Der heutige Tag ist ein reiner Transfer-Tag. Von Waterloo aus fahren wir zusammen mit Jan und Elena in den Algonquin Park, wo wir ab morgen eine 3-tägige Kanutour mit Camping in der Wildnis gebucht haben. Nach der Besichtigung der durchaus hektischen Metropole Toronto freuen wir uns alle auf etwas mehr Ruhe und die Abgeschiedenheit von der Zivilisation.
Wir treffen uns früh am Morgen mit Jan und Elena und gehen in Waterloo noch kurz einkaufen. Zum Frühstück fahren wir bei einem Williams Pub vorbei, der dem berühmten kanadischen Tim Hortons sehr ähnlich ist. Einmal mehr werden wir beim Bestellen unseres Frühstücks mit der schier endlosen Vielfalt der Auswahlmöglichkeiten und der trotz aller Freundlichkeit hektischen Bedienung konfrontiert, die so typisch für Nordamerika ist.
Trotz Stärkung und zwei Navis verfahren wir uns auf dem weiteren Weg in Richtung Algonquin Park ein wenig und kommen durch sehr ländliches, abgeschiedenes Gebiet. Hier leben auch die Mennoniten, eine Bevölkerungsgruppe Canadas, die ähnlich wie die Amish in den USA sehr einfach leben und sich mehr oder weniger dem technischen Fortschritt verweigern. Auf dem St. Jackobs Farmers Market in Waterloo waren wir bereits auf sie gestoßen. Frauen in typischen Trachten hatten dort ihre Waren angeboten.
Auf der restlichen Fahrt in den Algonquin Park schrotten wir beide 12 Volt Steckdosen im Cockpit unseres RVs und halten deshalb an einer Tankstelle, um dort die Sicherungen überprüfen zu lassen. Ohne Strom kein Navi und ohne Navi heutzutage kein Autofahren mehr :-). Der Besitzer der Tankstelle ist äußerst freundlich und nimmt sich unheimlich viel Zeit, um nach dem Fehler zu suchen – ganz nach der Art der Leute hier, die sich intensiv für alles zu interessieren scheinen und eine unheimliche Hilfsbereitschaft mitbringen. Leider kann er uns jedoch nicht wirklich weiter helfen und auch ein Anruf bei der Hotline unseres Vermieters führt nicht zum Erfolg. Statt dessen schaffen es unsere beiden Frauen, die eine, herausgebrochene Steckdose wieder notdürftig zu flicken, womit wir zumindest unser Navi wieder betreiben können. Und weiter geht die Fahrt in Richtung Algonquin Park. Nur wenige Meter später stellen wir fest, dass nun sämtliche Amaturen im RV ausgefallen sind. Also fahren wir die restliche Strecke ohne Tacho, Drehzahlmesser, Tankanzeige, etc. weiter. Zwei Tage zuvor war dieser Fehler bereits an Jans “neuem” Auto aufgetreten.
Gegen 16:00 Uhr erreichen wir die Basis von Algonquin Outfitters und bekommen sofort eine kurze Einführung in das Equipment, das uns für die Kanutour hergerichtet worden war. In einem der Hinterräume des ganz im Outdoor-Stil eingerichteten Hauses liegt auf einem großen Tisch alles ausgebreitet. Auf den ersten Blick stellen wir uns glaube ich im Stillen alle dieselbe Frage: Wollen wir 3 Tage oder 3 Wochen in der Wildnis überleben? Es ist einfach unglaublich, was alles an Ausrüstung für uns bereits liegt. Vom Zelt über die self-inflating Isomatte und den Schlafsäcken, bis zu aufklappbaren Sitzpolstern mit Rückenlehne. Auch die Lebensmittel wirken für einen 3-tägigen Trip in die Wildnis sehr umfangreich. Alles natürlich auf möglichst wenig Gewicht und Volumen getrimmt. So sind Nudeln in der Trekking-Fertigpackung dabei und Säfte bzw. Iced Tea gibt es als Granulat zum Aufgiesen. John von Algonquin Outfitters erklärt uns jeden einzelnen Ausrüstungsgegenstand und die eingeplanten Essensrationen. Zusammenpacken werden wir alles erst am nächsten Morgen, wenn wir auch die Kanus ausgehändigt bekommen und unsere Tour beginnt. Von der ursprünglich gebuchten Paddel-Einweisung ist hier an Ort und Stelle keine Rede mehr. Ich kann nicht sagen, ob das an unserer recht späten Ankunft nur ca. eine Stunde vor Ladenschluss liegt oder ob es andere Gründe dafür gibt. Jedenfalls ist die Einweisung nach etwa einer 3/4 Stunde erledigt und wir dürfen unseren RV und Jans Auto für die Nacht am See vor dem Haus von Algonquin Outfitters abstellen.
Den restlichen Tag verbringen wir mit Baden. Mein Vater versucht mit Jan und Elena, den Fehler mit dem Tacho an Jans “neuem” Auto zu beheben. Dafür fahren sie “noch schnell” in das ca. 45 km entfernte Huntsville auf der Suche nach passenden Sicherungen. Entfernungen haben hier in Canada eben eine ganz andere Bedeutung als bei uns in Deutschland. Am Abend grillen wir alle zusammen und genießen unser letztes “normales” Abendessen vor unserem Trip in die Wildnis. Dabei machen wir auch gleich intensive Bekanntschaft mit den allgegenwärtigen Mosquitos, die uns während unserer Kanutour noch schwer verfolgen sollten…