Wanderung am Lagoa Peri

Nach der sehr schönen und ereignisreichen Woche in Rio de Janeiro habe ich beim Hochladen der Fotos und Berichte festgestellt, dass auch noch ein Bericht über meine letzte Wanderung am Lagoa Peri ausstand. Und ja, der zweite Bericht über mein alltägliches Leben kommt auch noch – auch wenn dieses nun bald zu Ende ist ;-)…

Für Samstag, 26.05.2007 war das Wetter hier in Florianópolis nach den sehr kalten und regnerischen Tagen als sehr schön und sonnig angekündigt. Also nutzte ich natürlich die Gelegenheit, mal wieder eine Tageswanderung auf der wunderschönen “Ilha de Santa Catarina” zu unternehmen. Es stehen ja noch immer einige “Trilhas” aus, die ich noch nicht kenne. Für dieses Mal hatte ich mir einen Weg am “Lagoa Peri” im Süden der Insel vorgenommen. Einmal mehr versucht ich, die AIESECer zur Teilnahme zu bewegen und hatte tatsächlich darauf gehofft, dass der eine oder andere seine Äußerungen “wie gern er doch mal eine Wanderung mitmachen würde” in die Tat umsetzen würde. Leider wurde ich einmal mehr enttäuscht und glaube inzwischen nicht mehr daran, dass sich an dieser Lethargie der lokalen AIESECer bis zum Ende meines Praktikums noch irgendetwas ändern wird.

Da ich aber sehr gut allein zurecht komme (mein Aufenthalt hier hat mich in dieser Hinsicht deutlich geprägt), zog ich eben auf eigene Faust los. Mit dem Bus gings nach Armação, wo ich den Beginn des Weges finden musste. Mit ein wenig Herumfragen gelang mir das auch ohne größere Probleme und so war ich einige Zeit später an dem im Vergleich zum Lagoa Conceição deutlich kleineren See angekommen. Der Lagoa Peri ist ein richtiger Süßwassersee und nicht wie der Lagoa Conceição mit dem Atlantik verbunden. Er ist viel naturbelassener als letzterer und deutlich weniger besucht. So traf ich nur zwei Einheimische, die mit einer Jolle ein wenig auf dem See herumkreuzten. Mit einem von beiden unterhielt ich mich eine Weile und wanderte dann weiter am See entlang.

Auf einem Felsen am Ufer legte ich eine kleine Mittagspause ein, was eine gute Wahl gewesen war. Der Weg führte anschließend nämlich im sprichwörtlichen Sinne über “Stock und Stein” ziemlich bergauf und mehr und mehr vom See weg, von dem ich wenig später wegen des dichten Waldes auch nichts mehr sah. Ich folgte dem Weg immer weiter und kam schließlich auf eine kleine Lichtung, auf der ich mich wegen einiger nervigen Mosquitos aber nicht länger aufhielt. Kurze Zeit später hatte ich ein eingezäuntes Gelände erreicht, auf dem ein Einsiedler mit seinen Tieren leben musste, von dem ich auf einer Website über den “Trilha” gelesen hatte. Da ich neugierig war näherte ich mich nach kurzem Überlegen vorsichtig dem Haus. Ich wusste ja nicht, wie ich empfangen wurde, zumal oben am Hang ein Hund anfing wie wild zu bellen. Es stellte sich aber heraus, dass das ein ganz kleiner war und ich sehr willkommen zu sein schien. Marcelo, so der Name des Einsiedlers, führte mich ein wenig herum und erzählte mir in sehr schwer verständlichem Portugiesisch ein wenig über sein Leben in der Wildnis. Nach eigenen Angaben war er zum Teil Analphabet und wohnte bereits seit 3 Jahren mit seinen Tieren (ein paar Gänse, der Hund, …) hier in der Wildnis abseit von jeglicher Zivilisation. Er schien sehr naturverbunden zu sein, was wohl auch der Grund war, weshalb er allein hier draußen lebte.

Nachdem wir uns ein wenig unterhalten hatten, bot er mir an, mich in seinem Kanu ein Stück den Bach hinaufzufahren. Diese Fahrt führte duch eine Art “Miniaturversion” von Dschungel und war wirklich interessant (siehe Fotos). Allerdings hatte ich wohl etwas falsch verstanden, denn nachdem wir den See erreicht hatten, lieferte mich Marcelo an dem Felsen ab, auf dem ich bereits wenige Stunden zuvor meine Mittagspause eingelegt hatte. Er nannte ihn “Pedra de Jacaré (= Krokodilfelsen) und meinte ich könne von dort zurück ins Dorf laufen. Auf meine Äußerung, dass ich eigentlich geplant hatte, auf die andere Seite der Insel zu wandern, meinte er nur, der Weg hinter seinem Grundstück sei gesperrt. Da ich dies nicht überprüfen konnte, machte ich mich also auf den Rückweg nach Armação. Auf Überraschungen muss man in Brasilien eben immer gefasst sein und die Kanufahrt war den vorzeitigen “Abbruch” meiner Wanderung absolut wert gewesen.

