Abreise

Heute hieß es auch für uns Abschied nehmen von dieser lebenhafen Stadt, die uns während der vergangenen Tage so in ihren Bann gezogen hatte. Nach dem Frühstück packten wir unsere Sachen und machten uns gegen 11 Uhr auf den Weg zum Flughafen. Dort checkten wir auch gleich ein und mussten dann nur noch eine Stunde warten. Dann ging’s los – Adiós Madrid y Bienvenidos Alemania!

Der Flug führte uns noch über Paris, das wir schön unter uns ausgebreitet liegen sahen und dann kam auch schon Frankfurt Hahn in Sicht. Mit einer sanften Landung gingen 6 turbulente und erlebnisreiche Tage zu Ende. Auf der Heimfahrt noch eine kurze Einkehr zum Mittagessen und dann waren wir auch schon wieder in Karlsruhe. Dort tauschten wir gleich noch Bilder und warfen natürlich auch einen Blick in die DVD von Joaquín Sabina. Und – wow! – ein Mittschnitt seines letzten großen Konzerts 2007 vor bestimmt 25.000 Fans! Er scheint also wirklich berühmt zu sein!

Wir haben tolle 6 Tage zusammen in Madrid verbracht, extrem viel gesehen und unglaubliches erlebt. Einmal mehr ist meine Reiselust und mein Interesse an neuen Orten auf seine Kosten gekommen und Julian habe ich mit diesem Kurztripp wohl auch auf den Geschmack des Backpacking gebracht. Wer weiß, vielleicht gibt es ja irgendwann mal eine gemeinsame Fortsetzung…

Las Ventas & Cidade Universitaria

Mit diesem Tag war auch schon unser letzter voller Tag in Madrid angebrochen. Bevor wir Rebecca und Hannah am frühen Nachmittag im Hostel verabschieden wollten, fuhren Julian und ich noch ins Stadtviertel Salamanca, das als das Einkaufsparadies der “besser gestellten Gesellschaftsschichten” Madrids bekannt ist. Entgegen entsprechender Erwartungen stellte sich die Gegend aber als sehr “normal” heraus. Zwar fanden sich in der Tat einige sündhaft teure Geschäfte und insgesamt herrschte auch ein viel geschäftigeres Treiben in den Straßen, wirklich “chicy micky” oder gar borniert wirkte sie aber nicht.

Wir schlenderten ein wenig durch die Straßen, schauten uns das Museo Archeológico von außen an und besuchten auch noch die Puerta de Alcalá und den Palacio Correos. Anschließend fuhren wir auf meinen Wunsch hin noch zur Stierkampfarena Las Ventas, die nicht weit von hier lag. Das Gebäude wirkte schon von außen beeindruckend und mächtig, so dass sich der Abstecher in jedem Fall gelohnt hatte. Eine Führung konnten wir wegen der anstehenden Verabschiedung von Rebecca und Hannah leider nicht mehr mitnehmen. Aber es muss ja auch noch etwas für weitere Besuche in Madrid übrig bleiben ;-).

Zurück im Hostel verabschiedeten wir die beiden dann auf unbestimmte Zeit und zogen dann allein wieder los, diesmal in Richtung Stadtteil Malasaña, den wir als einzigen bisher noch gar nicht besucht hatten. Auch hier war auf den Straßen viel mehr Verkehr als im Centro, Lavapiés oder La Latina. Aber es gab auch einige kleinere Gässchen mit den typischen, schönen und gut gepflegten Häuserfasaden Madrids.

Unsere Suche nach einem späten und günstigen Mittagessen endete in einer Pizzaria, die hier deutlich stärker vertreten zu sein schienen als in den anderen Stadtteilen. Neben Pizza gab es dort auch noch “heiße Croissants”, von denen wir uns zunächst fragten, ob es wohl wirklich das war, an was wir dachten. Ein Versuch ergab, dass es sich tatsächlich um belegte und getoastete Croissants handelte. Gut waren sie auf jeden Fall, nur ein bisschen wenig – also noch eine gemeinsame Pizza hinterher ;-).

