Tag 2: Toronto

Wir treffen uns um 9:00 Uhr und ziehen typisch amerikanisch erstmal los, mit dem Ziel unterwegs zu frühstücken. Das setzen wir dann auf dem St. Lawrence Market auch gleich in die Tat um. Der Markt selbst erinnert mich stark an die Mercados Publicos, die zu jeder Stadt in Brasilien einfach dazu gehörten. Interessant ist hier der Vergleich des Marktes mit seiner Umgebung, einer 3-Millionen Metropole: Auf der einen Seite Protz und Seifenspender mit Desinfektionsmittel für die Hände an jeder Ecke, auf der anderen einfachste hygienische Verhältnisse an den Ständen des Marktes, die in Deutschland vermutlich sofort den Lebensmittelkontrolldienst auf den Plan gerufen hätten.

In der Nähe des St. Lawrence Markets entdecken wir mehr durch Zufall das Iron Flat House, das vor den hypermodernen Wolkenkratzern im Hintergrund ein skurriles Bild abgibt. Nach dem Frühstück schlendern wir weiter durch die Stadt und schauen uns die Union Station, den Bahnhof Torontos an. Von hier aus fahren die wenigen Züge in die unendlichen Weiten Canadas ab. Gegenüber des Bahnhofs werfen wir einen Blick in die Lobby des riesigen Royal York Hotels bevor uns unser Stadtbummel an der Royal Bank of Canada vorbei führt, die in einem der Wolkenkratzer untergebracht ist. Aus klimatischen Gründen sind sämtliche Fenster der Stahl-und-Glas-Konstruktion mit Gold überzogen. Ein weiteres gigantisches Gebäude ist das Eaton Center, eine der vielen riesigen Shoppingmalls Nordamerikas. Hier halten wir uns nur kurz auf, denn zum Shoppen fehlt uns leider die Zeit. Vor dem Eingang zur Mall bewundern wir Elvis Presley – bzw. eine Kopie von ihm: Ein Straßenkünstler im entsprechenden Outfitt tanzt nach einer ausreichenden Spende im Elvis Stil und verharrt anschließend wieder wie eine Statue in absoluter Bewegungslosigkeit.

Im Anschluss an die Mall, gehen wir am alten und neuen Rathaus (City Hall) vorbei. Letzteres liegt in einem kleinen Park mit Springbrunnen und gibt ein sehr schönes Fotomotiv ab. Hier legen wir eine kleine Rast ein, bevor wir weiterziehen nach Chinatown. Dort preisen uns Jan und Elena ein Überraschungsgetränk namens Bubble Tea an. Und eine Überraschung ist das Zeug wirklich: Es besteht aus einer Art Iced Tea verschiedener Sorten, in den schwarze Bubbles mit einer etwas seltsamen Konsistenz gemischt werden. Das Ganze wird typisch amerikanisch mit einem überdimensionalen Strohhalm aus einem Plastikbecher getrunken. Durch erstern flutschen die Bubbles richtig in den Mund. Anfangs erinnern sie mich stark an chinesische Reisknödel. Jan und Elena meinen, dass es sich um so etwas ähnliches wie Gummibärchen handelt. Später auf unsere Reise erfahre ich, dass sie wohl aus Tapioka gemacht werden. Jedenfalls gibt einem das Getränk im Anschluss das Gefühl, man sei mit Luft vollgepumpt worden. Lustig zum Ausprobieren ist es aber alle Mal.

Von Chinatown selbst sind wir zunächst etwas enttäuscht. Mit jener in New York oder San Francisco kann sie definitiv nicht mithalten. Nach ein wenig Suchen entdecken wir allerdings ein Viertel, das sich offensichtlich hinter der Bezeichnung Kensington Market versteckt. Hier bewundern wir einige sehr schön hergerichtete Häuser, die neben chinesischen Restaurants und Geschäften auch viel indische Kultur beherbergen.

Anschließend beschließen wir auf der Suche nach etwas zu Essen in Richtung Hafen zu gehen. Kurz darauf kehren wir in einen kleinen Pub namens “Crab Shack” ein, wo es u.a. Chicken Breast mit Pommes Frites gibt. Nach dem Essen und einem kurzen Stopp im Hotel zur Kontaktaufnahme mit unserem RV-Vercharterer, gehen wir weiter zum Hafen. Dort buchen wir gleich eine Bootsfahrt und legen nach einer kurzen Wartezeit auch schon ab.

Die Fahrt führt uns durch die vor der Stadt liegenden Toronto Islands, vorbei an dem kleinen City Airport, für den die Flugzeuge im Landeanflug sehr tief über der Bucht einfliegen. Die Toronto Islands bestehen aus mehreren kleinen Inseln, die von der Stadt aus nur mit dem Boot erreichbar sind. Es gibt dort einige Häuser und einen Yachtclub. Ob ich dort allerdings wohnen wollte, bezweifle ich, denn die letzte Fähre am Abend fährt um 22:30 Uhr. Besonders schön ist der Blick auf die Skyline der Metropole Toronto vom Boot aus. Erst von hier kann man das wirkliche Ausmaß der Stadt mit ihren riesigen Wolkenkratzern erfassen.

Im Anschluss an die Tour gehen wir direkt weiter zum CN-Tower. Jan und Elena hatten als Überraschung bereits im Vorfeld einen Tisch im Dreh-Restaurant reserviert. Vor der Fahrt hinauf muss jeder durch eine Schleuse, in der aus verschiedenen Richtungen Druckluftstöße blaßen. Angeblich wird hier nach Waffen bzw. Sprengstoff gesucht. Wie das allerdings genau funktionieren soll, ist mir ein Rätsel.

Im Restaurant, das sich in der Stunde einmal um 360 Grad dreht, essen wir sehr gut. Besonders zusammen mit der tollen Aussicht auf die Stadt unter uns, ist das ein ziemlich einmaliges Erlebnis. Nach dem Essen gehen wir noch hinunter zur Aussichtsplattform unterhalb des Restaurants. Von hier oben, auf ca. 346 Meter Höhe, haben wir einen grandiosen Überblick über die Stadt. Außerdem gibt es an einer Stelle einen Glasboden, auf dem man praktisch über dem Abgrund “schwebend” stehen kann. Aber damit nicht genug: Mit dem Aufzug fahren wir sogar noch höher auf das ca. 447 Meter Höhe liegende Skypod. Besonders schön ist es, das Aufflammen der vielen Lichter in der Stadt unter uns zu beobachten. Als es richtig dunkel ist, tobe ich mich noch eine ganze Weile mit meiner Kamera aus. Dabei schwöre ich mir, auf dieser Reise mein Stativ in Zukunft immer griffbereit zu haben. Die anderen gehen inzwischen schon zum Hotel zurück, während ich bestimmt noch eine Stunde lang herum experimentiere. Irgendwann muss aber auch ich aufhören, damit es nicht allzu spät wird. In der Hoffnung, einige tolle Bilder hinbekommen zu haben, fahre ich hinunter und gehe ebenfalls zum Hotel zurück. Damit endet ein anstrengender, aber sehr erlebnisreicher Tag in der Millionen-Metropole Toronto.