Nachdem wir uns gestern von Jan und Elena verabschiedet haben, sind wir inzwischen auf dem Weg nach Ottawa, der Hauptstadt Canadas und unserer ersten größeren Stadt nach Toronto. Übernachtet haben wir noch ein letztes Mal im Algonquin Park auf einem Campingplatz am Tea Lake. Von dort fahren wir an diesem Morgen in östlicher Richtung weiter durch den Park. Unterwegs halten wir noch zwei Mal und laufen jeweils einen kurzen Pfad, an deren Beginn es liebevoll gestaltete Flyer mit Informationen über die Flora und Fauna der Region gibt. Jeder Pfad ist einem bestimmten Thema gewidmet. Den ersten suchen wir uns wegen der Aussicht auf den Park von einer Klippe aus heraus, den zweiten wegen der im Reiseführer versprochenen Informationen über die im Algonquin Park lebenden Biber. Beide Pfade sind sehr interessant und wir können noch etwas mehr über den Park und seine Natur lernen.
Dann verlassen wir den Algonquin Park endgültig und machen uns auf den Weg in Canadas Hauptstadt. Bereits unterwegs fallen mir wieder die Flaggen auf, die fast überall auf Halbmast gehisst sind. Bisher konnte ich jedoch noch nicht herausfinden, warum. Entsprechende Fragen nach dem Grund sollten später noch für einige Belustigung sorgen…
Die Fahrt nach Ottawa verläuft bis auf ein Erlebnis weitestgehend ereignislos. Kurz vor der Stadt haben wir mitten auf dem Highway eine interessante Begegnung. Wir hatten zuvor schon mehrfach einen dieser gigantischen Tanklastwagen überholt, der kurz darauf immer wieder erneut an uns vorbei gezogen war. Wir hatten uns sogar noch diesen Monstertruck bewundert, weil solche Geschosse aus Deutschland einfach unbekannt sind. Jedenfalls muss dieser Truck an einer Ampel hinter uns halten und plötzlich steht der Fahrer vor unserem Fahrerfenster und schimpft wie ein Rohrspatz auf meinen Vater ein: “Get the fuck out of my fucking way! I’ll ramm you, if necessary!” Zuerst verstehen wir alle nicht, was er von uns will und als es uns klar wird, müssen wir einfach nur lachen. Vor allem, weil der Typ noch dazu ein sehr crazy Aussehen hatte: Kaum Haare auf dem Kopf und nur etwa 1 1/2 Zähne im Mund. Eine wirklich “irreale” Begegnung :-)…
Auf dem Campingplatz angekommen, checken wir gleich ein und haben dabei noch eine weitere interessante Begegnung: Der Manager des Campingplatzes ist ein älterer Herr, der mit dem ersten Eindruck sofort absolute Kontrolle vermittelt. Es ist unmittelbar klar, dass er alles mitbekommen würde, was auf dem Platz passiert. Wir fragen ihn nach der besten Möglichkeit, mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Stadt zu kommen und nachdem er mir verschiedene Möglichkeiten erklärt hatte, fragt er mich mit einem entsprechenden Blick, ob ich es mir aufschreiben wolle. Vermutlich habe ich bei der Erklärung so skeptisch geschaut, dass er im Stillen dachte “Oh that guy won’t remember it anyway!”.
Nachdem wir unseren RV abgestellt und dabei kurz Bekanntschaft mit einem Indianer als Nachbarn gemacht haben (Indianer leben hier in Canada häufig vergleichbar wie unsere Zigeuner), machen wir uns gleich auf den Weg in die Stadt. Natürlich kann ich mich nicht mehr genau an die detaillierten Anweisungen unseres “Campingplatz-Opas” erinnern und deshalb fragen wir erstmal einen Passanten nach der nächsten Bushaltestelle. Nach seinen Anweisungen laufen wir weiter und finden wenig später tatsächlich so etwas wie eine Haltestelle. Allerdings müssen wir feststellen, dass alle Busse, die dort vorbei kommen als “Out of service” gekennzeichnet sind. Also fragen wir erneut einen der Busfahrer und folgen den neuen Anweisungen zurück zur Hauptstraße. Dort besteht die Haltestelle aus einem schlichten Schild auf dem Grünstreifen neben der Straße. Keine Häuschen, keine Haltebucht, nichts – nur ein schlichtes Schild und fertig. Besonders vertrauenserweckend kommt uns die Sache nicht vor, zumal wir auf dem Weg hierher keinen Bus auf dieser Straße hatten fahren sehen. Nach kurzer Ratlosigkeit, halten wir einfach ein Taxi an und lassen uns in die Stadt fahren.
Im Taxi erleben wir zum dritten Mal an diesem Tag etwas kurioses: Ich frage den Taxifahrer, ob er wisse, warum alle Flaggen auf Halbmast gehisst sind. Zunächst reagiert er sehr unwissend, meint dann aber, dass das Parlament derzeit in Ferien sei, was einer der Gründe sein könne ;-). Besonders verglichen mit dem tatsächlichen, tragischen Grund, den wir später bzw. am nächsten Tag noch in vollem Umfang erfahren sollten, ist diese Auskunft doch sehr crazy und sorgt für einige Belustigung bei uns.
Ottawa gefällt uns auf Anhieb sehr gut. Wir streunen ein wenig durch die Stadt und tauchen einfach in ihre Atmosphäre und Lebhaftigkeit ein. Besonders das gigantische Parlamentsgebäude, das beinahe eine Kopie des Londoner House of Parliaments sein könnte, gefällt uns sehr gut. Gerade in der Dämmerung gelingen mir tolle Fotos und ich freue mich schon, am nächsten Tag das Gebäude von innen zu sehen. Außerdem bin ich sehr gespannt auf die “Change of the guards” die wir uns morgen unbedingt anschauen wollen.
Nachdem wir einige Zeit durch die Stadt und um die Parlamentsgebäude gestreunt sind, nehmen wir den Bus zurück zum Campingplatz. Dieser ist auch nochmal ca. eine 3/4 Stunde unterwegs, so dass wir erst recht spät wieder bei unserem RV ankommen.