Nach einer etwas unbequemen ersten Nacht im Zelt sind wir heute doch erst erstaunlich spät auf den Beinen. Ich hätte gedacht, dass wir gerade wegen der unbequemen “Betten” deutlich früher aufstehen würden. Die erste Aktion ist das Zusammenpacken der Zelte und das Frühstück. Dabei einigen wir uns darauf, statt der ursprünglich geplanten längeren Route mit vielen kleinen Portages, eine kürzere Strecke in den Burnt Island Lake zu nehmen. Zurück über den Littledoe Lake sollte es über den Bluejay Lake und einer 405 Meter langen Portage in das Vanishing Pond und von dort weiter über den Sunbeam Lake, den Treefrog Lake und den Jay Lake in den Burnt Island Lake gehen. Leider achten wir nicht auf einen Hinweis in der Karte, der uns später noch sehr deutlich selbst auffallen sollte: “Possible low water problems Bluejay Lake to Vanishing Pond and along Potter Creek! Check before trip.”
Nachdem alles zusammengepackt und wieder in den Kanus verstaut ist, legen wir ab. Die Strecke zurück zum Littledoe Lake kennen wir bereits vom Vortrag. Wieder müssen wir den kleinen Biberdamm überqueren und weiter geht es den Littledoe Lake entlang gen Osten. An dessen Ende paddeln wir einen kleinen Fluss entlang, der den Littledoe Lake mit dem Bluejay Lake verbindet. Kurz vor der 405 Meter langen Portage begegnen wir erneut einem Elchbullen. Er steht uns praktisch mittem im Weg, so dass wir eine kurze Pause einlegen und diese auch gleich zum Fotografieren und Beobachten nutzen. Wieder ist das Tier dabei, die Seerosen vom Grund des Sees zu fressen und wieder lässt es sich durch unsere Anwesenheit nicht in geringster Weise stören. Nach einer Weile zieht der Elch ein Stück weiter und wir können die restliche Strecke zu unserer Portage zurück legen.
Wieder müssen die Kanus entladen werden und sowohl Gepäck als auch Kanus die 405 Meter bis zum Ende der Portage geschleppt werden. Sehr nervig fallen diesmal die kleinen Blutsauger-Mosquitos aus, die uns nur Sekunden nach der Ankunft am Ufer regelrecht überfallen. Selbst das Bugspray scheint sie nur sehr schwer auf Distanz zu halten. Die Portage ist wesentlich schwieriger als die vom Vortag. Der Weg geht im sprichwörtlichen Sinne über Stock und Stein und ist noch dazu eben ca. um ein Drittel länger.
Auf der anderen Seite angekommen paddeln wir so schnell wie möglich weiter, weil die Mosquito-Plage an Land einfach um Faktoren übler ausfällt als auf dem Wasser. Die Fahrt geht über einen fast völlig mit Schilf zugewachsenen See und das Wasser wird immer flacher. Wir sitzen immer wieder auf und müssen uns mühsam im Stocherkahn fahren beweisen. Nach einer Weile erreichen wir eine Gabelung des schmalen Wasserwegs durch das Schilf, dem wir bisher gefolgt waren. Wir entscheiden uns für die Abzweigung nach links, müssen jedoch nach wenigen Metern feststellen, dass uns ein ziemlich großer Biberdamm den Weg versperrt. Da wir uns absolut nicht mehr sicher sind, ob wir noch auf dem richtigen Weg sind, entscheiden wir uns gegen eine Überquerung des Damms. Die Karte, die wir von Algonquin Outfitters bekommen hatten ist einfach zu wenig detailliert, um uns den exakten Weg zu weisen. Nach kurzer Beratung beschließen wir, zu der Gabelung zurück zu kehren und unser Glück mit der anderen Abzweigung zu versuchen. Auch dort sitzen wir allerdings nach wenigen Metern auf und an ein Weiterkommen ist beinahe nicht mehr zu denken. Zu diesem Zeitpunkt fällt mir dann der bereits erwähnte Hinweis in der Karte auf und wir entscheiden uns, unseren Tagesplan zu ändern. Statt wie geplant am Burnt Island Lake zu übernachten, wollen wir zum Littledoe Lake zurück paddeln und dort unser Lager für die zweite Nacht aufschlagen. Den Burnt Island Lake könnten wir über einen anderen Weg nur über eine ca. 1,3 km lange Portage erreichen, was uns allen schlicht zu viel des Guten ist. Leider bedeutet dies für den folgenden Tag die Rückkehr auf demselben Weg wie auf dem Hinweg. Aber das lässt sich nun nicht mehr ändern, da wir einfach zu spät auf den Hinweis in der Karte aufmerksam geworden waren.
Auf dem Weg zurück zum Littledoe Lake müssen wir erneut die 405 Meter lange Portage hinter uns bringen. Anschließend sind wir alle ziemlich geschafft und freuen uns darauf, endlich unser Lager aufzuschlagen. Wo ist uns inzwischen eigentlich ziemlich egal.
Immerhin werden wir für unsere Rückkehr noch belohnt: Kurz nach der Portage, an der Stelle, an der am Morgen bereits der Elchbulle graste, stoßen wir auf eine Elchkuh mit ihrem Jungen. Als wir uns nähern ruft sie dieses zu sich und verschwindet im Wald. Einige gute Bilder gelingen mir aber trotzdem. Die Rückkehr hat sich zu diesem Zeitpunkt also bereits gelohnt.
Ziemlich ausgepowert erreichen wir schließlich einen Zeltplatz am Littledoe Lake, den wir zunächst nur ansteuern, um etwas zu essen. Mir war jedoch schon da klar, dass wir wohl dort bleiben würden. Damit bin ich zwar nicht ganz einverstanden, weil ich für unser Lager gerne einen schöneren Platz ausgesucht hätte. Jan und Elena steuern diesen Platz aber sehr zielstrebig an, ohne uns drei weiter zu fragen. Beim Aufbau der Zelte führt das zu einer kurzen, aber knackigen Diskussion, die aber – wie meistens in solchen Fällen – im Sande verläuft und nicht wirklich Klärung bringt. Zum Glück bessert sich die Stimmung gegen Abend wieder, so dass wir auch unseren zweiten Tag in der Wildnis vollends genießen können.
Zum Abendessen gibts heute sogar zwei Gänge: Nudeln mit einer sehr pikanten Soße und Fleisch und anschließend “Hashbrown Potatoes”, unter denen wir uns alle zunächst absolut nichts vorstellen können. Beim Kochen stellt sich heraus, dass es sich um gehakte Kartoffel handelt, aus denen man wohl soetwas wie Kartoffelpuffer hätte machen sollen. Weil wir zu faul sind, die Pfanne einzusauen, kochen wir sie allerdings nur. Ergebnis sind gekochte Kartoffelschnitzel, die nach rein gar nichts schmecken. Selbst Salz und Pfeffer ändern daran nichts mehr wirklich viel. Als wir den Rest im Feuer verbrennen wollen, stellen wir fest, dass er sich eher fürs Löschen eignet.
Nach diesem etwas seltsamen Abendessen – uns fehlt eben einfach noch die Erfahrung mit Trekking-Mahlzeiten – gibt es noch über dem Feuer gegrillte Marshmallows. Als uns die Angriffe der Mosquitos wieder zu dumm werden, streichen wir die Segel und hauen uns in unsere Zelte. Damit endet unser zweiter Tag in der Wildnis mit wieder sehr vielen Erlebnissen, von zwei Elch-Sichtungen über das Verlorengehen im Sumpf, bis hin zu einem äußerst schmackhaften Abendessen :-)…