Als ich wieder in Armação ankam war es noch recht früh am Nachmittag und deshalb entschied ich mich spontan, mit dem Bus noch nach Costa de Dentro weiter zu fahren, um dort noch ein wenig zu laufen. Dort stellte ich allerdings fest, dass es nicht besonders viel zu sehen gab und verbrachte deshalb noch einige Zeit am Strand von Pântano do Sul sitzend. Mit dem Verschwinden der Sonne hinter den Bergen wurde es dann auch empfindlich kühl, so dass ich mich mit dem Bus auf den Rückweg in die Stadt machte. Insgesamt war es mal wieder ein gelungener Ausflug, auch wenn ich leider einmal mehr allein gewesen war. Aber daran habe ich mich ja inzwischen fast gewöhnt…

Am Sonntag Nachmittag fand dann bei Ariel, einem neuen AIESEC-Mitglied, noch ein typisch brasilianisches Churrasco statt. Das Wetter war aber bei weitem nicht mehr so schön wie am Samstag und es war ziemlich kühl. Trotzdem zog sich die Party natürlich bis Abends hin, so dass ich den ganzen Tag in Pântano do Sul verbrachte. Es war aber eine ganz nette Runde mit einigen interessanten Gesprächen. Lediglich am Abend zog sich der Aufbruch für meinen Geschmack viel zu lange hin. Da die Fahrer immer wieder meinten, sie würden in Kürze gehen, wartete ich mehrfach noch eine kurze Weile ab, bevor ich den Bus nehmen wollte. Dieses Spiel zog sich dann für etwa 1,5 Stunden hin, gegen 20:00 Uhr brachen wir dann aber endlich auf und Lucas fuhr mich sogar nach Hause auf den Kontinent.

Rio de Janeiro (Tag 8) – Rückreise

Obwohl es von meinem Rückreise-Tag aus Rio eigentlich nicht viel zu berichten gibt, habe ich der Vollständigkeit halber doch einen gesonderten Bericht als Abschluss meiner Serie verfasst…

Nach dem Frühstück holten mich gegen 10:00 Uhr Carola und eine andere AIESECerin ab, deren Namen ich mir mal wieder nicht genau genug gemerkt habe. Natürlich wollten beide erstmal wissen, was am Tag zuvor passiert war und so merkte ich gar nicht, dass wir in eine sehr unbekannte Richtung fuhren. Als es mir dann bewusst wurde, dachte ich zunächst, dass sie einfach nur einen anderen Weg auf den Stadtflughafen Santos Dumont nahmen. Nach einiger Zeit kam es mir dann aber doch komisch vor, weil die Fahrt schon eine Weile gedauert hatte und der Flughafen eigentlich nicht so weit vom Hostel entfernt war. Also informierte ich die beiden, dass ich vom Stadtflughafen und nicht vom internationalen abfliegen würde… Sie hatten das trotz mehrfacher Ankündigung per eMail von meiner Seite tatsächlich verpeilt und hätten mich in Galeão abgeliefert. Also ging es zurück zum städtischen Flughafen Santos Dumont, den wir trotz allem absolut pünktlich erreichten.

Ich war schon gespannt, was für eine Geschichte ich beim Eincheck aufgetischt bekommen würde und wieviel Verspätung mein Flug haben würde. Und prompt hieß es, dass alle 3 Flughäfen in São Paulo geschlossen seien. Trotzdem ging irgendwie ein Flug und da ich auch nach wiederholtem Nachfragen nicht so richtig verstand, wie das ablaufen würde, ließ ich mich einfach überraschen. Die Abflugzeit lag 20 Minuten VOR der in meiner Buchung angegebenen, so dass ich mich auch kurz darauf von den beiden Mädels verabschiedete und zum Gate ging. Dort wartete ich dann etwa eine Stunde, bis mein Flug 30 Minuten später als in meiner Buchung bestätigt aufgerufen wurde.

Abgesehen von dieser kleinen Verspätung, die ja nun wirklich nicht der Rede wert ist, ging ansonsten alles glatt. Auch der Anschluss in São Paulo war diesmal kein Problem – einmal davon abgesehen, dass ich das Flugzeug verlassen, einmal um den Block rennen musste und am Ende im gleichen Flugzeug auf dem gleichen Platz saß ;-). Gegen 15:30 Uhr kam ich schließlich mit etwa einer halben Stunde Verspätung in Florianópolis an.

Abschließend kann ich sagen, dass ich eine wunderschöne Woche in Rio de Janeiro verbracht, unheimlich viel gesehen und erlebt habe und leider auch in die “Gepflogenheiten” der Stadt eingeweiht wurde :-/. Aber wie schon gesagt, mein Erlebnis lasse ich mir dadurch nicht versauen und meine Brasilien-Reise im Juli/August stelle ich deshalb auch nicht unter einen schlechten Stern!

Über Rio de Janeiro selbst kann ich folgendes sagen: Es ist wirklich eine sehr schöne Stadt, insbesondere wegen ihrer Lage in der Bucht “Guanabara” und den vielen kegelförmigen Bergen in der Umgebung. Außerdem gibt es sehr viel zu sehen, so dass eine Woche wie so oft eigentlich gar nicht ausreicht. Andererseits kann man sowieso nie alles sehen und muss immer eine Auswahl treffen. Bei aller Begeisterung muss ich allerdings auch sagen, dass ich nicht in Rio de Janeiro leben wollte. Dafür wäre mir die Stadt zu hektisch (Verkehr!) und zu unsicher. Dauernd überlegen zu müssen, ob man nun diesen oder jenen Bus nehmen kann/sollte (Sicherheit!) usw. wäre mir dann doch zuviel Stress…

Rio de Janeiro (Tag 7) – Ausgeraubt

An meinem letzten vollen Tag in Rio de Janeiro wollte ich mir noch ein paar Dinge anschauen, die an den Tagen zuvor zu kurz gekommen waren. Da war zum einen das weltweit größte Fußballstadion “Maracanã”, der “Lagoa Rodrigo de Freitas”, den ich bisher nur ganz kurz besucht hatte und die Parkanlage “Parque do Flamengo”. Dass am Ende alles ein wenig anders kommen sollte konnte ich zu Beginn des Tages ja noch nicht wissen…

Nach dem Frühstück entschied ich mich nach kurzer Lektüre meiner Reiseführer für einen Ausflug in die “Zona Norte”, der Teil von Rio de Janeiro, der von Touristen eher weniger besucht wird und in dem im Wesentlichen die Industrie angesiedelt ist. Einige wenige touristisch interessante Orte gibt es dort aber doch. So hatte ich gelesen, dass von Freitag bis Sonntag dort ein Markt stattfindet, dessen lebhafte Atmosphäre laut “Lonely Planet” nicht verpasst werden sollte. Außerdem liegt gleich nebenan das erwähnte Fußballstadion “Maracanã”. Kurzentschlossen machte ich mich also mit der U-Bahn auf dorthin.

