Nachmittag und ich nahm denselben und kaufte auch gleich das Ticket für die Weiterfahrt nach Belo Horizonte. In der Pousada neben der von Dani und Marlene fanden wir dann noch eine Unterkunft für einen akzeptablen Preis (wobei mir der nach dem chaotischen Tag mit Herumrennerei kreuz und quer durch Lençois fast egal war). Damit kehrte zumindest gegen Abend wieder Normalität ein, da die Dinge bis dahin soweit geregelt und die Entscheidungen für die nächsten Tage gefällt waren.

Zum Abendessen versuchten wir das im Lonely Planet empfohlene “Buritas y Taquitos” wo wir in toller Atmosphäre wirklich gute Buritos genossen. Anschließend schlenderten wir noch ein wenig durch die Stadt und kehrten dann bald zur Unterkunft zurück. Das war damit auch der letzte gemeinsame Abend von Zarko und mir. Am nächsten Tag sollten sich unsere Wege trennen.

Do, 02.08.2007, Tag 13 (Chapada Diamantina)

Heute war unser letzter Tag in der Wildnis und die ca. 24 km lange Wanderung nach Capeão stand auf dem Programm. Wir brachen gegen 9:00 Uhr auf und hatten gleich zu Beginn einen anstrengenden Aufstieg auf die Hochebene oberhalb unserer Unterkunft zu meistern. Oben angekommen ging es dann die meiste Zeit in sehr zügigem Tempo aber ohne weitere nennenswerte Steigungen die Ebene entlang. Da Marjo und Michelle ebenfalls auf dem Rückweg waren, war unsere Gruppe um die beiden und ihren Guide angewachsen.

Kurz vor der Mittagspause mussten wir dann noch ein steiles Stück bergab gehen und machten Rast an einem kleinen Wasserfall mit See. Da das Wasser aber mindestens so kalt war wie an dem anderen Wasserfall vor 2 Tagen entschied ich mich gegen ein vollständiges Bad. Wir würden ja bald wieder in der Zivilisation ankommen und deren Vorzüge (z.B. eine Dusche) genießen können. Wir trafen hier auch auf eine andere Gruppe, die von Capeão aus aufgebrochen und nun auf dem Weg ins “Vale do Pati” war.

Nach dem Essen traten wir das allerletzte Stück Rückweg an und erreichten Capeão so gegen 16:00 Uhr, wo bereits derselbe Truck auf uns wartete, der uns am Montag schon zum Ausgangspunkt unserer Tour gebracht hatte. Nach einem Caldo de Cane und ein paar Stretch-Übungen ging’s los – einmal mehr über eine “Dirt Road”. Und da diese Fahrten ja irgendwie zum ganzen Abendteuer dazu gehörten und sie ohne Zwischenfall ja langweilig gewesen wäre, platze unterwegs noch ein Reifen. Vor allem die Art und Weise, wie der neue montiert wurde, war abenteuerlich: Da der Truck ein wenig schräg stand und ihn der Wagenheber daher nicht ausreichend anheben konnte, grub unser Fahrer kurzerhand ein Loch unter dem Reifen. Da fragt sich noch einer nach dem Grund für die vielen Schlaglöcher auf der Straße ;-)…

Nach dieser kurzen Zwangspause ging’s dann ohne weitere Zwischenfälle zurück nach Palmeras und von dort mit einem Van nach Lençois. Unterwegs erzählte Dani von den vielen Reisen, die die beiden schon unternommen hatten. Ich wurde ganz neidisch. Ein Zitat von Dani möchte ich besonders festhalten: “Ich habe immer gesagt, die Arbeitstage müssen sich irgendwie zwischen die Urlaubstage einfügen!” Was für ein Lebensmotto…

Ich weiß nicht mehr genau, wann wir endlich Lençois erreichten, aber Dani sagte, dass wir insgesamt 2,5 Stunden mit beiden Autos unterwegs gewesen waren. Jedenfalls war es bereits dunkel und nachdem wir uns in der “Pousada dos Duendes” von Raul und Hariboo verabschiedet hatten, machten Sisser, Zarko und ich uns auf zu unserer Pousada. Dort wollte der Besitzer nun plötzlich 25 statt 20 R$ pro Nacht, was wir aus Prinzip ablehnten und in die benachbarte Pousada umzogen. Dort zahlten wir zusammen zwar auch 70 R$, mehr als der Preis selbst hatte uns aber die Steigerung geärgert. Endlich konnten wir dann wieder eine Dusche genießen und machten uns anschließend noch einmal auf um Marjo und Michelle zum Abendessen zu treffen. Die beiden waren aber schon losgezogen und so suchten wir sie in der Stadt. Schließlich gingen aber doch nur wir drei etwas essen und kehrten dann sehr müde zur Pousada zurück. Sisser wollte früh am nächsten Morgen den Bus zurück nach Salvador nehmen. Ich hatte ursprünglich die Idee, noch eine Auto-Tour zu den Attraktionen nördlich des Nationalparks zu machen, zweifelte am Abend aber an meiner Fähigkeit, am nächsten Morgen rechtzeitig aufzustehen. Und nach diesem doch sehr anstrengenden Abenteuer stand mir ein wenig Ruhe auch zu.