So gestärkt, beschlossen wir nach den faszinierten Erzählungen der beiden Mädels doch noch einen Blick in den Palacio Real zu werfen. Als wir dort allerdings ankamen, hatte der bereits geschlossen. Also änderten wir unsere Pläne erneut und machten uns auf in Richtung Cidade Universitaria (was wir allerdings erst später realisierten), weil dort laut Lonely Planet ein Turm mit Aussichtsplattform stand, von dem wir uns die immer noch ausstehende Aussicht über die Stadt versprachen.

An der Endhaltestelle der Metro angekommen, realisierten wir, dass wir uns in der Nähe der Uni befinden mussten. Für Julian natürlich ein Glückstreffer, weil er sowieso scharf darauf gewesen war, die Uni zu sehen und eigentlich sogar einmal in der Mensa essen wollte. Für letzteres war ich aber nicht zu gewinnen gewesen. Mensa … hm … das habe ich zu Hause genug ;-).

Der erste Eindruck vom Uni-Gelände war alles andere als gut. Der Teil, den wir als erstes sahen wirkte sehr abgewrackt und ungepflegt. Später verbesserte sich der Eindruck aber deutlich und in ein Gebäude – dem des Instituts für Seefahrt – schauten wir sogar rein.

Leider mussten wir feststellen, dass der Turm, wegen dem wir eigentlich her gekommen waren wegen Renovierungsarbeiten auf unbestimmte Zeit geschlossen war. Also war es wieder nichts mit der Aussicht. Statt dessen schlenderten wir noch ein wenig über den Campus – sofern man diesen überhaupt so nennen konnte. Er glich rein von der Größe her eher einer kleinen Stadt. Später am Abend erfuhren wir von zwei Studenten dann auch, dass er wohl ganze 15 km lang ist. Da ist es wohl ein wenig schwieriger, in einer Viertelstunde von Vorlesung zu Vorlesung zu sprinten – es sei denn man hat nen Helikopter ;-).

Nach der Rückkehr zum Hostel relaxten wir dort noch ein wenig unter dem Eindruck der Aufbruchstimmung, die auf Reisen dieser Art irgendwie immer kurz vor einem anstehenden Ortswechsel bzw. einer Abreise aufkommt. Am Abend rappelten wir uns aber nochmal auf und machten uns auf die Suche nach einer Bar mit Live-Musik. Laut Lonely Planet haben Montags in Madrid allerdings viele Bars geschlossen. Durch Zufall trafen wir auf dem Plaza Lavapiés zwei deutsche Studenten, mit denen wir uns kurz über das Leben und Studium als Ausländer in Madrid unterhielten. Außerdem fragten wir sie natürlich, ob sie Joaquín Sabina kannten – und tatsächlich, sie kannten ihn und konnten unsere Story zunächst fast nicht glauben. Von ihnen bekamen wir dann auch einen super Tipp für die Bar “La Tomasa Negra” in der Nähe von Puerta del Sol, in der wohl täglich cubanische Live-Musik geboten wurde. Das erschien uns genau das richtige zu sein…

Für die Live-Musik waren wir noch etwas zu früh dran und wollten zuerst in einer Bar nebenan noch etwas essen – wenn wir denn einen Platz gefunden hätten. Soviel also dazu, dass die meisten Bars geschlossen haben. Wenig später hätten wir zwar problemlos einen Platz bekommen, dann wollten aber selbst wir nicht mehr draußen sitzen: Es fing ziemlich heftig an zu regnen und mit den ersten Tropfen sprangen alle von ihren Stühlen auf wie von der Tarantel gestochen. Tja, Regen ist wohl etwas, was die Madrileños nicht gewohnt sind ;-).

Wir gingen dann einfach gleich ins “Tomasa Negra” und sicherten uns spontan den vordersten Tisch vor der kleinen Bühne. Sogar eine Kleinigkeit zu essen gab es hier noch und wenig später erschien auch die Band, die ein wenig durchnässt hektisch mit dem Aufbau begann.

