Ein Gringo beim Carnaval – Teil 2

Hier nun der zweite Teil meines Berichts über meine Carnaval-Erfahrungen in Brasilien…

Am Montag war im Prinzip “offizielle Carnaval-Ruhepause”. In manchen Firmen wurde sogar gearbeitet, wir hatten jedoch auch diesen Brücken-Tag frei. Ursprünglich wollten Tiago und Kathrin an den Strand gehen, was aber wegen des schlechten Wetters ins Wasser fiel. Seit Sonntag Abend war es deutlich kühler geworden (nur ca. 17 Grad) und es regnete immer wieder. Also traf ich mich statt dessen zum Mittagessen mit ihnen im Centro und anschließend besichtigten wir ein wenig die Teile der Innenstadt, die ich bisher noch nicht gesehen habe. Außerdem wollte ich eigentlich in eines der Museen, über die ich in meinem Reiseführer gelesen hatte. Diese waren allerdings alle geschlossen, so dass auch das leider nicht möglich war. An Tagen mit schlechtem Wetter gibt es hier in Floripa scheinbar eher weniger zu tun, womit ich nun auch die Erzählungen von Michal und Younes nachvollziehen kann, wonach im brasilianischen Winter hier so ziemlich “tote Hose” herrschen soll.

Vor allem weil es Kathrins vorletzter Tag in Brasilien war, wollten wir aber nicht schon wieder nach Hause und fuhren deshalb nach Lagoa. Trotz des schlechten Wetters war dort ziemlich viel los und um nicht in dem üblichen Stau fest zu stecken, fuhr Tiago einen Umweg um den südlichen Teil des Lagoa da Conceição, was mir eine kleine Tour durch eine bisher unbekannte Gegend der Insel bescherte. In Lagoa angekommen, schlenderten wir ein wenig durchs Zentrum und gingen anschließend in der “Casa do Suco” (oder so ähnlich) etwas trinken. Erst als wir dort waren erkannte ich den Ort wieder: An meinem ersten Tag in Brasilien hatten mich die AIESECer Abends hierhin mitgenommen.

Nachdem wir in aller Ruhe einen der vielen verschiedenen Säfte von mir zum Teil unbekannten tropischen Früchten genossen und uns ein wenig unterhalten hatten, ging’s zurück ins Centro, wo ich an diesen Abend noch Sprachkurs hatte – schließlich war es ja ein “halber Arbeitstag” ;-)…

Am Dienstag Abend findet traditionell die Parade der Sieger Samba-Schule und der Zweitplatzierten statt. Da ich seit Sonntag Nachmittag abgesehen von Tiago und Fábio weder von den AIESECern noch von Zarko etwas gehört hatte, beschloss ich einmal mehr, den Tag selbst in die Hand zu nehmen. Schon immer wollte ich die in meinem Reiseführer als sehenswert beschriebenen Inselorte Riberão da Ilha und Santo Antônio de Lisboa besuchen.

Also machte ich mich um die Mittagszeit auf den Weg nach Riberão da Ilha. Dort schlenderte ich ein wenig durch die Gassen des wirklich sehr schönen Fischerortes, in dem jedes Haus in einer anderen Farbe gestrichen zu sein schien. Auf dem Rückweg kehrte ich zu einem verspäteten Mittagessen in ein sehr schön gelegenes Restaurant direkt am Meer ein – die Fisch-Restaurants, an denen ich bisher vorbei gekommen war, waren mir schlicht zu teuer. Zumal ich kein großer Freund von Seafood bin, was die Auswahl vor allem in Orten wie diesem natürlich stark einschränkt. Riberão da Ilha scheint zumindest auf der Insel für seine Austern-Zucht bekannt zu sein.

Da ich einen guten Hunger mitbrachte, bestellte ich auf die verwunderte Frage der Kellnerin, ob ich außer den Pommes Frites keine anderen Beilagen wolle, noch “ein wenig” Salat mit. Die Portion, die mir wenig später aufgetischt wurde hätte ohne Probleme für zwei Personen gereicht ;-). Als Beilagen bekam ich je eine kleine Platte Reis, Pommes Frites und Salat. Außerdem gab’s natürlich Bohnen und eine andere Art Sauce, die ich nicht so recht zuordnen konnte. Das muss schon ein heißes Bild gewesen sein: Ich allein an einem Tisch voll mit Platten, Schüsseln, Tellern, … (Foto habe ich aber leider keines). Am Ende kam dann die positive Überraschung: Ich hatte für gerade mal 15 Reais (ca. 5 EUR) gegessen ;-)…

