Ab in die Wildnis… (Teil 2)

Wie versprochen folgt hier nun endlich der zweite Teil meines Berichts über unseren 5-tägigen Kurzurlaub auf der Ilha do Mel und im Parque Nacional Superagüi. In den letzten Tagen hatte ich meist keine Zeit, um diesen Bericht fertig zu schreiben und diese Woche funktionierte das Internet in meinem Apartment nicht :-(.

Für Freitag hatten wir mit Dalton, dem Besitzer unserer Unterkunft auf der “Ilha Superagüi” vereinbart, dass er uns um 10:30 Uhr mit seinem Boot auf der Ilha do Mel abholen würde. Die Ilha Supergüi gehört zum Parque Nacional Superagüi, zu dem außerdem noch die “Ilha das Peças”, “Ilha do Pinheiro” und “Ilha Pinheirinho” gehören. Die letzten beiden dürfen nicht betreten werden. Der Park ist ein wenig schwierig zu erreichen, weshalb wir uns auf den “Lonely Planet” Reiseführer verlassen und bereits von Florianópolis aus diesen “Fahrdienst” organisiert hatten. Leider hatten wir uns allerdings nicht ausdrücklich nach dem Preis erkundigt und so erlebten wir eine kleine Überraschung als wir von unserer Unterkunft auf der Ilha do Mel aus mit Dalton telefonierten: Er wollte für die Fahrt von der Ilha do Mel zur Ilha Superagüi und am Sonntag weiter nach Paranaguá tatsächlich 100 Reais pro Person. Wie wir später erfuhren, hätten wir zwar über Paranaguá günstiger auf die Ilha Superagüi kommen können, was allerdings mehrere Stunden gedauert hätte. Da wir unsere Zeit aber nicht mit Bootfahren verplempern wollten, akzeptierten wir Daltons Angebot.

Bei der Abreise von der “Pousada das Meninas” gab es dann noch eine weitere Überraschung: Obwohl ich am Telefon mehrfach nach dem Preis gefragt hatte, wollte die Besitzerin nun plötzlich 50 R$ pro Person statt wie angekündigt 25 R$. Das sind eben die kleinen Missverständnisse aufgrund der “sprachlichen Schwierigkeiten”, die sich wohl nie ganz vermeiden lassen und einen für das nächste Mal nur schlauer machen…

Nachdem wir also gezahlt und einige Schwierigkeiten mit der Kreditkarte überwunden hatten (wie immer die moderne Technik…), machten wir uns auf zum “Praia do Farol”, wo uns Dalton mit seinem Boot abholen wollte. Nach ein wenig Suchen (wir waren vergebens bis zum Leuchtturm gelaufen, da sich laut Karte der “Praia do Farol” eher dort befindet) hatten wir ihn bzw. seinen Gehilfen dann auch gefunden. Unser Transportmittel war ein offenes Aluminiumboot mit 40-PS Außenborder und so ging es in rasanter Fahrt in etwa 20 Minuten zur “Ilha Superagüi”.

Dort angekommen checkten wir erstmal in unserer Pousada ein und stellten auch hier fest, dass eine Reservierung nicht wirklich notwendig gewesen war. Ein vorsichtiges Nachfragen ergab jedoch, dass der Preis in diesem Fall mit dem übereinstimmte, den ich am Telefon in Erfahrung gebracht hatte. Hier schien also alles in Ordnung zu sein. Wenige Minuten später bekamen wir schon eine Bootsfahrt zur Papageien-Insel “Ilha do Pinheiro” angeboten. Der Preis war allerdings recht hoch und so verschoben wir die Entscheidung erstmal auf später. Wir wollten zunächst den “Trilha” auf der Insel ablaufen, um ein wenig die Umgebung zu erkunden. Zuvor wurden wir allerdings beinahe dazu “gezwungen”, in dem scheinbar einzigen Restaurant auf der Insel eine Vorbestellung für ein Mittagessen zu machen.

Der offizielle Weg führte ein wenig ins Hinterland der Insel und dort mehr oder weniger durch den niedrigen “Mata Atlântica”. Unterwegs mussten wir uns eine kleine Brücke über einen Bach bauen, dessen sehr dunkles, stehendes Wasser wir mit den Warnungen des Tropeninstituts im Hinterkopf lieber vermeiden wollten (siehe Foto). Nach einiger Zeit kamen wir an einem endlos langen, völlig einsamen Strand heraus, der wohl zum Praia Deserta gehörte. Da wir für unsere Bestellung im Restaurant schon recht spät dran waren, machten wir uns auch gleich auf den Rückweg am Strand entlang und erreichten nach einiger Zeit auch wieder das Dorf. Es war eine lohnende Kurzwanderung gewesen, auf der wir ein wenig mehr von der Insel sehen konnten als nur den Strand und die kleine Ortschaft, die direkt am Strand lag.