Was dann folgte, kann wieder nur nachvollziehen, wer einmal Madrileños bzw. Latinos hat feiern sehen! In wenigen Minuten war der Laden rappel voll und alle tanzten Salsa zu den cubanischen Rhythmen. Da wir beide letzterer nicht wirklich mächtig waren (muss wohl irgendwie an fehlenden Genen liegen ;-)) blieben wir lieber an unserem Tisch mitten im Getümmel sitzen und genossen einfach die Stimmung. Es war absolut super und ein gelungener Abschluss unseres Madrid-Erlebnisses. Gegen halb 2 Uhr machten wir uns dann im ströhmenden Regen auf den Heimweg und erwischten sogar noch die letzte Metro. Damit war unser Madrid-Urlaub fast schon beendet, denn am nächsten Tag stand lediglich die Rückreise an.

El flamenco

Nach einer – wie an den letzten Tagen – kurzen Nacht, trafen wir beim Frühstück wieder auf “Tata” und “Rebe”. Die beiden waren in der letzten Nacht wohl noch später heim gekommen als wir.

Am Vormittag wollte ich dem Tipp des Lonely Planet folgen und mich ins Getümmel des Flohmarktes “El Rastro” in Lavapiés/La Latina stürzen. Julian wollte unbedingt noch die Miró-Ausstellung im Museo Thyssen-Bornemisza sehen und so trennten sich unsere Wege für einen halben Tag. Rebecca und Hannah begleiteten mich aber, was eine gewisse Verzögerung des Aufbruchs mit sich brachte ;-).

Der Flohmarkt an sich war ganz nett, allerdings auch nichts so besonderes wie erwartet. Mit der starken – ja beinahe ausschließlichen – Ausrichtung auf touristische Souvenirs konnte er definitiv nicht mit dem Mark in Curitiba mithalten, den ich dort mit Fábio besucht hatte. Trotzdem wurde ich an einem Stand fündig, kaufte mir ein T-Shirt als Souvenir und genoss ansonsten das bunte Treiben, während Hannah und Rebecca traditionelle Kleider an einem Stand anprobierten.

Eigentlich hatte ich ja vor gehabt, der Empfehlung des Lonely Planet weiter zu folgen und an den Flohmarkt eine traditionelle Tapas-Tour anzuschließen, Hannah und Rebecca wollten allerdings zurück zum Hostel und Julian, den ich dort wieder traf war für selbst Kochen. Bei nur so wenigen Tagen in der Stadt entsprach das zwar nicht meinen Vorstellungen, aber Kompromisse gehören dazu, wenn man in Begleitung reist. Allein zu reisen hat neben Nachteilen eben auch gewisse Vorteile…

Nach dem Essen folgten Julian und ich einem Tipp von Lena und fuhren zu einem kleinen Park am Rand der Innenstadt, wo ein ägyptischer Tempel aufgebaut war. Er wurde angeblich tatsächlich vor den Fluten beim Bau des Assuan-Staudams in Ägypten gerettet, Stein für Stein nach Madrid geschafft und dort wieder aufgebaut. Lena hatte uns diesen Platz empfohlen als guten Aussichtspunkt über die Stadt. Abgesehen von einem tatsächlich sehr schönen Blick auf den Palacio Real und die Catedral de Nuesta Señora de la Almudena erfüllte sich diese Aussicht aber nicht. Trotzdem war der Park ein nettes Plätzchen, um eine Weile zu relaxen. Nach meinen Erfahrungen mit Empfehlungen der Leute in Brasilien hatte ich bei der Art un Weise wie Lena uns den Park am Vorabend empfohlen hatte sowieso nicht wirklich mit dieser grandiosen Aussicht gerechnet. Ich glaube, inzwischen ganz gut abschätzen zu können, zu welchem Grad die häufig sehr blumigen Aussagen und Beschreibungen der Latinos am Ende tatsächlich zutreffen. Und wenn die Leute in Madrid ja nicht wirklich Latinos sind, trifft doch vieles davon auch auf sie zu. Genauer gesagt sind die Parallelen sogar erstaunlich stark ausgeprägt…

Vom Park aus ging’s wieder zurück zum Hostel, wo wir noch ein wenig relaxen und uns frisch machen wollten, bevor es zu einer Flamenco-Show gehen sollte – ja trotz Fußballspiel! “Rebe” und “Tata” hatten sich entschlossen, uns zum Flamenco zu begleiten und – wow – hatten sich dafür echt in Schale geworfen (siehe Amateur-Fotoshooting).