Nach dem Essen machte ich mich auf den Rückweg ins Centro, da ich rechtzeitig an der “Passarela” sein wollte, um eines der heute kostenlosen Tickets zu bekommen. Als ich dort ankam, hatte sich tatsächlich schon eine kleine Schlange von Wartenden gebildet. Trotzdem bekam ich mein Ticket innerhalb weniger Minuten und hatte bis zum offiziellen Beginn um 20 Uhr noch fast 2 Stunden Zeit. Um nach Hause zu fahren und später wieder zu kommen, hätte es aber nicht gereicht. Also rief ich Zarko an, um ihm die letzte Chance zu bieten, die Parade doch noch zu sehen. Er war aber gerade erst nach Hause gekommen und zog es daher vor, das Spektakel auch diesmal zu verpassen.

Da ich nichts besseres zu tun wusste und dieses Mal außerdem einen Platz ganz vorne am Geländer der Tribüne haben wollte, begab ich mich in die “Passarela”, die bereits geöffnet hatte. Vor dem Eingang sprach mich ein kanadisches Paar an, da sie mich mit dem Handy telefonieren gesehen hatten und selbst ein paar Freunde anrufen wollten. Durch diesen Zufall hatte ich nette Gesprächspartner für den Abend gefunden, die noch dazu voll auf meiner “Wellenlänge” lagen: Sie tourten bereits zum wiederholten Mal als Backpacker durch Südamerika und erzählten sehr interessant von Peru, Chile, Argentinien, Patagonien, … – sie schienen einfach überall schon gewesen zu sein. Leider wollten sie bereits am nächsten Morgen nach Uruguay weiterreisen, so dass es bei diesem einen Abend blieb.

Die Parade selbst war diesmal natürlich nicht so gigantisch wie am Samstag Abend. Trotzdem war sie wieder sehr eindrucksvoll und ich war froh, dort gewesen zu sein – vor allem, wo ich diesmal nicht allein dort war und mich in den Pausen sehr gut mit den beiden Kanadiern unterhielt. Außerdem traf ich auf eine Gruppe deutscher Studenten, die ich bereits am Montag Mittag in der Stadt gesehen hatte. Als ich dort auf Tiago und Kathrin gewartet hatte, waren mir zwei von ihnen aufgefallen weil sie Deutsch miteinander sprachen. Ich wollte sie eigentlich bereits dort ansprechen, wurde dann aber durch einen Anruf abgelenkt und danach waren sie verschwunden. Nach dem Ende der Parade nutzte ich die Gelegenheit und kam kurz ins Gespräch mit ihnen. Wenn schon die Einheimischen so wenig Interesse an Unternehmungen haben, vielleicht habe ich bei ihnen mehr Glück…

Diesmal ging die Parade nur bis kurz nach 1 Uhr und gegen 2 Uhr war ich zu Hause.

Am Mittwoch hatten wir schließlich noch den Vormittag frei, den ich vor allem zum Ausschlafen nutzte. Nach dem Mittagessen hieß es dann “back to normal life” und “ab ins Büro” und die freien Tage rund um Carnaval waren beendet. Insgesamt hat es mir gut gefallen und ich bereue nicht, in der Stadt geblieben zu sein statt einen mehrtägigen Ausflug unternommen zu haben. Es ist einfach eine Erfahrung, das Ganze einmal mitzuerleben, wobei man – wie bereits an Weihnachten und Silvester – mit ein wenig Organisation mehr hätte daraus machen können. Jedes Jahr bräuchte ich dieses Spektakel jedenfalls nicht…

Ein Gringo beim Carnaval – Teil 1

Nachdem in der Stadt und im Alltag inzwischen wieder Normalität eingekehrt ist, hole ich jetzt mal den Bericht über die in Brasilien wohl bedeutensten Tage des Jahres nach. Von Freitag letzter Woche bis Dienstag diese Woche wurde hier der “Carnaval da Magia” gefeiert und natürlich habe ich das wichtigste nicht verpasst: Die “desfile” (Parade) der “Escolas da Samba”. Aber alles der Reihe nach…

Bereits Tage vor diesem Event habe ich die verschiedensten Leute gefragt, wo und wann man Eintrittskarten dafür kaufen kann. Immer bekam ich unsichere Antworten (nach dem Motto “da kannst du einfach so hin gehen und vor Ort den Eintritt bezahlen”) und die meisten hatten schlicht keine Ahnung. Tiago, einer der AIESEC-Alumni hatte angekündigt, sich rechtzeitig nach Karten umsehen zu wollen und ggf. ebenfalls eine für mich zu kaufen. Völlig darauf verlassen wollte ich mich aber dann doch nicht…