Zunächst verbrachte ich ein wenig Zeit auf dem Markt, der aber bei weitem nicht so lebhaft war wie ich es erwartet hatte. Genauer gesagt war dort eigentlich ziemlich tote Hose und außer Restaurant-Ständen hatten nur wenige Händler überhaupt ihre Stände geöffnet. Das mag vielleicht auch daran gelegen haben, dass am Tag zuvor ja Feiertag gewesen war. Ich wanderte ein wenig zwischen den Ständen umher und kehrte schließlich zu einem recht frühen Mittagessen in einem der Lanchonete-Stände ein.

Nach dem Essen verließ ich den Markt, der auch in der Zwischenzeit nicht lebendiger geworden war und machte mich auf zum “Maracanã” Stadion. Dort besichtigte ich u.a. die Umkleide- und Massageräume der Spieler und bekam einen Eindruck von der Größe des Stadions von der Tribüne aus. Insgesamt war es zwar ein beeindruckender Bau, da ich jedoch wenig für Fußball übrig habe, jedoch nicht unbedingt ein Highlight meines Rio-Aufenthalts.

Als ich dann das Stadion verlassen hatte und auf dem Weg zur U-Bahn war, passierte das, was mir an all den Tagen zuvor erspart geblieben war: Ich wurde überfallen und mir wurde mein Handy geraubt! Ich ging gerade eine Rampe einer Fußgänger Überführung hinauf als von hinten zwei Kerle ankamen und mich belästigten. Ich dachte zuerst, sie wollten Geld erbetteln und drückte sie mit dem Arm ein wenig von mir weg als sie zu aufdringlich wurden. Daraufhin packte mich einer der beiden und griff zunächst nach meiner Kamera, die ich immer noch in der Hand trug. Diese zog ich aber erfolgreich weg und er griff dafür in meine Hosentasche. Dort fand er mein Handy und schien damit zufrieden zu sein und die beiden rannten davon. Meine Kamera, mein Geld und meine Kreditkarten (im Secretbag) ließen sie mir zum Glück. Auch für meinen Rucksack interessierten sie sich nicht weiter. Das ganze ging so schnell, dass ich beinahe nicht wusste, was mir geschah und auch nicht nach Hilfe rufen konnte. Außerdem waren abgesehen von einer Frau mit Kindern, die im Vorbeilaufen zwar alles beobachtet aber schnell weiter ging, keine Leute in unmittelbarer Nähe, die mir hätten helfen können.

Nachdem ich mich wieder gefangen hatte, ging ich sofort zurück zum Stadion und sprach einige Sicherheitsbeamten und sogar einen Militärpolizisten an. Diese verwiesen mich immer wieder weiter zu Kollegen, bis ich schließlich einen Polizeiwagen anhielt. Der Polizist informierte Kollegen, die mich dann in einem anderen Polizeiwagen einmal rund ums Stadion fuhren, um die Kerle vielleicht in nächster Nähe zu finden. Das war aber natürlich aussichtslos und nach kurzer Zeit lieferten sie mich an der U-Bahn-Station ab. Machen könne man da nicht viel, die Kerle würden sofort ab in die nächste Favela gehen. Soviel zur Kontrolle der Polizei über diese Favelas…

Für mich war der restliche Tag natürlich gelaufen und ich kehrte zunächst zum Hostel zurück. Dort angekommen, entschied ich mich dann aber doch, noch zur Touristen-Polizei zu gehen, um mir wenigstens einen Bericht für die Versicherung geben zu lassen. Dort brachte ich dann mindestens eine Stunde zu, bis ich den Wisch endlich in der Hand hatte. Anschließend versuchte ich in einem Handy-Geschäft noch meine Prepaid-Karte im gestohlenen Handy sperren zu lassen, worauf die Angestellten mir eine neue Karte verkaufen wollten. Ohne Handy bringt mir die ja aber herzlich wenig, so dass ich dankend abgelehnt habe.

Natürlich war dieser Zwischenfall ein sehr unerfreuliches Ende meines Rio-Aufenthalt und ich trauere meinem Handy nach! Aber falls nun jemand denkt, ich würde es deshalb bereuen, nach Rio gegangen zu sein, so hat er/sie sich getäuscht: Ich habe unheimlich viel gesehen und meinen Aufenthalt sehr genossen. Es gibt keinen Grund, sich die ganze Woche von so ein paar versifften Deppen versauen zu lassen! Und außerdem war ich irgendwie auch froh, dass sie “nur” mein Handy mitgenommen haben und mir z.B. meine Kamera mit all den Bildern und mein Geld gelassen haben…

Rio de Janeiro (Tag 6) – In eine andere Welt…

Auf Empfehlung zweier Backpacker aus meinem Hostel hatte ich für den heutigen Nachmittag eine geführte Tour in die größte Favela Rios gebucht. Am Vormittag ging ich in den “Jardim Botânico” (Botanischer Garten), der ganz nett anzuschauen war, jedoch mit Sicherheit kein Highlight Rios ist.

