Musik-Festival

Zum Frühstück trafen wir uns wieder mit “Tata” und “Rebe”. Nach kurzer Planung stand für Julian und mich schnell das Programm für diesen Tag fest: Zuerst wollten wir zum Museo Naval, einem recht interessanten und sehr umfangreichen Museum für Schifffahrt. Dort waren hauptsächlich Modelle von Schiffen, Navigationsgeräte und andere Gegenstände aus der Blütezeit der spanischen Armada ausgestellt. Für mich als Segelbegeisterten war das natürlich besonders interessant, vor allem bei den vielen sehr detailgetreuen Modellen. Nach diesem ersten Museumsbesuch chillten wir ein wenig im Parque del Buen Retiro. Der Vortrag hatte doch ein wenig seine Spuren hinterlassen und der Billigwein bescherte mir den Tag über Kopfschmerzen :-(.

Zu Mittagessen gab’s Bocadillos im Park und anschließend wollte Julian ins Museo Thyssen-Bornemisza, während ich den Botanischen Garten vorzog. Später kam er dann aber nach, weil er seine Ausweise vergessen hatte und es dann zu knapp fürs Museum gewesen wäre. Der Botanische Garten gefiel mir sehr gut. Er war ziemlich groß und sehr schön gepflegt und hergerichtet. Sogar einen kleinen Bonsai-Bereich gab es mit den größten Bonsai-Bäumchen, die ich bisher gesehen habe.

Am frühen Abend wollten wir uns wieder mit unseren beiden Mädels treffen, um zusammen den weltberühmten Prado zu besichtigen. Die beiden bekamen das allerdings nicht auf die Reihe, wiesen uns dafür aber darauf hin, dass überall in der Stadt musikalische Events im Rahmen eines Festivals stattfanden. Damit war das Abendprogramm festgelegt, für das wir bisher noch keine genauen Pläne gehabt hatten.

Die Ausstellung im Prado hat mich jetzt nicht so sehr vom Hocker gehauen. Für bildende Kunst habe ich einfach nicht besonders viel übrig. Beeindruckend waren die aus kleinen Steinplittern zusammengesetzen Bilder im Untergeschoss allerdings schon. Julian war insgesamt glaube ich ganz begeistert, da er sich deutlich mehr für Kunst interessiert. Auch die wieder aufgegriffene Diskussion vom Vormittag, wie sehr man sich auf “neue Dinge” (in diesem Fall eben die bildende Kunst) einlassen können sollte, um so evtl. eine schlummernde Begeisterung zu entdecken änderte an meinem Interesse nicht wirklich viel. Ich finde einfach nicht den Zugang zur bildenden Kunst wie ihn Julian zu haben scheint und habe dann auch nicht das Gefühl, etwas verpasst zu haben, wenn ich ein Museum oder einige Bilder nicht gesehen habe. Interessen sind eben verschieden, was ja auch gut so ist.

Nach dem Besuch im Prado holten wir uns in einer Touristeninfo Informationen über dieses Musik-Festival. Außerdem erfuhren wir dort von einem Theater in dem Flamenco Shows zu erschwinglichen Preisen gezeigt wurden. Bei einem Abendessen (typisch madrilenische Croquetas) suchten wir uns aus dem Programm des Festivals einige Veranstaltungen heraus, die wir der Reihe nach besuchen wollten.

Beim ersten Schauplatz angekommen war die Show allerdings bereits vorbei. Das Gebäude (Caixa Forum), in dem sie stattgefunden hatte war dafür sehr beeindruckend: Ein modern gehaltener Komplex mit absichtlich auf rostig getrimmten Stahlplatten an der Fassade und einer vollständig bewachsenen Seitenwand.

Ein wenig enttäuscht, dass wir dieses Event verpasst hatten, machten wir uns sofort auf zum nächsten Ziel. Nach ein wenig Suchen und mehrfachem Nachfragen (das ging auf Spanisch schon ganz gut), hatten wir das Instituto Francés dann gefunden. Im Innenhof war eine Bühen aufgebaut, auf der eine Gruppe elektronisch unterstützte Musik mit afrikanischen Rhythmen machte. Uns gefiel die Musik beiden sehr gut, wenn sie auch ein wenig außergewöhnlich war. Wenig später hatten wir sogar einen idealen Sitzplatz ergattert mit freiem Blick auf die Bühne.

Weil wir noch eine andere Darbietung auf dem Plaza Oriente sehen wollten, machten wir uns nach einer Weile wieder auf. Wieder mit der Metro quer durch die Stadt. Auch dort war direkt vor dem Palacio Real eine Freilichtbühne aufgebaut. Als wir ankamen war gerade Pause, aber wenig später gings weiter mit jiddischer Musik (instrumental + Gesang). Julian war v.a. von der Sängering total begeistert und er hatte Recht: Sie hatte eine tolle Stimme. Die Musik als Ganzes hat mich selbst zwar weniger angesprochen, was mich aber faszinierte war die Kombination der jiddischen, eher ernsteren Texte mit Tango-Rhytmen. Mir war vorher nicht bewusst, dass der europäische Tango auch im jüdischen Kulturkreis verbreitet war oder zumindest starken Einfluss auf Teile seiner Musik genommen hat.

Am Ende der Darbietung wechselten wir noch ein paar Worte mit der Sängerin und machten uns dann erneut auf den Weg nach Chueca, um es noch einmal bei Lenas Bar zu versuchen, bei der wir früher am Abend vor verschlossener Tür gestanden waren. Einmal mehr Parallelen zu meinen Erlebnissen mit Latinos in Brasilien: Lena hatte uns zwar gesagt, dass sie um 21 Uhr aufmache, aber die Uhren ticken hier in Madrid eben auch anders. Beim zweiten Versuch hatten wir aber Glück und auch Lena selbst war da. So unterhielten wir uns bei einem hervorragenden Cocktail noch ein wenig mit ihr über Joaquín Sabina und ihren Job bei ihm bzw. die Umstände, wie sie zu diesem gekommen war.

So gegen halb 3 Uhr machten wir uns mit dem Taxi auf den Rückweg zum Hostel. Und Tatsache: Wir standen dabei für kurze Zeit im Stau – um halb 3 uhr in der Nacht!!!