Am Freitag erfuhr ich nach der Arbeit dann, dass die Karten bereits am Montag innerhalb von wenigen Stunden ausverkauft waren. Da war die Enttäuschung zunächst natürlich sehr groß und ich ärgerte mich, das Ganze nicht schon viel früher selbst in die Hand genommen zu haben. Und als wäre das nicht genug, schien keiner der AIESECer eine Ahnung zu haben, was sonst stattfinden würde. Ein paar wollten zu den “Dirty Blocks” gehen, wo alle als Frauen verkleidet (natürlich möglichst “dirty”) durchs Stadtzentrum rennen und saufen bis zum Abwinken. Wie ihr euch wahrscheinlich vorstellen könnt, entsprach das nicht unbedingt meiner Vorstellung der “kulturellen Erfahrung” des brasilianischen Carnavals…

Deshalb beschloss ich, spätestens jetzt die Sache selbst in die Hand zu nehmen und auf dem “Schwarzmarkt” vor der “Passarela” (kleine Version des Sambodromo) eine Eintrittskarte zu erwerben. Also tigerte ich am Samstag Vormittag los in Richtung Centro und hatte mit meinen inzwischen etwas verbesserten Sprachkenntnissen nach kurzer Zeit auch tatsächlich einen “Verkäufer” gefunden. Dass ich als Gringo natürlich einen völlig überhöhten Preis für die Karte bezahlte (45 Reais für eine Eintrittkarte im Wert von 10 Reais) versteht sich vermutlich von selbst. Aber das war mir zu diesem Zeitpunkt ziemlich egal, da ich diesen wohl bedeutensten Bestandteil des brasilianischen Carnavals auf keinen Fall verpassen wollte.

Die “Passarela” öffnete am Samstag um 19:00 Uhr und da ich ja keine Ahnung hatte, wie schnell sie sich mit Zuschauen füllen und die guten Plätze weg sein würden, war ich bereits gegen 19:30 Uhr dort. Zwar hatten sich in der Tat bereits ein paar Leute eingefunden, trotzdem hätte ich mir aber gut noch eine Stunde Zeit lassen können, da bis zum Beginn der Parade (offiziell 21:00 Uhr, tatsächlich natürlich erst später) noch einige Zeit verstrich.

Natürlich war diese Wartezeit allein ziemlich langweilig, aber wie bereits im Fall meiner Solo-Wanderung am Wochenende zuvor entschädigte mich die Parade vollends. Es war wirklich ein irre Spektakel! Insgesamt traten 4 “Escolas da Samba” gegeneinander an: Princesa, Copa Lord, Coloninha und Consulado (bei deren Probe ich am 01. Februar gewesen war). Jede dieser “Schulen” präsentierte sich mit einer eigenen Parade, die mindestens 50 und maximal 80 Minuten (Teilnahmeregeln!) die “Passarela” entlang zog. Jede dieser Paraden bestand aus mehreren riesigen, total verrückt geschmückten “Trucks”, die von einer Menge von Helfern geschoben wurden. Dazwischen immer wieder große Blocks von verkleideten “Statisten” und natürlich die (eher weniger ver- bzw. bekleideten *g*) Sambistas. Thiago, mein Chef lief als Indianer verkleidet in einem der Blocks von Consulado mit, die in den Jahren zuvor gewonnen hatten und somit den Favoriten stellten. Von meinem Platz auf der Tribüne konnte ich ihn in dem “Gewusel” allerdings nicht entdecken.

Das ganze Spektakel zog sich natürlich ganz schön hin und leider regnete es zwischendurch für etwa zwei Stunden, was trotz der aufgeheizten Stimmung ein wenig unangenehm war. Zumal ich mit den deutschen Sicherheitsbestimmungen für solche Events im Kopf auf “unnötiges Gepäck” (wie Regenjacke, Schirm, etc.) verzichtet hatte – was sich allerdings als völlig unnötig herausstellte. Zum Glück dauerte der Regen aber nicht die ganze Zeit an und so hatten wir alle während der letzten beiden Paraden Zeit, wieder trocken zu werden ;-). Das ganze Spektakel dauerte bis ca. 5 Uhr am nächsten Morgen und anschließend trabte ich in der riesigen Menge von Zuschauern quer über die extra gesperrte Stadt-Schnellstraße in Richtung Bus-Terminal. Ausnahmsweise fuhren tatsächlich noch Busse um diese Zeit – Carnaval ist eben in allen Belangen ein Ausnahmezustand in Brasilien ;-). Gegen 5:30 Uhr war ich dann zu Hause und fiel ziemlich erschlagen ins Bett.