Die Flamenco-Show war der absolute Hammer und die 15 EUR ohne Einschränkung wert! Ich kann mich nicht daran erinnern, so eine Show zuvor schon einmal live gesehen zu haben. Jedenfalls haben es mir die abgehackten Bewegungen der Tänzer zu der sehr temperamentvollen Musik sehr angetan. Mit Sicherheit waren es auch gerade die feurigen Rhythmen, die uns anschließend super gelaunt und ein wenig albern durch die Straßen ziehen ließen. Zum einen auf der Suche nach etwas zu essen, zum anderen nach geeigneten Schauplätzen, um unsere beiden feschen Mädels abzulichten.

Wir kehrten einmal mehr in einem VIPS ein und vertieften uns über den Erzählungen von Rebecca und Hannah über ihr zurückliegendes Au-Pair-Jahr in ernstere, aber sehr interessante Gespräche. Vor allem Hannah hatte wohl beeindruckende und zugleich ein wenig beängstigende Erfahrungen in einer Familie der High Society Spaniens gemacht.

Weil die beiden noch für ihren Abflug nach Deutschland packen wollten gingen wir anschließend zurück zum Hostel. Dort halfen wir Rebecca mehr oder weniger erfolgreich, sich von ca. 15 kg Übergepäck zu trennen. Irgendwie kamen da Erinnerungen an meine eigenen letzten Tage in Brasilien auf, auch wenn sich mein Übergepäck dort zum Glück in Grenzen gehalten hatte. Nach einer Ermahnung durch das Hostel-Personal ging’s dann aber endgültig ab ins Bett.

Musik-Festival

Zum Frühstück trafen wir uns wieder mit “Tata” und “Rebe”. Nach kurzer Planung stand für Julian und mich schnell das Programm für diesen Tag fest: Zuerst wollten wir zum Museo Naval, einem recht interessanten und sehr umfangreichen Museum für Schifffahrt. Dort waren hauptsächlich Modelle von Schiffen, Navigationsgeräte und andere Gegenstände aus der Blütezeit der spanischen Armada ausgestellt. Für mich als Segelbegeisterten war das natürlich besonders interessant, vor allem bei den vielen sehr detailgetreuen Modellen. Nach diesem ersten Museumsbesuch chillten wir ein wenig im Parque del Buen Retiro. Der Vortrag hatte doch ein wenig seine Spuren hinterlassen und der Billigwein bescherte mir den Tag über Kopfschmerzen :-(.

Zu Mittagessen gab’s Bocadillos im Park und anschließend wollte Julian ins Museo Thyssen-Bornemisza, während ich den Botanischen Garten vorzog. Später kam er dann aber nach, weil er seine Ausweise vergessen hatte und es dann zu knapp fürs Museum gewesen wäre. Der Botanische Garten gefiel mir sehr gut. Er war ziemlich groß und sehr schön gepflegt und hergerichtet. Sogar einen kleinen Bonsai-Bereich gab es mit den größten Bonsai-Bäumchen, die ich bisher gesehen habe.

Am frühen Abend wollten wir uns wieder mit unseren beiden Mädels treffen, um zusammen den weltberühmten Prado zu besichtigen. Die beiden bekamen das allerdings nicht auf die Reihe, wiesen uns dafür aber darauf hin, dass überall in der Stadt musikalische Events im Rahmen eines Festivals stattfanden. Damit war das Abendprogramm festgelegt, für das wir bisher noch keine genauen Pläne gehabt hatten.