Gegen 14:00 Uhr wurde ich dann am Hostel abgeholt und ganz nach brasilianischer Methode mussten wir spontan noch eine andere Gruppe Backpacker für die Tour abholen. Zu acht ins Auto gequetscht kurvten wir dafür quer durch die Stadt. Irgendwann erreichten wir aber Rocinha, wie gesagt Rios größte Favela mit rund 127.000 Einwohnern. Mit Moto-Taxis (= Motorräder) ging es in einem Höllentempo und Hara-Kiri-Fahrweise natürlich ohne Helm (deutsche Sicherheitsstandards adé) den Hang hinauf, von wo wir zu Fuß mitten durch die Favela geführt wurden.

Zu Beginn wurde uns ein wenig etwas über das Wesen der Favelas erzählt, von denen es allein hier in Rio rund 700 geben soll. Sie sind ursprünglich illegal gegründete Siedlungen, in denen oft die ehemaligen Sklaven, deren Nachfahren und eben die sozial schwache Schicht eine Bleibe gefunden haben. Die Einwohner zahlen in der Regel keine Steuern und versorgen sich durch Anzapfen der Leitungen kostenlos mit Wasser und Strom. “Regiert” werden die Favelas üblicher Weise von Drogenbaronen, die Geld wie Heu mit illegalen Geschäften machen. Im Fall von Rocinha wurde uns erzählt, dass deren Anführer 24 Jahre alt sei und rund 400.000 R$ pro Monat verdiene. Wie genau diese Angaben sind kann ich nicht nachvollziehen, zumal den beiden Schotten aus meinem Hostel am Tag zuvor geringfürgig andere Daten genannt wurden. So genau muss man es aber auch nicht wissen um geschockt zu sein…

Polizei hat über die Favela in der Regel keine oder nur sehr geringfügige Kontrolle oder ist bei dem sehr niedrigen Gehalt von ca. 800 R$ pro Monat (als Trainee verdiene ich hier 1000 R$) so korrupt, dass sie quasi mit den Drogenbossen zusammenarbeitet. Innerhalb der Favela gibt es strikte Regeln und einen Verhaltenskodex. So wird innerhalb der Siedlung zum Beispiel nichts gestohlen oder es darf nicht mit der Polizei gesprochen werden. Passiert etwas unvorhergesehenes werden die Bewohner durch festgelegte Zeichen (Feuerwerk oder das Steigen lassen von Drachen) darüber informiert.

Die Organisation, die diese Tour anbietet, beteiligt sich an Projekten, mit denen die Favelas in das normale Leben der Stadt integriert und die von ihnen ausgehende Kriminalität eingedämmt werden soll. Das Geld für die Touren wird so zum Beispiel in Schulen und medizinische Versorgungszentren innerhalb der Favelas investiert. Außerdem vermittelt die Tour selbst Außenstehenden natürlich einen sehr guten Eindruck vom Leben der Menschen dort und von den Problemen, die von diesen Siedlungen ausgehen.

Zunächst bekamen wir einen Überblick über die gesamte Favela von einer Dachterrasse eines der Häuser. Es war schon unglaublich diese riesige Slum-Siedlung von oben zu sehen, die sich zwischen den beiden Berghängen drängte (siehe Fotos). Und man kann wirklich von Drängen sprechen, denn links und rechts war praktisch kein Platz mehr. Aus diesem Grund haben sich die Leute inzwischen auch etwas neues für neue Häuser einfallen lassen: Die Besitzer von Häusern verkaufen einfach ihre Dächer, auf denen dann das nächste Haus errichtet wird und so weiter… Die Favela wächst jedenfalls trotz Platzmangel weiter und weiter und muss es ja auch, denn im Durchschnitt hat eine Familie 7 Kinder wie uns erklärt wurde und diese beginnen bereits zwischen 12 und 15 selbst wieder Kinder zu haben. A propos Kinder: Uns wurde gesagt, dass diese sehr gerne in die Schule gehen, da sie aus ihrem Leben etwas machen wollen. Im nächsten Satz hieß es dann aber, dass dieses “etwas aus ihrem Leben zu machen” darin bestehe, möglichst viel Geld zu verdienen. Und da sie aus ihrem Umfeld dafür zwei Möglichkeiten kennen, wollen sie später entweder Profi-Fußballer oder Drogendealer werden.

Generell besteht zwischen den Favelas und der restlichen Stadt eine Art Symbiose: In Brasilien ist es Gesetz, dass eine Firma ihren Angestellten den Weg zur Arbeit bezahlen muss – egal wie lang dieser ist und welche und wieviele Transportmittel benutzt werden müssen. Da die Favelas praktisch gleich “nebenan” vom Zentrum sind, haben die Bewohner dort einen gewissen “Bonus”, da sie aufgrund der Nähe günstiger sind als Bewohner aus den weit entfernten Vororten der Stadt. Das ist nur ein weiteres Beispiel, wie kompliziert die Existenz der Favelas und ihre ganze Problematik in den Alltag Rio de Janeiros verflochten ist. Diesen “Teufelskreis” zu durchbrechen scheint jedenfalls sehr schwer bis unmöglich zu sein…

Nach dieser Einführung und den Überblick über die Favela machten wir uns auf den Weg mitten durch. Auf sehr engen “Straßen” (sofern man sie überhaupt so nennen kann – siehe Fotos) ging es bergab. Zwischendurch trafen wir immer wieder auf sehr freundlich grüßende Bewohner und vor allem die Kinder ließen sich sehr gerne fotografieren, da sie dann glaubten, berühmt zu sein. Unterwegs legten wir einen kurzen Stopp in einem kleinen Geschäft ein, um etwas zu essen und zu trinken. Der Bananenkuchen, der als besondere lokale Spezialität angeboten wurde, war ziemlich gut!