Nach dem recht üppigen und gutem Mittagessen starteten wir in die Preisverhandlungen mit Daltons Gehilfen für die mögliche Bootsfahrt zur Papageien-Insel. Schließlich einigten wir uns auf eine Fahrt mit einem “Holzboot” (“barco de madeira”) statt mit Daltons “Flitzer” für 100 Reais für uns beide. Wenig später stellte sich heraus, dass Daltons Gehilfe sein eigenes Fischerboot gemeint hatte und mit der Fahrt entgegen der Abmachung mit seinem Boss in die eigene Tasche wirtschaftete. Im Gegenzug waren wir dazu aufgefordert Stillschweigen über die Fahrt zu bewahren – die Brasilianer sind einfach immer wieder für eine Überraschung gut ;-)…

Wenig später tuckerten wir dann auch los. Der erste Stopp sollte uns zu einer alten, heute verlassenen Indianer-Siedlung führen. Ich hatte gelesen, dass es irgendwo im Norden der Insel noch eine Siedlung geben sollte, in der heute noch Nachfahren der Ureinwohner leben. Davon wusste Daltons Gehilfe und andere Dorfbewohner, die wir fragten, aber nichts. Irgendwo auf halber Strecke zur “Ilha do Pinheiro” steuerten wir dann das Ufer an. Beim Aussteigen aus dem Boot ins etwa kniehohe Wasser sanken wir bis weit über die Knöchel im schlammigen Meeresboden ein, was ein recht unangenehmes Gefühl war. Deshalb wateten wir auch so schnell wie möglich an Land und retteten uns in unsere Schuhe. Anschließend ging es mit Daltons Gehilfe als Führer in einem ganz schön rasanten Tempo quer durch den Urwald auf eine Anhöhe hinauf. Es war einfach irre, wie er barfuß (!!!) vor uns herging – ja fast sogar rannte – so dass wir sogar mit Schuhen fast nicht hinterher kamen. Auf der Anhöhe standen ein einzelnes Haus aus Lehm und ein paar Ruinen, die uns als eine verlassene Indianer-Siedlung präsentiert wurden. Ob das nun stimmte oder nicht, kann ich nicht überprüfen, aber zumindest hatten wir von hier oben eine grandiose Aussicht über den Regenwald (oder besser den Mata Atlântica) der Insel. Und der kleine “Sprint durch den Dschungel” war bereits ein Abenteuer für sich gewesen ;-).

Wir hielten uns hier oben ein wenig auf und bekamen sogar von Daltons Gehilfen noch frisch geerntete Guiaba serviert, die viel besser schmeckten als die vom Markt in Floripa. Anschließend ging es auf demselben Weg durch den Dschungel zurück zum Boot – und natürlich wieder in rasantem Tempo.

Das zweite Ziel der Bootsfahrt war schließlich die “Ilha do Pinheiro”, die nicht betreten werden darf und auf der man angeblich vom Boot aus Papageien beobachten konnte. Wir umrundeten diese Insel und sahen tatsächlich einige große Vögel über der Insel kreisen, die man für Papageien halten konnte. Um sicher zu sein, waren wir aber viel zu weit weg und verglichen mit unserem Erlebnis im “Parque das Aves” in Foz do Iguaçu war das nichts. Aber natürlich ist es auch etwas anderes, diese faszinierenden Vögel in freier Natur zu sehen. Hier setzten sie sich jedenfalls nicht freiwillig auf unsere Schultern ;-)…

Nach der Umrundung der Insel ging es zurück in Richtung Dorf und auf dem Rückweg erlebten wir noch einen recht schönen Sonnenuntergang vom Boot aus (siehe Fotos), der über den sehr flachen Inseln des “Parque Nacional Superagüi” eine sehr schöne Stimmung erzeugte.

Zurück in unserer Unterkunft lernten wir Ulli (eigentlich Ulrike) aus Deutschland kennen, die gerade auf Reise durch Brasilien und am Nachmittag auf der Insel angekommen war. Wir weihten sie in unsere Pläne ein, am Strand außerhalb des Dorfs ein kleines Lagerfeuer zu machen und so den Tag ausklingen zu lassen. Die nötigen Utensilien und ein paar Lebensmittel für ein spartanisches Abendessen hatten Zarko und ich bereits nach unserer Rückkehr von der Bootsfahrt eingekauft und so machten wir uns kurz darauf auf den Weg. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten (ja, Feuermachen kann für Gringos ganz schön schwierig sein *g*) hatten wir auch ein schönes Lagerfeuer hinbekommen und genossen die Ruhe, das Meer uns unser Abendessen. Es war so schön, dass wir erst irgendwann gegen 2 Uhr nachts zu unserer Pousada zurückkehrten.

