Für heute hatte ich einen Abstecher in 2 weitere der kolonialen Goldgräberstädte, São João del Rei und Tiradentes, geplant bevor es morgen Abend weiter nach Brasília geht. Um 8:30 Uhr ging der Bus von der Rodoviária in Belo Horizonte, die ich inzwischen fast wie meine Westentasche kannte. Die Fahrt dauerte auf dem zum Teil miserablen Straßen (vergleichbar mit unserer A8 zwischen Karlsruhe und Stuttgart auf dem schlimmsten Stück) und einem kurzen Stopp in Congonhas etwa 3 ½ Stunden.
Als wir in São João del Rei ankamen, war ich zunächst schwer enttäsucht: Es war eine hundsnormale Kleinstadt und von schönen Kolonialbauten war weit und breit nichts zu sehen. Der Eindruck von Ouro Preto mit der grandiosen Aussicht auf die Stadt unmittelbar bei der Ankunft war da schon etwas ganz anderes gewesen. Allerdings muss ich fairer Weise auch sagen, dass wir im neuen Stadtteil von São João del Rei ankamen und im Gegensatz zu Ouro Preto die Landscahft hier bei weitem nicht so bergig war. Insofern musste die tolle Aussicht fehlen.
An der Rodoviária trennten sich meine Wege von denen Carlos’, der ebenfalls mit hier her gefahren war. Ich wollte zunächst mal eine Pousada für die nächste Nacht suchen und dort mein Gepäck deponieren. Anschließend hatte ich geplant, direkt weiter nach Tiradentes zu fahren, während Carlos sich São João del Rei anschauen wollte.
Da ich keinen Plan hatte, wann und wie häufig die Stadtbusse zwischen der etwas außerhalb liegenden Rodoviária und dem Centro verkehrten, nahm ich ein Taxi zur preislich vielversprechendsten Pousada im Lonely Planet. Der Taxifahrer bestand zwar darauf, dass es sich um eine Pensão und nicht um eine Pousada handelte, das war mir aber im Prinzip egal. In der Tat war es die einfachste Unterkunft, in der ich auf der gesamten Reise bisher genächtigt hatte – für 10 R$ inkl. Frühstück aber auch die günstigste. Und da ich ja sowieso nur eine Nacht bleiben und am nächsten Tag bereits weiter fahren wollte, war mir das gerade recht.
Nachdem ich mein Gepäck abgeladen hatte, machte ich mich sofort auf den Weg nach Tiradentes. Dazu musste ich erstmal mit dem Bus zurück zur Rodoviária fahren und dort in einen anderen umsteigen.
Bei der Ankunft in Tiradentes wiederholte sich das Spiel wie in São João del Rei und Mariana: Ich war zunächst enttäuscht, weil alles wie eine völlig normale Kleinstadt aussah. Nach wenigen Schritten war ich hier aber im Zentrum der Altstadt und dort reihten sich tatsächlich die bunten Kolonialbauten aneinander. Dazwischen holprige Kopfsteinpflastergassen und eigentlich wurde der koloniale Flair nur ein wenig von den touristischen Souvenirläden getrübt, die sich aber immerhin dem Stil anzupassen versucht hatten. Nach Ouro Preto war für mich Tiradentes jedenfalls die zweit schönste der kolonialen Goldgräberstädte in Minas Gerais.
Da ich einen ziemlichen Hunger hatte, kehrte ich zur Abwechslung zum immer ähnlichen Mineiro Essen à la carte oder vom Buffet mal in ein Restaurant mit italienischer Pasta ein. Die Pasta war zwar gut, aber nichts weltbewegend besonderes.
Nach dem Essen schlenderte ich ein wenig durch die Gassen und genoss ein Eis. Viel zu sehen gab es hier nicht, die Altstadt selbst ist halt die Sehenswürdigkeit, wobei ich nach fast einer Woche nun auch genug von den Kolonialstädten gesehen habe und mich auf die futuristische Architektur Brasílias und die Natur im Pantanal freute.
Bis die Maria Fumaça um 17:00 Uhr nach São João del Rei zurückfuhr hatte ich noch etwa 1 ½ Stunden Zeit. Also chillte ich noch ein wenig in dem kleinen Park vor dem Bahnhof.
Mit leichter Verspätung rumpelte die alte Dampflock dann gegen 17:00 Uhr auch los. Die Fahrt war irgendwie lustig – so nostalgisch durch die Berglandschaft mit gelegentlichem ohrenbetäubenden Pfeifen der alten Dame. Etwa eine ¾ Stunde später erreichten wir São João del Rei und bei der Einfahrt in die Stadt und in den Bahnhof jubelten uns einige Passanten zu – ganz als ob wir von einer (Goldgräber-) Mission lang erwartet zurück kämen.
Inzwischen wurde es bereits dunkel und ich verabschiedete mich einmal mehr von Carlos, der kurz vor der Abfahrt in Tiradentes wieder aufgetaucht war – diesmal mit Anhang – und ebenfalls mit der Maria Fumaça zurück gefahren war. Ich wanderte noch ein wenig durch die Stadt, auf der Suche nach einem Internet-Café. Und als ich im Einkaufszentrum schließlich eines fand, stolperte ich gleichzeitig über das Kino und beschloss spontan, mir noch “Transformers” anzusehen. Kein extrem schlechter Film, aber auch nicht unbedingt der Brüller des Jahres.