Dann ging es weiter bergab. Je näher wir dem Fuß der Favela kamen, desto dreckiger wurden die Straßen und desto mehr Müll lag herum. Letzterer wird angeblich nie eingesammelt, sondern verrottet einfach dort wo er hingeworfen wird. Wenn man so etwas erzählt bekommt, während man bei jedem Schritt aufpasst, wo man hintritt, gibt einem das schon sehr zu denken…

Schließlich kamen wir durch eine sehr enge Gasse, die als die “Linha da Morte” (oder so ähnlich) bezeichnet wird. Kommt ein ungebetener Gast (z.B. auch die Polizei) in die Favela und macht Ärger, so warten die Mafia-Handlanger, bis er sich in dieser Gasse befindet, die außer ihrem Anfang und Ende keinen weiteren Ausgang hat. Dort legen sie den “Gast” dann einfach um. Uns wurde das so erzählt, als sei das hier an der Tagesordnung. Unsere Führerin meinte nur, es sei eine häufig aufkommende Frage, wieviele Personen in dieser Gasse schon ihr Leben gelassen haben. Eine Antwort gäbe es darauf aber nicht.

Schließlich erreichten wir das Ende der Favela am Fuße des Berges und waren nach einer bereiteren von Ständen gesäumten Straße wieder in der “Zivilisation” angekommen. Ich musste mir regelrecht ins Bewusstsein rufen, dass die vergangenen Stunden kein Film gewesen waren und die Leute dort Tag für Tag tatsächlich leben! Ich kann nur sagen, diese Führung war eines der Highlights meines Rio-Aufenthalts und hat mir einen bleibenden Eindruck von den Problemen der brasilianischen Metropolen vermittelt. Die eventuell aufkommende Frage, ob ich mich nicht “schlecht” dabei gefühlt habe, als “wohlhabender” Tourist durch diese Elends-Siedlung zu laufen, kann ich nur verneinen. Erstens sahen die Menschen dort nicht wirklich dreckig oder versifft aus, sondern wirkten mit ihrem Leben soweit zufrieden. Zweitens investiert die Organisation, die diese Tour anbietet das Geld zum Teil ja in Hilfsprojekte, die den Problemen mit den Favelas entgegen gehen sollen. Und schließlich kann man selbst für sich persönlich nur dann einen tatsächlichen Eindruck von der Lage bekommen wenn man selbst dort gewesen ist. Ich kann es jedenfalls nur jedem empfehlen so etwas zu machen, wenn sich die Gelegenheit bietet. Für mich war es eine große Erfahrung!

Nach der Tour wurde ich am Hostel abgeliefert und am Abend traf ich mich endlich noch mit ein paar AIESECern in einer Bar. Allerdings machte sich meine Erkältung wieder deutlich bemerktbar, so dass ich nicht allzu lange dort blieb und bereits gegen Mitternacht zum Hostel zurückkehrte.

Rio de Janeiro (Tag 5) – Copacabana & Ipanema

Nachdem ich an den letzten Tagen bereits den Corcovado, den Zuckerhut und das Zentrum Rios gesehen hatte war es heute Zeit für die berühmt-berüchtigten Strände Copacabana und Ipanema. Nach dem Frühstück machte ich mich deshalb auf zum Praía Copacobana und wanderte ein wenig den Strand entlang. An dessen Ende besuchte ich kurzentschlossen das Museum der Armee in einer alten militärischen Anlage. Die Austellungen selbst über die Geschichte Brasiliens waren nicht so interessant, die Besichtigung der Bunkeranlage mit den beiden mächtigen Geschütztürmen dafür umso mehr.

Ich hielt mich hier eine Weile auf und genoss auch ein kleines Mittagessen mit Aussicht über die Copacabana. Danach ging ich weiter zum Praía Ipanema. Zwischen den beiden Stränden befinden sich einige Felsen, auf denen ich ein wenig die Aussicht auf die Strände und das Meer genoss. Außerdem lernte ich dort einen Amerikaner aus Florida kennen, der gerade erst in Rio angekommen war. Wir unterhielten uns eine ganze Weile und wanderten anschließend noch ein Stück den Ipanema Beach entlang.

Nachdem sich unsere Wege getrennt hatten, ging ich noch weiter den Strand entlang und legte an einem der Stände eine kurze Pause ein. Mit einem kleinen Umweg am “Lagoa Rodrigo de Freitas” vorbei machte ich mich dann auf den Heimweg.

An diesem Abend wollte mich der Amerikaner, dessen Namen ich leider auch vergessen habe (ich habe ein so schlechtes Namensgedächtnis, ich weiß), anrufen, um gemeinsam etwas zu unternehmen. Der Anruf blieb aber den ganzen Abend über aus und da auch die AIESECer einmal mehr nichts zustande brachten, verblieb ich im Hostel. Die vergangenen Abende hatte ich bereits mehrfach versucht, mit ihnen in Kontakt zu treten und sie in eine der Bars einzuladen, die wir zusammen mit den Backpackern aus meinem Hostel besucht hatten. Es schien aber so als hätten sie die Spontanität für sich gepachtet und sobald ich selbst spontan war bekamen sie es einfach nicht auf die Reihe.

Als ich von einem Schnell-Abendessen in einem Lanchonete ins Hostel zurück kam, war dort bereits eine lustige Runde bei einem Art “Wer bin ich?” Spiel versammelt, in dessen nächsten Runde ich auch mitspielte. Gegen Später kam Carola noch zu Besuch und wir hatten in der ganzen Runde viel Spass bis etwa 1 Uhr nachts.