Nachdem wir inzwischen ein wenig geschockt über die Preise der Bootsfahren waren, überlegten Zarko und ich uns, am nächsten Tag lieber ans Festland zurück zu kehren und dort noch ein paar Dinge anzuschauen. Allerdings war auch das nicht so einfach, da es keinen offiziellen Fährverkehr zwischen dem Festland und dem “Parque Nacional Superagüi” gab. Wir saßen also quasi auf der Insel fest und waren auf Mitfahrgelegenheiten angewiesen. Zwar hatte uns der Wirt im Restaurant am Freitag Nachmittag Hoffnung auf eine günstigere Möglichkeit gemacht, sicher war da nach brasilianischem Standard aber gar nichts. Am nächsten Morgen stellte sich dann auch heraus, dass diese Mitfahrgelegenheit nicht wirklich existierte und so entschlossen wir uns, auf die Rückkehr von Dalton am späten Vormittag zu warten, um mit ihm mögliche Alternativen zu checken.

Einige Zeit später kam er dann auch mit einem französischen Paar aus Curitiba, die ihre Fahrräder mitgebracht hatten und auf diese Weise die Insel erkunden wollten. Wir erkundigten uns nach möglichen Alternativen und bekamen eine weitere Bootsfahrt ganz in den Norden der “Ilha Superagüi” mit mehreren Zwischenstopps angeboten. Natürlich fanden erstmal die notwendigen Preisverhandlungen statt, aber wenig später entschieden wir uns, das Angebot anzunehmen. Ulli und die beiden Franzosen wollten uns begleiten, was den Preis von 100 R$ pro Person aber natürlich nicht drückte ;-)…

Diesmal war unser Transportmittel Daltons “Flitzer” und etwa eine Stunde später ging es auch schon los. Den ersten Zwischenstopp legten wir bereits nach kurzer Zeit bei einer kleinen Siedlung ein, in der Dalton ein Mittagessen bei Bekannten organisiert hatte. Zuvor erkundeten wir alle zusammen zu Fuß ein wenig die Umgebung der Siedlung. Es war unglaublich zu sehen, wie spartanisch die Leute hier wohnten: Wasser aus Zisternen, Strom von Solarpanels und Batterien – aber natürlich die obligatorische überdimensionale Sat-Schüssel für die in Brasilien scheinbar lebensnotwendige TV-Verbindung zur Außenwelt ;-).

Das Mittagessen bestand aus reichlich Reis, Bohnen, Fisch, Shrimps, Austern und Salat und war sehr gut! Die Austern habe ich allerdings als einziger nicht probiert, da mich der Anblick irgendwie schon abschreckt. Wir verbrachten einige Zeit mit Essen und unterhielten uns mit Ulli und den beiden Franzosen. Anschließend ging es zurück zum Boot und weiter in die “Kanäle” (schmale Wasserstraßen zwischen den Inseln), die in den Norden der “Ilha Superagüi” führten. Zwischendurch erinnerte mich die Umgebung an die Bilder vom Amazonas, die ich in zahlreichen TV-Dokumentationen bereits gesehen habe. Exotische Tiere haben wir aber leider keine gesehen. Dafür war es wohl viel zu heiß, so dass die sich lieber irgendwo im Wald versteckten.

Den nächsten Zwischenstopp legten wir bei einer alten, inzwischen verlassenen Siedlung (“Ciudad Fantasma” oder so ähnlich) ein. Es war irgendwie interessant, diese Geisterstadt zu sehen. Die Kirche schien noch recht gut in Schuss gehalten zu sein und weiter im Hintergrund schien jemand ein neues Haus zu bauen. Irgendwie wirkte das Ganze so als ob die Siedlung wiederbelebt werden sollte. Wir hielten uns hier etwas auf und wanderten von der Siedlung aus ein kleines Stück durch den Wald ins Hinterland. Später fand Dalton einen Baum mit Guiaba, von denen vor allem Ulli und die Franzosen einige ernteten.