Am Sonntag schlief ich natürlich erstmal aus und nach einem Frühstück/Mittagessen nach dem Aufstehen war es auch schon Nachmittag. Auf der Homepage der Stadt hatte ich gelesen, dass auch an diesem Tag wieder Paraden stattfinden würden und da ich von niemandem etwas bzgl. anderer Pläne gehört hatte bzw. diejenigen, die ich danach fragte noch mit den Nachwirkungen der Nacht zuvor kämpften, brach ich am frühen Abend erneut in Richtung “Passarela” auf. Mit Zarko hatte ich vereinbart, dass wir (Lukas, Wil, er und ich) uns dort treffen würden. Ich fuhr allerdings anderthalb Stunden später bereits wieder nach Hause, da es heftig zu regnen anfing. Bis dahin waren sie auch noch nicht aufgetaucht und kreuzten angeblich erst auf, nachdem ich wieder weg war.

Ich war ein wenig enttäuscht, dass dieser Abend bisher so “erfolglos” verlaufen war und freute mich daher umso mehr über die SMS, die mir Fábio schickte, kurz nachdem ich zu Hause angekommen war. Er lud mich ein, zusammen mit Tiago in Lagoa Pizza essen zu gehen. Bei dieser Gelegenheit lernte ich Kathrin, Tiagos (Ex?-)Freundin aus Deutschland kennen. Sie hatte einen 4 monatigen Sprachkurs in Uruguay besucht und war die letzten Tage vor ihrem Rückflug nach Deutschland hier in Florianópolis. Alle zusammen verbrachten wir einen sehr schönen Abend bei einem typisch brasilianischen Pizza-Rodízio irgendwo in Lagoa ;-)…

Von Canto dos Araçás nach Costa da Lagoa

Da ich während der letzten Woche mal wieder überhaupt keine Zeit für mein Blog hatte und mir dieses Wochenende nichts besonderes vorgenommen habe, kommt hier nun ein Nachtrag zu meiner Wanderung am Sonntag vor einer Woche…

Diesmal lief alles ein wenig spontaner ab als bisher. Am Freitag beschloss ich nach der Arbeit, am Sonntag eine weitere Tour zu machen, falls das Wetter mitspielen würde. Bevor es am Samstag Nachmittag dann spontan mit Zarko und Co an den Strand ging, schickte ich noch schnell eine Rundmail über den Verteiler. Schließlich sollte es nicht an mir liegen, wenn ich keine Mitwanderer für meine Touren fände ;-). Natürlich rechnete ich nicht wirklich mit Antworten und war daher umso mehr erstaunt, als ich schon etwa eine Stunde später zwei eMails bekam. Die eine war von Ana, die sich beschwerte, dass ich meine Tour schon wieder für Sonntag geplant hatte, wo sie doch Sonntags keine Zeit hätte. In der Woche zuvor hatte sie schon angekündigt, das nächste Mal mitgehen zu wollen. Da es diesmal aber auch von meiner Seite sehr spontan ablief, hatte ich es für Samstag einfach nicht auf die Reihe bekommen. Die andere eMail kam von Rosana, die ich bisher nicht kenne oder zumindest nicht zuordnen kann. Sie rief mich am Samstag Abend auch noch an, um zu erfahren, ob die Tour den ganzen Tag dauern würde…?!

Den Samstag Nachmittag verbrachte ich dann erstmal mit Zarko, Lukas und ein paar seiner Freund(e)/innen am Strand in Jueré Internacional. Ihr könnt euch sicher noch an meinen Bericht von Silvester erinnern, das ich ebenfalls dort verbracht habe. Jureré Internacional ist das Bonzenviertel in Florianópolis schlechthin. Dort reihen sich die Villen aneinander – eine größer als die andere. Entsprechend war auch der Strand: Ein reines “Sehen-und-Gesehen-werden”-Spektakel! Auf dem diesmal sehr schmalen Streifen Sandstrand war praktisch jeder Quadratzentimeter belegt und wir hatten in der Tat Mühe, ein Plätzchen für uns zu finden. Das Wasser war wie immer im Norden der Insel badwarm und extrem salzig. Auch wenn es mal etwas anderes war, dieses Getümmel zu erleben und der Strand selbst sehr schön ist, ist es mir dort doch zu voll!