Rio de Janeiro (Tag 4) – Pão Açucar

Für den heutigen Nachmittag hatte ich mich mit Blair und Ian am Zuckerhut verabredet, um von dort einen weiteren grandiosen Eindruck von der “Cidade Maravilhosa” zu bekommen. Vorher wollte ich mir noch etwas anderes in der Stadt anschauen und entschied mich nach kurzer Lektüre meiner Reiseführer für einen Trip nach Santa Teresa. Da ich auf dem Weg dorthin etwas von der Stadt sehen wollte, nahm ich statt der wesentlich schnelleren Mêtro den Bus. Die Haltestelle der “Bonde”, Rios berühmter alten Straßenbahn im Stil des “Cable Car” von San Francisco, erreichte ich nach einigem Suchen deshalb erst gegen 12:00 Uhr. Leider war der angeblich interessantere Teil der Strecke wegen Wartungsarbeiten gesperrt. Trotzdem trat ich die Fahrt an und lernte beim Warten ein norwegisches Paar kennen, mit denen ich dann ein wenig Santa Teresa erkundete. Wir kehrten auch zusammen zum Mittagessen ein, bevor sich unsere Wege wieder trennten.

Ich wanderte noch ein wenig länger durch die Siedlung und machte mich schließlich auf den Weg zum “Pão Açucar” (Zuckerhut). Dort angekommen schwebten wir wenig später in der gläsernen Seilbahn auf den ersten “Morro da Urca”. Bereits von dort war der Ausblick auf dei Stadt sehr schön. Allerdings befanden wir uns dieses Mal im Osten der Stadt, so dass die bereits tief im Westen stehende Sonne blendete. Dafür wurde der Zuckerhut selbst sehr schön angestrahlt und wirkte irgendwie noch unnatürlicher als er es ohnehin schon tat.

Wenig später ging es mit der zweiten Seilbahn auf den Gipfel. Von dort war die Aussicht noch viel besser und Rio lag uns wieder genauso zu Füßen, wie man es von den vielen bekannten Fotos her kennt. Wie am Tag zuvor auf dem Corcovado warteten wir auch hier bis die Sonne untergegangen war und all die Lichter in Rio aufflammten. Dann machten wir uns auf den Rückweg und trafen uns nach ein, zwei Stunden Ausruhen wieder zum Essen – diesmal in Copacabana und mit einer wesentlich größeren Gruppe. Zwei Backpacker aus Schottland und einer aus Israel aus unserem Hostel, sowie ein neu eingetroffenes junges Paar aus Neuseeland begleiteten uns. Wir kehrten in ein Rodízio-Restaurant mit Churrasco und Buffet ein.

Nach dem Essen ging ich mit Blair, Ian und dem Backpacker aus Israel (dessen Namen ich leider vergessen habe) nach Ipanema in den Irish Pub “Shenanigan’s”. Dort genossen wir die letzten Stunden eines weiteren sehr schönes Tages in der Weltstadt Rio de Janeiro.

Rio de Janeiro (Tag 3) – Corcovado

Nach meiner ersten Nacht im Hostel, die trotz typischem Jugendherbergs-Mehrbett-Zimmer sehr angenehm verlief (ich war ja auch müde genug), lernte ich beim Frühstück Blair, einen Backpacker aus Nordirland kennen. Er war gerade auf Round-the-World-Trip und hatte daher natürlich einige sehr interessante Stories auf lager. Kurzentschlossen schloss er sich meinem Plan an, das Centro der Stadt zu erkunden.

Bereits die Busfahrt dorthin war typisch brasilianisch-abenteuerlich. Der Verkehr war das reinste Chaos: Auf drei Spuren pro Richtung (die Avenidas führen in Copacabana und Ipanema als Einbahnstraßen immer nur in eine Richtung und die parallele dann in die andere) schob sich der Verkehr von Ampel zu Ampel und die Busse wechselten von Spur zu Spur, um irgendwie im “Zeitplan” zu bleiben, den es hier natürlich sowieso nicht gab.

Dem Verkehr entsprechend war dann auch mein Eindruck von Downtown. Ich dachte nur “und das ist jetzt also das berühmte Rio de Janeiro, die angeblich schönste Stadt der Welt?”. Alles wirkte mehr wie ein riesen Chaos, in dem jeder irgendwie seinen Weg zu finden versuchte.

Wir erkundeten ein wenig Downtown, schauten uns die hypermoderne Catedral Metropolitana (das ist dieses kegelförmige Gebäude, falls ihr das Foto nicht zuordnen könnt) und passierten das Petrobras-Gebäude, sowie Rios berühmten Straßenbahn-Äquadukt Aqueduto de Carioca. Da das Wetter deutlich besser war als erwartet, entschieden wir uns am Nachmittag spontan, den Corcovado zu besuchen. Wir wollten von dort den Sonnenuntergang beobachten und das Aufflammen der Lichter in der Stadt erleben.

Mit U-Bahn und Bus ging es also zum Fuß des Corcovado und von dort mit der Zahnradbahn auf den Gipfel. Nach dem “Chaos-Eindruck” war der Blick von oben (zu Füßen der weltberühmten Christus-Statue) einfach gigantisch. Obwohl einer meiner Reiseführer behauptete, die Statue sei innen begehbar und es gäbe eine Aussichtsplattform auf dem Kopf, konnten wir davon nichts sehen. Allerdings suchten wir auch nicht explizit danach, da wir von der Aussicht zu Füßen des Christo Redentor einfach viel zu “verzaubert” waren. Hier dachte ich zum ersten Mal seit meiner Ankunft in der Stadt “ja, das ist das Rio de Janeiro, das ich erwartet hatte”. Der Sonnenuntergang war typisch tropisch wenig spektakulär und trotzdem schön anzusehen. Das langsame Nacht-Werden über der Stadt war dafür ein tolles Erlebnis. Trotz der Bärenkälte, die hier oben herrschte (v.a. wegen dem kalten Wind) blieben wir eine ganze Weile und lernten noch Ian, einen anderen Backpacker aus England kennen.