Die Ausstellung im Prado hat mich jetzt nicht so sehr vom Hocker gehauen. Für bildende Kunst habe ich einfach nicht besonders viel übrig. Beeindruckend waren die aus kleinen Steinplittern zusammengesetzen Bilder im Untergeschoss allerdings schon. Julian war insgesamt glaube ich ganz begeistert, da er sich deutlich mehr für Kunst interessiert. Auch die wieder aufgegriffene Diskussion vom Vormittag, wie sehr man sich auf “neue Dinge” (in diesem Fall eben die bildende Kunst) einlassen können sollte, um so evtl. eine schlummernde Begeisterung zu entdecken änderte an meinem Interesse nicht wirklich viel. Ich finde einfach nicht den Zugang zur bildenden Kunst wie ihn Julian zu haben scheint und habe dann auch nicht das Gefühl, etwas verpasst zu haben, wenn ich ein Museum oder einige Bilder nicht gesehen habe. Interessen sind eben verschieden, was ja auch gut so ist.

Nach dem Besuch im Prado holten wir uns in einer Touristeninfo Informationen über dieses Musik-Festival. Außerdem erfuhren wir dort von einem Theater in dem Flamenco Shows zu erschwinglichen Preisen gezeigt wurden. Bei einem Abendessen (typisch madrilenische Croquetas) suchten wir uns aus dem Programm des Festivals einige Veranstaltungen heraus, die wir der Reihe nach besuchen wollten.

Beim ersten Schauplatz angekommen war die Show allerdings bereits vorbei. Das Gebäude (Caixa Forum), in dem sie stattgefunden hatte war dafür sehr beeindruckend: Ein modern gehaltener Komplex mit absichtlich auf rostig getrimmten Stahlplatten an der Fassade und einer vollständig bewachsenen Seitenwand.

Ein wenig enttäuscht, dass wir dieses Event verpasst hatten, machten wir uns sofort auf zum nächsten Ziel. Nach ein wenig Suchen und mehrfachem Nachfragen (das ging auf Spanisch schon ganz gut), hatten wir das Instituto Francés dann gefunden. Im Innenhof war eine Bühen aufgebaut, auf der eine Gruppe elektronisch unterstützte Musik mit afrikanischen Rhythmen machte. Uns gefiel die Musik beiden sehr gut, wenn sie auch ein wenig außergewöhnlich war. Wenig später hatten wir sogar einen idealen Sitzplatz ergattert mit freiem Blick auf die Bühne.

Weil wir noch eine andere Darbietung auf dem Plaza Oriente sehen wollten, machten wir uns nach einer Weile wieder auf. Wieder mit der Metro quer durch die Stadt. Auch dort war direkt vor dem Palacio Real eine Freilichtbühne aufgebaut. Als wir ankamen war gerade Pause, aber wenig später gings weiter mit jiddischer Musik (instrumental + Gesang). Julian war v.a. von der Sängering total begeistert und er hatte Recht: Sie hatte eine tolle Stimme. Die Musik als Ganzes hat mich selbst zwar weniger angesprochen, was mich aber faszinierte war die Kombination der jiddischen, eher ernsteren Texte mit Tango-Rhytmen. Mir war vorher nicht bewusst, dass der europäische Tango auch im jüdischen Kulturkreis verbreitet war oder zumindest starken Einfluss auf Teile seiner Musik genommen hat.

Am Ende der Darbietung wechselten wir noch ein paar Worte mit der Sängerin und machten uns dann erneut auf den Weg nach Chueca, um es noch einmal bei Lenas Bar zu versuchen, bei der wir früher am Abend vor verschlossener Tür gestanden waren. Einmal mehr Parallelen zu meinen Erlebnissen mit Latinos in Brasilien: Lena hatte uns zwar gesagt, dass sie um 21 Uhr aufmache, aber die Uhren ticken hier in Madrid eben auch anders. Beim zweiten Versuch hatten wir aber Glück und auch Lena selbst war da. So unterhielten wir uns bei einem hervorragenden Cocktail noch ein wenig mit ihr über Joaquín Sabina und ihren Job bei ihm bzw. die Umstände, wie sie zu diesem gekommen war.

So gegen halb 3 Uhr machten wir uns mit dem Taxi auf den Rückweg zum Hostel. Und Tatsache: Wir standen dabei für kurze Zeit im Stau – um halb 3 uhr in der Nacht!!!