Am Samstag Abend wollte Zarko dann die “Reste” seiner Geburtstagsfeier während einer Caipirinha-Party aufbrauchen. Da wir erst gegen 20 Uhr vom Strand zurück kamen war es für mich aber mal wieder beinahe unmöglich, nach Hause und anschließend wieder nach Trindade zu fahren und da ich mir für den nächsten Tag bereits die Tour vorgenommen hatte, verzichtete ich auf die Party.

Zu Hause angekommen stelle ich zufällig fest, dass ich in meiner Rundmail die Abfahrtszeiten der Busse für die Tour am Sonntag ein wenig durcheinander geworfen hatte. Also versuchte ich per eMail und SMS die Leute davon in Kenntnis zu setzen, dass es erst eine Stunde später losgehen würde. Natürlich hoffte ich ein wenig darauf, dass es nun selbst die Langschläfer um 10:30 Uhr zum Treffpunkt schaffen und sich außer Zarko vielleicht noch der/die eine oder andere einfinden würde. Schließlich hatte ich immerhin Antworten auf meine Rundmail bekommen, was an sich schon ungewöhnlich ist…

Aber was läuft in Brasilien schön gewöhnlich ab… So musste ich am nächsten Morgen feststellen, dass GAR KEINER am Treffpunkt aufkreuzte. Da Zarko unterwegs zusteigen wollte, machte ich mir zunächst keine allzu großen Gedanken und überlegte lediglich, ob Rosana (die ja eigentlich mitkommen wollte) vielleicht meine eMail mit der Korrektur nicht erhalten und bereits in Lagoa oder Canto dos Araçás auf mich wartete. Am TITRI Terminal war von Zarko jedoch ebenfalls keine Spur zu sehen und wenig später rief er mich sehr verschlafen auf dem Handy an, um mir mitzuteilen, dass er zu spät aufgewacht sei und nicht mitkommen könne. Jetzt machte ich mir schon ein paar Gedanken. Obwohl ich mir fest vorgenommen hatte, notfalls allein loszuziehen, kam mir das nun doch ein wenig “komisch” vor…

Spätestens als ich aber den Beginn des Weges erreicht hatte, waren diese Zweifel vergessen. Schon in Canto dos Araçás, wo der Weg an der Westküste des Lagoa da Conceição entlang nach Costa da Lagoa begann, war die Aussicht auf den “See” wunderschön. Nach den Touren an der Ostküste der Insel hatte ich mir von dieser Wanderung bezüglich der Aussicht nicht so viel versprochen, wurde aber bereits nach wenigen Metern eines besseren belehrt. Der Weg führte durch teilweise sehr dichten Wald, aber zwischendurch hatte man immer wieder eine grandiose Aussicht über die gesamte Lagune! Zwischendurch kam ich immer wieder durch kleine Siedlungen, in denen die Leute völlig abgeschieden in ihrer eigenen kleinen Welt zu leben schienen. Die Häuser waren zum Teil nicht mehr als Holzhütten, die sich am Hang drängten und immer wieder schöne Fotomotive abgaben (siehe Fotoseite). Diese Abwechslung zwischen völlig verlassener Natur und den kleinen Siedlungen war einmal etwas anderes als auf den Touren bisher. Im Wald hörte ich immer wieder sehr kuriose knarzende Geräusche (fast wie eine alte Schranktür) und erst nach einer ganzen Weile fand ich heraus, dass diese von den großen Bambusbäumen (so hoch wie normale Bäume bei uns und mit armdicken Durchmesser!) kamen. Obwohl ich allein war, genoss ich die Wanderung in vollen Zügen – bei Sonne und blauem Himmel pur!

Bis nach Costa da Lagoa brauchte ich etwa zwei bis zweieinhalb Stunden, so dass ich passend zur Mittagszeit dort ankam und mir in einer der Ortschaften nach Costa da Lagoa erstmal ein kleines Mittagessen gönnte. Anschließend wollte ich noch bis zum Ende des Weges weiter gehen und von dort mit dem Boot zurück fahren. Auf dem letzten Stück traf ich zufällig zwei Mitarbeiterinnen von Módula – die mir zwar bekannt vorkamen, die ich allerdings zunächst nicht zuordnen konnte. Als sich mich ankommen sahen begrüßten sie mich herzlich und ich ging zunächst davon aus, dass es AIESECer waren… Erst im Gespräch stellte sich dann heraus, dass wir uns eigentlich jeden Tag in der Firma sehen müssten ;-)…

Kurz nach diesem Treffen endete der Weg plötzlich in einem ein wenig verlassen wirkendem Privatgrundstück. Ich suchte eine Weile nach der Fortsetzung des Weges, gab aber schließlich auf und kehrte zu dem Bootsanleger zurück, an dem ich meine beiten Kolleginnen getroffen hatte. Sie waren immer noch dort und fuhren wenig später mit mir zusammen mit dem Boot zurück nach Lagoa.