Dann ging es weiter die inzwischen immer enger werdende Wasserstraße hinauf. Wir passierten eine weitere Siedlung, die recht belebt zu sein schien. Trotz allem war es beeindruckend, wie die Leute hier mitten in der Wildnis soetwas wie eine Stadt aufgebaut haben. Eine Fahrt von hier nach Paranaguá, der nächsten größeren Stadt, dauerte selbst mit einem schnellen Boot wie unserem etwa zwei Stunden.

Eine letzte Pause vor der Rückfahrt machten wir bei einer weiteren kleinen Siedlung ganz im Norden der “Ilha Superagüi” bzw. eigentlich war es bereits die nächste Insel. Von dort liefen wir ein paar Meter zum Strand und hielten uns dort ein wenig auf. Der Strand war sehr ähnlich zum “Praia Deserta” im Osten der “Ilha Superagüi”: Er war völlig verlassen und machte wegen der sehr verdorrten Vegetation tatsächlich einen wüstenähnlichen Eindruck – abgesehen vom Meer natürlich ;-).

Nach diesem letzten Stopp machten wir uns auf den Rückweg, für den wir eine ganze Weile brauchten, da wir recht weit gefahren waren. Als wir unsere Pousada erreichten fing es bereits an zu dämmern und wir griffen die Idee eines Lagerfeuers am Strand ein weiteres Mal auf. Leider erfuhr Dalton von unseren Plänen und machte uns klar, dass dies verboten war. Ein wenig enttäuscht darüber, machten wir uns aber trotzdem auf den Weg und gingen diesmal ein ganzes Stück weiter, um außer Sichtweite vom Dorf zu kommen. Gegen später verstießen wir dann mit einem kleinen Lagerfeuer kollektiv gegen die Auflagen. Mit dem Wissen etwas verbotenes zu tun, fühlte zumindest ich mich aber nicht mehr so “frei” wie am Abend zuvor.

Dank der beiden Franzosen hatte unser Abendessen ein “Upgrade” erfahren und so gab es zusätzlich zum Brot und Wurst noch Käse und sogar Mango. Nach dem Essen kehrten die beiden bereits recht früh zur Pousada zurück und Ulli, Zarko und ich blieben noch eine Weile beim Feuer. Dort erlebten wir dann einen “Angriff der Strandkrabben”: Bereits an den Tagen zuvor hatten wir diese immer wieder gesehen, wie sie über den Strand wuselten und in zahlreichen Löchern im Sand verschwanden. Irgendwie fühlten sie sich jetzt durch das Feuer angezogen und zingelten uns regelrecht ein. Obwohl das ganz lustig war, war es doch auch ein wenig unheimlich. Das Feuer war zu klein, um sie rechtzeitig zu sehen und so leuchteten wir immer wieder die Umgebung mit dem Fokus-Hilfslicht meiner Kamera ab. Mehrere Male schlichen sich die Biester ganz schön nahe an uns heran und saßen dann plötzlich wenige Zentimeter vor unseren Füßen ;-). Dieser unerwartete Besuch beschäftigte uns bis zu unserer Rückkehr zur Pousada und wurde durch zahlreiche Fotos dokumentiert (siehe Fotoseite).

Am nächsten Morgen (Sonntag) wollten Zarko und ich nach Paranaguá fahren und uns vor unserer Rückkehr nach Floripa am Nachmittag noch ein wenig die Stadt anschauen. Nach dem Frühstück fuhren wir daher mit Dalton in seinem “Flitzer” in etwa einer Stunde quer durch die Bucht von Paranaguá und legten in dem kleinen Stadthafen abseits des wohl immer noch bedeutenden Industriehafens an. Zuerst mussten wir die finanzielle Seite mit Dalton klären, da wir aufgrund der unerwartet hohen Preise beide nicht genug Geld dabei hatten. Also erstmal zur Bank und Geld besorgen ;-).

Nachdem wir uns dann von Dalton verabschiedet hatten, holten wir ein paar Auskünfte im Tourismusbüro ein. Für einen Ausflug nach Antonina war es allerdings bereits zu spät und so schlenderten wir den Tag über ein wenig durch die Stadt und besuchten u.a. ein kleines Museum mit einer Kollektion alter Gegenstände von Uniformen über medizinische Geräte und Schreibmaschinen bis hin zu alten Computern. Zwischendurch gönnten wir uns ein Mittagessen an der Promenade (wobei die jetzt nichts so besonderes war, dass das etwas exklusives gewesen wäre) und dann ging unser verlängertes Wochenende langsam aber sicher zu Ende.

Wir haben unheimlich viel gesehen und erlebt (von schönen Wanderungen über den “Dschungelsprint” bis hin zu “Killerkrabben” am Strand) und es war ein wirklich wunderschöner Kurzurlaub abseits der Zivilisation!