Mi, 01.08.2007, Tag 12 (Chapada Diamantina)

Heute stand uns die wohl schwierigste und anstrengendste Tageswanderung bevor – nur dass wir am Morgen noch nichts davon wussten.

Nach dem Frühstück ging’s los, unser Gepäck blieb diesmal in der Unterkunft zurück. Ziel war der Morro Castelo, einer der Berge, die unsere Unterkunft umgaben. Der Weg dorthin zog sich schon ganz schön hin und war zu einem kleinen Teil dieselbe Strecke, die wir bereits am Vortrag gewandert waren. Dann ging es an den Aufstieg. Zum Glück war das Wetter noch nicht ganz super, so dass uns zumindest die Sonne nicht zusätzlich zu schaffen machte. Immer steiler ging es den Hang hinauf. Immer durch den Wald und immer wieder hörten wir den Ruf eines für dieses Gebiet typischen Vogels, wie uns unsere Guides erklärten. Seinen Namen weiß ich leider nicht mehr. Da ich mir in der vergangenen Nacht eine Erkältung eingefangen und außerdem nicht besonders gut auf dem harten Steinboden geschlafen hatte, wurde der Aufstieg für mich doppelt anstrengend.

Auf etwa halbem Weg wollten Dani und Marlene dann das erste Mal umkehren, da ihnen der Pfad inzwischen zu knapp am Abgrund entlang führte. Nach ein wenig Überzeugungsarbeit gingen sie aber noch ein Stück weiter, kehrten dann aber ein paar Minuten später doch um, als der Pfad noch steiler wurde. Zum Glück hatten wir zwei Guides, so dass Hariboo mit den beiden zurückgehen und Raul den Aufstieg mit Zarko, Sisser und mir fortsetzen konnte.

Schließlich hatten wir die Höhle erreicht, von der Raul erzählt hatte. Man konnte sie durchqueren und auf der anderen Seite des Berges in den Nachbarcanyon blicken. Der Ausblick war einfach gigantisch und wir verweilten hier trotz des kühlen Windes eine ganze Weile. Dann ging’s zurück durch die Höhle, vor der wir auf der anderen Seite unsere Pause zum Mittagessen einlegten. Ich war inzwischen ganz schön fertig, zumal ich mich nicht 100%ig wohl fühlte und hatte gewisse Bedenken bezüglich des langen und anstrengenden Abstiegs. Deshalb machte ich vor und nach dem Essen noch einen kurzen Mittagsschlaf mit grandioser Aussicht auf das Tal unter uns.

Und dann pfiff Raul auch schon zum Rückzug, was – wie wir später merkten – genau richtig war, da der Abstieg und die Rückkehr zur Unterkunft bis kurz vor Sonnenuntergang dauerte.
Der Abstieg selbst war wie erwartet noch anstrengender als der Aufstieg vor allem mit den ohnehin bereits schmerzenden Oberschenkeln vom Vortag (ein langer Tag auf der Skipiste ist nichts dagegen!). Aber wir meisterten die Kletterpartie alle ohne Probleme.

Im Tal angekommen machten wir noch einen kleinen Abstecher zu einer Schule, in der die 5 Kinder aus den umliegenden Häusern unterrichtet wurden. Uns wurde erzählt, dass bald 3 davon auf die weiterführende Schule in der nächsten Stadt wechselten und die Zukunft dieser Schule hier dann ungewiss sei. Sogar eine gemalte Flagge von Dänemark hing in dem kleinen Klassenzimmer, da wohl vor kurzem ein Freiwilliger aus Dänemark hier gearbeitet hatte. Und dann wurden wir sogar noch Zeugen des beginnenden Mathematik-Unterrichts. Mit unserer Anwesenheit konnten sich die Kinder allerdings weniger auf ihre Aufgaben konzentrieren.

Wenig später traten wir das letzte Stück Rückweg an, wobei Raul zwischendrin zurück blieb, um frisches Brot bei einem Einheimischen zu besorgen, dessen Haus wir passierten. Als wir drei dann endlich den nicht enden wollenden Weg auf den Hügel vor unserer Unterkunft geschafft hatten, legten wir oben eine kurze Pause ein, um die letzten Sonnenstrahlen zu genießen. Das Tal unter uns lag bereits im Schatten.

Unten angekommen war nach einer sehr kalten aber erfrischenden und notwendigen Dusche dringend Ausruhen angesagt. Um in der kommenden Nacht besser schlafen zu können, organisierte ich mir für 7 R$ Aufpreis auch eine Matraze und Decken.

Nachdem auch Raul zurückgekehrt war, gab es bald unser letztes Abendessen: Nudeln mit Bolognese-Soße mit Soja. Gegen später traf auch Marjo und Michelle ein, die uns während unseres Abstiegs bereits begegnet waren. Der Abend war ruhiger als der am vorherigen Tag, hatte aber mindestens so interessante Unterhaltungen zu bieten. Außerdem gab es zwischendurch einmal mehr einen herrlichen Sternenhimmel zu bewundern. Wie immer gingen wir aber recht bald schlafen, da wir am nächsten Tag eine fast 24 km lange Wanderung zurück nach Capeão vor uns hatten.