Zwei unerwartete Begegnungen…

Bei einem “exakt bestellten” Frühstück (jeder einzelne musste die Order “Un croissant, un café con leche y un jugo de naranja” wiederholen, obwohl das beinahe die einzige Auswahl war) machten wir unsere Planung für den ersten Tag. Wir nahmen uns das Centro von Madrid vor. Von Plaza zu Plaza zogen wir durch die Altstadt und genossen das Leben, das überall herrschte. Unter anderem waren Puerta del Sol, Plaza Mayor, Plaza de Villa und der Plaza Oriente dabei. Dort besichtigten wir auch den Palacio Real von außen und die Catedral de Nuesta Señora de la Almudena, die gerade wegen ihrem sehr dominanten Äußeren innen eher schlicht wirkte. Von dort ging’s weiter zum Campo del Morro, der praktisch der Schlossgarten des Palacio Real war.

Zum Mittagessen fanden wir nach ein wenig Suchen ein nettes kleines Restaurant mit kleinen Tischen direkt auf der schmalen Gasse. Wir aßen unsere ersten Bocadillos, bei denen es sich eigentlich um ganz normale belegte Baguettes handelte. Aber: Der Name macht’s halt ;-)…

Leider machte ich nach dem Essen eine sehr erschreckende Entdeckung: Meine Visa-Karte war gesperrt! Natürlich wurde mir da ein wenig anders zu Mute, weil ich mir ja sowieso wegen des Zettels mit den Nummern und PINs im gestohlenen Geldbeutel Sorgen machte. Deshalb probierte ich auch gleich die Karte am nächsten Geldautomaten aus – mit dem Erfolg, dass diese sofort eingezogen wurde. Durch aufwändiges Herumtelefonieren fand ich schließlich heraus, dass jemand meinen Geldbeutel gefunden und bei der Sperrhotline in Deutschland angerufen hatte. Meine Bank konnte mir sogar Name und Telefonnummer dieser Person geben, die wir dann natürlich sofort kontaktierten. Wir machten ein Treffen aus und verbrachten die wenige Zeit bis dahin dann erstmal in der Blumenabteilung des “Corte Inglés”, um nach einem geeigneten Geschenk zu suchen.

Vor der Wohnung “meiner Retterin” mussten wir noch kurz warten und überlegten fieberhaft, wer es wohl sein könnte, der so viel Zivilcourage besitzt und sich die Mühe macht, extra die Sperrhotline in Deutschland anzurufen. Nach einer Weile tauchte Lena mit zwei Begleitern auf und führte uns in die Wohnung. Und da wurde uns schlagartig klar, dass hier nicht wie vermutet ein Student wohnen konnte: Die Wohnung war höchst beeindruckend! Überall hingen Sammlungsstücke wie alte Musikinstrumente und Schnitzarbeiten an den Wänden. Der Raum, in den wir zunächst geführt wurden war praktisch mit gefüllten Bücherregalen verkleidet. Lena erzählte uns dann auch, dass wir uns in der Wohnung eines in Spanien sehr bekannten Sängers (einem der Männer, mit denen sie vorhin aufgetaucht war) befanden, dessen Sekretärin sie war. Eine geminsame Freundin von ihr und “Gimona” hatte meinen Geldbeutel gefunden und ihnen gegeben. Kurz darauf trafen wir “Gimona” selbst, die wohl einfach mehrere Nummern auf meinem Zettel durchprobiert hatte, bis sie die Sperrhotline erwischt hatte. Sie gab mir meinen Geldbeutel mit allem zurück. Lediglich das Münzgeld war gestohlen worden. Auf dieses hatte es der Dieb vermutlich abgesehen und den Geldbeutel dann enttäuscht wieder weggeworfen, weil es nur ca. 10 EUR gewesen waren.

In der riesigen Küche standen wir anschließend noch etwas mit Lena, Gimona, deren Bruder und ihrem Mann Joaquín (der Sänger) zusammen und unterhielten uns. Teils auf Englisch, teils auf Spanisch. Gimonas Bruder lebt eigentlich in Paris und Lena ist Peruanerin. Julian unterhielt sich begeistert von der toll eingerichteten Wohnung mit Sabina über seine Sammelleidenschaft und seine Musik und entdeckte zwischendurch die “Zettellampe” von Ingo Maurer, deren Nachbau er in seiner gemeinsamen Wohnung mit Zoé hatte.