Zusammen machten wir uns dann auf den Rückweg nach Copacabana bzw. Ipanema. Da wir unsere Haltestelle verpassten, beschlossen wir spontan, in Ipanema etwas essen zu gehen. Nach kurzer Suche fiel die Wahl auf ein Pizza-Rodízio, das wir zufällig entdeckten. Anschließend ließen wir den sehr gelungenen ersten “richtigen” Tag in Rio in zwei Bars ausklingen…

Rio de Janeiro (Tag 1 & 2) – Timos kleine Odysee

Nach einem finalen stressigen Freitag Nachmittag bzw. Abend im Büro – alles musste wieder auf den letzten Drücker fertig werden – hatte ich zumindest vor meiner Abreise nach Rio de Janeiro noch eine erholsame Nacht. Das tat insbesondere meiner Erkältung gut, die ich mir aufgrund des Temperatursturzes zu Beginn der vergangenen Woche eingefangen hatte. Nachdem ich also gegen 8:00 Uhr aufgestanden war, musste ich zunächst noch packen, da ich das am Vorabend nicht mehr geschafft hatte. Zudem waren meine in den letzten Tagen frisch gewaschenen Kleider noch nicht trocken geworden, was mich einmal mehr zum Improvisieren zwang – diesmal aber mit einem Ölradiator statt nur mit einem Ventilator wie in São Miguel.

Trotz allem lag ich perfekt in der Zeit, konnte in aller Ruhe packen und gegen 10:00 Uhr mit dem Bus zum Flughafen fahren. Inzwischen habe ich gelernt, dass es hier besser ist, sich auf offizielle Transportmittel als auf irgendwelche Absprachen mit AIESECern zu verlassen. Auf dem Flughafen angekommen, checkte ich auch nach kurzer Wartezeit problemlos ein. Allerdings erfuhr ich, dass mein ester Flug nach São Paulo deutlich Verspätung hatte und statt um 13:10 Uhr nun erst um 15:30 Uhr abfliegen sollte. Nach den Warnungen meiner Kollegen bezüglich des Chaos auf dem Flughafen Congonhas in São Paulo und den Erzählungen von Zarko über seinen letzten Flug dorthin überraschte mich das allerdings nicht weiter und beunruhigte mich hinsichtlich meines Anschlussfluges nur geringfügig. Ich verließ mich einfach auf die Fähigkeit der Brasilianer, Probleme “irgendwie” zu lösen!

Um etwa 14:45 Uhr entschied ich mich, in der noch verbleibenden Zeit eine Kleinigkeit essen zu gehen und prompt wurde dann mein Flug aufgerufen. Los ging’s in Richtung São Paulo Congonhas…

… wo ich allerdings nicht ankam – oder zumindest nicht auf dem erwarteten Weg. Über São Paulo begann der Pilot plötzlich eine Warteschleife nach der anderen zu fliegen und wir wurden schließlich wegen des angeblich starken Regens nach Campinas umgeleitet. Natürlich machte ich mir einige Gedanken, was nun aus meinem Anschlussflug werden würde. Da ich allerdings in diesem Moment sowieso nichts machen konnte und mir die Stuardess versicherte, dass man sich nach der Ankunft darum kümmern werde, schob ich meine Bedenken schnell zur Seite. Tatsächlich wunderte ich mich über mich selbst, wie gelassen ich die Situation hinnahm während andere Reisende viel besorgter zu sein schienen. Das galt insbesondere für die gesamte Odysee, die mir noch bevorstehen sollte…

Gegen 17:30 Uhr hatten wir Campinas erreicht und ich wurde von GOL-Mitarbeitern am Ausgang des Flughafens abgefangen und samt Gepäck in einen bereits wartenden Reisebus nach Congonhas dirigiert. Dieser brachte mich und all die Mitreisenden in etwa 1,5 Stunden zurück nach Congonhas. Man vergleiche die Flugzeit von Florianópolis nach Campinas von 50 min mit der Fahrzeit des Transfers zurück zum eigentlichen Bestimmungsort ;-)…

In Congonhas wurde ich dann auf den nächsten Flug um 19:12 Uhr umgebucht, den ich trotz Eile und Spurt zum Gate allerdings nicht mehr erreichte. Der nächste Flug sollte kurz darauf gehen, hatte aber bereits mindestens 2 Stunden angekündigte Verspätung und war noch nicht bestätigt worden. Da mir nichts anderes übrig blieb buchte ich auf diesen Flug um. Ich stellte zwar fest, dass es auch noch einen früheren Flug nach Rio de Janeiro Galeão gab, auf den ich aber aus irgendwelchen Gründen nicht umgebucht werden konnte. Außerdem war mir zu diesem Zeitpunkt eine Ankunft auf dem Stadtflughafen Santos Dumont auch noch lieber. Diese Präferenz sollte sich im Laufe der Nacht aber noch ändern…

Gerade nachdem ich mir etwas zu essen geholt und damit begonnen hatte, diese Zeilen zu verfassen, wurden wir von einem GOL-Mitarbeiter informiert, dass der Flug auf 21:20 Uhr voraussichtlicher Abflug angekündigt worden war. In der Zwischenzeit lud GOL alle in ein Restaurant zum Essen ein. So hatte es sich zumindest diesbezüglich ausbezahlt, nicht auf den Flug nach Galeão umgebucht zu haben.

