Tag 17: Sydney & Louisbourg

Von Baddack geht es heute zunächst in Richtung Cabot Trail. Leider bewahrheiten sich die Ankündigungen der Campingplatz-Manager vom Vortag und das Wetter ist wieder einmal ziemlich mieß. Außerdem hab eich mir eine Entzündung in einem Auge zugezogen und deshalb sehr schlecht geschlafen. Am morgen kann ich das eine Auge kaum öffnen und bin auf beiden extrem lichtempfindlich. Besonders dass ich kaum etwas sehen kann, nervt mich tierisch.

Wir fahren heute früher los als sonst, kaufen in Baddack noch ein und frühstücken unterwegs. Dann geht es weiter in Richtung Cape Bretton Highlands National Park. Die Strecke zieht sich ganz schön hin und der Zustand der Straße ist immer wieder recht abenteuerlich. Auf den Smoeky Mountain geht es recht steil und kurvig hinauf – und oben angekommen sitzen wir im Nebel. Damit ist unsere Toleranzgrenze hinsichtlich des Wetters überschritten und wir beschließen, uns erstmal nach den Aussichten für die nächsten Tage zu erkundigen. In einem kleinen Motel bekommen wir die entsprechenden, leider recht negativen Infos. Daraufhin canceln wir vorerst den Cabot Trail und beschließen, heute zuerst nach Sydney bzw. Louisbourg zu fahren. Wir kehren um und fahren wieder den Smokey Mountain hinunter. Über die Bucht bei St. Ann’s nehmen wir dieses mal aber die Fähre, was noch zu einem kleinen Abenteuer wird: Beim Auf- bzw. Hinunterfahren auf bzw. von der Fähre sitzen wir hinten mit dem RV auf. Glücklicher Weise hat es zwei stabile Bügel am Gestell, die einen Schaden in so einem Fall vermeiden.

Weiter geht die Fahrt in Richtung Sydney bzw. Louisbourg. Unterwegs werden wir von Christine in North Sydney zum Lobster essen eingeladen. Für mich ist das eine Premiere: Probiert habe ich es zwar schon, aber ein ganzes Vieh alleine habe ich noch nicht bezwungen. Mit der äußerst stabilen Schale braucht es dafür auch eine spezielle Technik, die erstmal erlent werden will. Die Kneipe, in die wir für dieses Experiement einkehren liegt direkt am Industriehafen und macht auf den ersten Blick einen eher spelunkenhaften Eindruck. Schnell zeigt sich aber, dass die Bedienung äußerst freundlich und das Essen sehr gut ist.

Nachdem wir unsere Lobster bezwungen und noch ein wenig mit einer älteren Frau am Nachbartisch gechattet haben fahren wir weiter nach Sydney. Durch die wenig ansprechende, ehemalige Industriestadt fahren wir nur kurz durch und nehmen dann wieder den Hwy in Richtung Louisbourg. Dort steuern wir einen Campingplatz im Hafen direkt am Wasser an. Die Managerin, bei der wir einchecken ist hoch motiviert und gibt uns gleich viele wertvolle Informationen für Aktivitäten vor Ort. Unter anderem ist der Tipp dabei, noch heute Abend ins Playhouse direkt neben dem Campingplatz zu gehen. Dort treten just heute die “Men in the Deeps” auf – eine Gruppe ehemaliger Kohleminenarbeiter, die über ihre Leben als Minenarbeiter singen. Nach kurzer Besprechung folgen wir dem Tipp und bekommen dank Christines Verhandlungsgeschick sogar noch recht akzeptable Plätze im beinahe vollständig ausverkauften Playhouse. Bis zur Vorstellung haben wir nur noch ca. eine Stunde, die wir unten am Hafen verbringen.

Was die “Men in the Deeps” angeht, kann ich nur sagen: Wow! Das hat sich absolut gelohnt! Die Gruppe besteht aus einigen älteren Herren überwiegend mit Bierbauch und einer unschlagbaren Motivation. In ihren instrumental unterlegten A Capella Stücken erzählen sie von ihrem früheren Leben als Minenarbeiter in den Kohlebergwerken rund um Sydney. Auch andere Regionen Canadas und das Schicksal anderer Arbeiter in den USA beziehen sie in ihre Songs mit ein. Die Stücke sind häufig traurig und gehen mir vom Inhalt her teilweise richtig nahe. Aber auch lustige Songs sind dabei und einer erzählt sogar eine Reihe von Witzen, von denen ich allerdings sprachlich nicht alle verstehe.

Alles in allem erleben wir an diesem Abend ein Stückchen lokale Kultur, was mich unheimlich fasziniert. Am Ende kommen wir sogar noch kurz mit zwei der Herren ins Gespräch. Sie erzählen uns, dass die Minen um Sydney inzwischen zwar längt geschlossen sind, es aktuell aber Hoffnung auf Eröffnung einer neuen großen Mine unter dem Meer gäbe. Diese könnte für die nächsten 50 Jahre viele Arbeitsplätze sichern.

Mit diesem Erlebnis hatte der zunächst mit trübem Wetter und einem abgebrochenen Cabot Trail begonnene Tag doch noch ein unvergessliches Ereignis zu bieten gehabt. Manchmal bring so etwas eben der Zufall mit sich!