Über die Musik von Sabina erfuhren wir auch noch ein paar Details und bekamen auf die Bitte nach einer Kostprobe eine CD, DVD und eine BlueRay-Disc (!!!) geschenkt. Von letzterer hatte ich noch nie überhaupt eine gesehen! Die Suche nach einer Abspielmöglichkeit wird sich noch spannend gestalten ;-)…

Nach einer Weile verabschiedeten wir uns von der netten Gruppe mit dem Versprechen, an einem der kommenden Abende in Lenas Bar in Chueca vorbei zu schauen.

Völlig “high” vor Begeisterung über Menschen mit so viel Zivilcourage und dem zufälligen Zusammentreffen mit so interessanten Persönlichkeiten, machten wir uns auf den Rückweg zum Hostel. Dabei wurde auch der Grundstein für dieses Reisetagebuch gelegt. Ein solches Erlebnis muss einfach festgehalten werden.

Zurück im Hostel – immer noch in Begeisterung schwelgend – lernten wir Hannah und Rebecca kennen, zwei Deutsche, die nach einem Jahr Au-Pair in Bilbao noch ein paar Tage Madrid unsicher machen wollten. Kurzer Hand beschlossen wir, gemeinsam zu kochen und anschließend den Sonnenuntergang vom Plaza Oriente aus zu beobachten. Der Herd bzw. die Stromversorgung im Hostel machten uns allerdings einen Strich durch die Rechnung, da Spaghetti ohne Strom so schwer “al dente” werden. Also machten wir uns erstmal ohne Abendessen auf den Weg zum Sonnenuntergang, von dem wir allerdings nur noch die letzten Strahlen sahen. Anschließend suchten wir eine ganze Weile nach etwas zu essen und kehrten schließlich auf dem Plaza Mayor in ein Restaurant ein. Tja, Student muss man halt sein ;-)… wobei es nicht mal so teuer war wie man jetzt vielleicht denkt. Und meine erste Paella schmeckte mir sehr gut.

Julian entdeckte im Restaurant nebenan eine Mariachi-Gruppe, die dort spielten und sangen. Später kam einer von ihnen sogar noch zu uns an den Tisch. Sali machte allerdings mehr Spass, war einfach super drauf (= ziemlich angeheitert) und ließ sich auch von seinen Kollegen nicht beirren, die ihn dauernd mit “Sali, salimos!” zum Gehen aufforderten. Statt dessen spielte er immer wieder ca. 3 Takte auf der Gitarre und fing dann wieder an zu labern und unsere Mädels zu necken. Jedenfalls behauptete er trotz seiner 40 Jahre aufwärts steif und fest “somos estudiantes” – Langzeitstudenten nach madrilenischer Lebensart eben ;-)…

Als die Gruppe auch Sali endlich davon überzeugt hatte, zu gehen, erkundigten wir uns gleich, wo sie anschließend noch spielen würden. Weil Hannah und Rebe lieber im Zentrum bleiben wollten, fuhren Julian und ich ihnen allein hinterher zu einer etwas außerhalb liegenden kleinen Bar. Dort war die Party bereits in vollem Gange und wir trafen die ziemlich schrägen Vögel tatsächlich wieder. Allerdings war’s mit Musik machen nicht weit her. Auf Nachfrage hieß es zuerst “casi seguro que no vamos a tocar” und nachdem wir uns davon enttäuscht gegeben hatten “puede ser que más tarde”. Das bedeutete aber wohl soviel wie irgendwann so gegen Dämmerung oder eben gar nicht ;-). Typisch Latinos eben – frei nach dem Motto “nix genaues weiß man net”…

Natürlich wurden wir auch gefragt, wo denn unsere Mädels abgeblieben wären und auf unsere Antwort hin meinte einer nur, eine Frau zu erobern müsse wie beim Stierkampf sein – ohne Kampf sei’s ja nicht interessant. Was für ein Vergleich ;-)…