Obwohl das meine erste Wanderung war, die ich mangels Motivation von Seiten der AIESECer und Locals alleine machten musste, war es doch ein vollkommen gelungener Tag! Nachdem ich am Abend zurück nach Abraão kam, war ich ganz schön erledigt. Der Weg war zwar wie im Online-Führer angekündigt nicht besonders schwierig gewesen, dafür aber sehr lang und dadurch trotzdem sehr anstrengend (auch wenn Physiker gerne behaupten in der Ebene zu gehen sei keine Arbeit… *fg* kleiner Seitenhieb, sorry…).

Viva a samba!

Gestern Abend bekam ich einen Vorgeschmack davon, was ich an “Carnaval” hier erleben werde. Zusammen mit Zarko und ein paar AIESECern war ich bei einer Übungsshow einer Sambaschule. Die Bezeichnung “Schule” sollte man jedoch nicht wörtlich verstehen. Als “Escola da Samba” werden hier die Gruppen bezeichnet, die an “Carnaval” im Sambatanzen gegeneinander antreten. In den Wochen vorher wird dafür natürlich kräftigt geübt und einige dieser “Übungsstunden” sind eben öffentlich zugänglich.

Auf der Fahrt zum Treffpunkt bei Zarkos Appartment machte ich eine besondere Erfahrung: Das erste Mal mussten Brasilianer auf mich warten! Wir hatten uns für 21 Uhr verabredet und ich hatte einen Bus genommen, mit dem ich gegen 21:15 am Treffpunkt war. Unterwegs rief mich dann zwei Mal Diego an, um zu fragen wo ich sei. Während ich bereits unterwegs war hatten sie spontan beschlossen, bereits früher loszufahren, was für brasilianische Verhältnisse an sich schon ungewöhnlich genug ist…

Das Spektakel fand in einer Art Miniaturausgabe des weltbekannten Sambódromo in Rio de Janeiro statt – wobei es eigentlich nicht mehr war als eine Art Turnhalle ;-). Als wir gegen 21:30 Uhr dort ankamen war rund um das Gebäude bereits Highlife und vor der Kasse hatte sich eine meterlange Schlange gebildet. Die Show hatte auch schon angefangen und man konnte die dröhnende Musik von außerhalb hören als wäre man bereits mitten drin. Dank eines Freunds eines der AIESECer mussten wir nicht lange auf unsere Tickets warten und waren wenig später auch tatsälich mitten drin…

Wir wühlten uns gleich am Anfang durch die Menge ganz nach vorne durch, um auch wirklich nichts zu verpassen. Und das hatte sich gelohnt, denn kurz darauf kamen die Sambistas – ich kann nur sagen: Hot, hot, hot!!! Aber schaut euch einfach die Fotos an und macht euch selbst ein Bild davon… Abgesehen von diesem Anblick, war die Musik ohrenbetäubend, die Stimmung irre und der Tanz der Sambistas unglaublich!

Die erste Runde dauerte etwa eine Stunde, in der die Musik ohne Unterbrechnung dröhnte und die Sambistas ohne nennenswerte Pause durchtanzten. Auch ohne Tanzen war es wegen der vielen Leute in der Halle bereits drückend heiß, was mich die Ausdauer der Girls nur noch mehr bewundern lässt…

Nach der ersten Runde gab es eine kurze Unterbrechnung, bevor es mit der nächsten weiter ging. Da wir alle heute Morgen wieder arbeiten mussten, brachen wir gegen halb elf aber auch schon wieder auf. Diego hatte sich bereit erklärt, mich ins Centro zurück zu fahren. Was ich allerdings vorher nicht gewusst hatte war, dass er mich auf seinem Motorrad mitnehmen würde! So erlebte ich an diesem Abend noch eine weitere Premiere, für die man die deutschen Vorstellungen von Sicherheit (von wegen Schutzkleidung usw.) am besten schnell vergisst…