Nach einem durchaus recht guten Abendessen wurde uns mitgeteilt, dass das Problem irgendetwas mit dem Wetter zu tun hatte. Genau habe ich es nicht verstanden. Jedenfalls wurden wir nach kurzer Irritation in Busse verfrachtet und auf den internationalen Flughafen von São Paulo in Garulhos gefahren. Dort angekommen, drehten die Busse erstmal eine Ehrenrunde um das Terminal-Gebäude, da wohl niemand so recht wusste, wo wir abgeliefert werden sollten. Trotzdem schien alles irgendwie noch halbwegs organisiert abzulaufen und die Stimmung im Bus war erstaunlich gut. Die Brasilianer schienen dieses Abenteuer als Spaß aufzufassen. Nach der Ankunft ging es schnurstraks zum Eincheck, am Boarding-Gate brach dann aber das vollständige Chaos aus. Während wir unwissend warteten und warteten wurde ein TAM und Varig-Flug nach dem anderen am gleichen Gate aufgerufen. Nach mindestens einer weiteren 3/4 Stunde wurde es plötzlich sehr laut als ein paar Reisende ausrasteten und schimpfend auf die GOL-Mitarbeiter losgingen. Leider verstand ich während der ganzen Warterei immer nur maximal die Hälfte der Neuigkeiten und war deshalb einfach immer der Menge hinterher getrabt oder hatte mich bei Mitreisenden über die aktuelle Situation erkundigt.

Bis etwa Mitternacht geschah ansonsten nichts weiter und wir mussten einfach warten wie sich die Situation entwickeln würde. Schließlich hieß es, dass um 0:50 Uhr ein Flug nach Rio Galeão gehen würde und wir wurden an ein anderes Gate verwiesen. Dieses Spiel wiederholte sich noch einmal und dann hieß es wieder warten. Um die Zeit zu überbrücken (inzwischen war es nach 1 Uhr nachts) begann ein Reisender Gitarre zu spielen und die brasilianischen Mitreisenden sangen dazu. Die Stimmung war trotz der enormen Verspätung (geplante Ankunft in Rio 17:00 Uhr) erstaunlich gut. Es war ein Erlebnis für mich, zu sehen wie “tranqüilo” die Brasilianer die Situation hinnahmen. In Deutschland würde man so etwas wohl eher nicht erleben.

Gegen 01:30 Uhr ging es dann endlich los – nach Rio Galeão anstatt nach Santos Dumont, da dieser zu so später Stunde geschlossen war, wie ich später erfahren sollte. Aber darüber machte ich mir inzwischen keine Gedanken mehr und schmiedete bereits Pläne wann und wo ich einem GOL-Mitarbeiter klar machen würde, dass ich ein von GOL bezahltes Hotel am Ankunftsort und einen Taxi-Transfer dorthin wünschte.

Diese Überlegungen traten mit dem nächsten Hammer nach unserer Ankunft allerdings erstmal in den Hintergrund. Nämlich als ich feststellte, dass mein Gepäck in dem inzwischen geschlossenen Flughafen Santos Dumont lag. Nach einigem Hin- und Her war ich gegen 04:30 Uhr dann endlich auf dem Weg zu einem Hotel, das von GOL bezahlt wurde. Im ebenfalls von GOL bezahlten Taxi, aber ohne Gepäck. Dort angekommen fiel ich nur noch todmüde ins Bett.

Am nächsten Morgen versuchte ich dann mit Hilfe der Hotelangestellten mein Gepäck zurückzubekommen, was nach einiger Wartezeit und mehrfachen Anrufen bei GOL zum Glück auch klappte. Beim Auschecken aus dem Hotel stellte ich dann fest, dass ich einem der High-End Hotels genächtigt hatte: Einfachstes Zimmer 300 R$ – man vergleiche das mit dem Wert meines Fluges von 189 R$. Kein wirklich lukratives Geschäft für GOL…

Carola von AIESEC Rio und ein anderer AIESECer holten mich dann am Hotel ab und wir fuhren zwei Hostels an, die ich in meinem Reiseführer gefunden und vom Hotel aus bereits angerufen hatte. Carola hatte keinen Erfolg damit gehabt, mich bei einem AIESECer unterzubringen und auch kein Hostel organisiert, wobei ich mir auch nicht sicher, wie sehr sie sich dafür ins Zeug gelegt hatte. Im zweiten Hostel in Copacabana checkte ich dann gleich ein und wir gingen anschließend erstmal etwas essen. Wegen dieser ganzen Odysee hatte ich kein Frühstück gehabt und seit dem von GOL finanzierten Abendessen nichts richtiges gegessen. Danach ruhte ich mich für ein paar Stunden im Hostel aus und traf mich Abends mit Sabrina, einer AIESECerin, die 6 Jahre in Deutschland verbracht hatte. Später stieß auch Carola noch dazu.

Der Heimweg spät in der Nacht wurde dann zumindest für Sabrina noch eine kleine Odysee, da keine Busse mehr zu ihr nach Hause fuhren. Das ist schon irgendwie erstaunlich: In einer Weltmetropole wie Rio würde man ja erwarten, dass es durchgängig öffentliche Transportmittel gibt. Weit gefehlt – ab Mitternacht wird es hier schon sehr eng, zumal nicht alle Verbindungen aufgrund des Sicherheitsproblems eine Option waren.

Jedenfalls lieferten wir Sabrina nach einigem Hin- und Her bei einem Freund ab. Allein konnte oder wollte sie aus Sicherheitsgründen nicht dorthin gehen. Ich bekam so schon in der ersten Nacht einen Eindruck von der allgegenwärtigen Sicherheitsproblematik in Rio de Janeiro. Später sollte ich damit aber noch tiefgreifendere Erfahrungen machen… (Da ich diesen Blogeintrag ja im Nachhinein schreibe konnte ich mir diesen vorgreifenden Kommentar nicht verkneifen.)

Nachdem Sabrina also untergebracht war, ging es für uns auch endlich zurück zur Copacabana. Die Wahl des Hostels schien schon aus Infrastruktur-Gründen sehr gut gewesen zu sein. Zwischen Ipanema und Copacobana fahren auch später in der Nacht noch Busse oder Vans.