Weil unsere U-Bahn später nicht mehr fahren würde und das mit der Mariachi-Musik sehr unsicher war, fuhren wir zuerst zurück zum Hostel und trafen uns dann noch einmal mit “Tata” (Hannah) und “Rebe” – inzwischen war’s 2 Uhr nachts! Zusamen mit den beiden feierten wir in einem der zahlreichen Clubs rund um den Plaza Santa Ana, bis dieser um ca. halb 4 Uhr zu machte. Mit “Club” ist hier eine kleine Bar gemeint, in der sich so viele Madrileños wie irgend möglich drängten. Überhaupt: Es war total crazy, wie viel so mitten in der Nacht noch auf den Straßen los war und einmal mehr fragte man sich, ob die Leute hier auch mal schlafen. A propos: Die Müllabfuhr kommt hier so zwischen Mitternacht und 1 Uhr ;-).

Singend (Julian und Rebe) ging’s kurz vor 4 Uhr nachts zurück zum Hostel. Dieser Tag war definitiv der verrückteste und lebhafteste unseres ganzen Aufenthalts – sowohl aus Sicht dieses Abends als auch im Rückblick auf den ganzen Urlaub!

Anreise

Nach einem ersten gescheiterten Versuch im Mai, Spaniens Hauptstadt einen Besuch abzustatten, machten Julian und ich uns heute gegen 11:30 Uhr von Karlsruhe aus auf den Weg zum Flughafen Frankfurt Hahn. Dort kamen wir pünktlich an und checken auch sofort ein. Im Wartebereich mussten wir noch einige Zeit aufs Boarding warten, während die Schlange immer länger wurde. Irgendwann durften dann aber auch wir einsteigen und waren bald auf dem Weg nach Madrid.

Der Flug führte uns erstaunlich weit in westlicher Richtung, so dass wir kurz vor den Pyrenäen die französische Atlantikküste sehen konnten. Gegen 18:15 Uhr landeten wir planmäßig in Madrid-Barajas, einem der größten Flughäfen Europas. Wir machten uns sofort auf in Richtung U-Bahn, was hier natürlich viel mehr Fußstrecke bedeutete als in Frankfurt Hahn.

Gegen 19:00 Uhr erreichten wir unser Hostel, das sofort einen sehr netten und gepflegten Eindruck machte. Neben so tollen Dingen wie RFID-Armbändern statt Schlüsseln war auch bei der Ausstattung der zwar recht kleinen aber vollkommen ausreichenden Zimmern mitgedacht worden: Es gab eine Klimaanlage und ein Dimm-Licht für Mitten-in-der-Nacht-Heimkommer – in Spanien wohl ein absolutes Muss, wie wir in den folgenden Nächten noch herausfinden sollten. Außerdem gab es einen großen Gemeinschaftsraum, eine Dachterrasse und alles war sehr sauber.

Beim Auspacken folgte der erste Schreck: Obwohl wir so sehr aufgepasst hatten schien mir in der U-Bahn mein Geldbeutel geklaut worden zu sein. Zum Glück hatte ich alle wichtigen Dinge wie Perso, Geld und EC-/Kreditkarten bereits vor dem Abflug in meine Secret Bag verstaut. Wegen eines Zettels mit den Kreditkartennummern und den zugehörigen PINs (natürlich in verschlüsselter Form) machte ich mir allerdings Gedanken. Überhaupt war das gerade wegen der besonderen Vorsicht, die wir hatten walten lassen kein besonders toller Start.

Abgesehen von diesem Missgeschick gefiel uns Madrid aber auf Anhieb sehr gut. Wir machten uns gleich auf den Weg, um noch ein wenig die unmittelbare Umgebung des Hostels zu erkunden. Dabei fiel uns gleich auf, dass die Entfernungen in der Stadt bei weitem nicht so groß waren wie gedacht. Man konnte fast alles bequem zu Fuß erreichen.

Auf unserer kurzen Tour stießen wir auf ein VIPS, in dem wir uns ein Abendessen gönnten. Anschließend beobachteten wir auf einem der vielen netten kleinen Plätze bei einem Glas sehr guten spanischen Rotwein das Treiben.

Zurück im Hostel gingen wir für “madrilenische” Verhältnisse sehr früh ins Bett. Der Kurzurlaub hatte ja gerade erst angefangen…