Unglaublich aber wahr: Bei Sonnenschein wachen wir heute auf! Wir freuen uns riesig, endlich schönes Wetter! Auch die beiden Motorradfahrer dürften nach dem Sauwetter von gestern aufblühen. Nach dem Frühstück fahren wir noch die letzten Meter die Straße bis ans Ende der Welt hinauf. Eigentlich hatten wir vor, heute noch den Trail bis zum Cape St. Lawrence Lighthouse zu laufen. Aus Zeitgründen und weil mein Vater nicht so besonders begeistert ist, entscheiden wir uns aber dagegen. Statt dessen versuchen wir unser Glück mit einem kürzeren Weg, der auf die Landspitze am westlichen Ende der Meat Cove führen soll. Nach wenigen Metern müssen wir aber leider umkehren, weil der Weg im Dickicht verschwindet und außerdem sehr schlammig wird.
Zurück beim RV machen wir uns auf den Weg zurück zum eigentlichen Cabot Trail. Über die “Dirt Road” geht es dafür wieder in Richtung Cape North. Ab hier fahren wir weiter in Richtung Pleasant Bay. Unterwegs halten wir hin- und wieder an Aussichtspunkten und laufen sogar einen kurzen Trail ab, von dem aus man 350 Jahre alte Ahornbäume bewundern kann.
Der nächste größere Stopp ist dann in Pleasant Bay. Hier besuchen wir zunächst das Whale Interpretitive Centre, ein sehr nett eingerichtetes Museum über Wale. Die Ausstellung ist sehr anschaulich gemacht und liefert einen tollen Überblick über diese faszinierenden Tiere, die der Mensch bis vor kurzem – und sogar heute noch – so erbarmungslos jagt. Entsprechend gut finde ich auch das Zitat am Ende eines kurzen Films über die Grausamkeite der Waljagt und der heutigen Forschung: “If we cannot protect these fascinating creatures, can we protect any other lifeform on the planet? Can we even protect ourselves?”
Nach einigem Hin- und Her und der typischen Unentschlossenheit der Gruppe, buchen wir uns gleich vor Ort für eine Whale Watching Tour bei Captain Mark ein. Nach einer kurzen Wartezeit geht es auch schon los. Zwei Wissenschaftlerinnen, die die Tour begleiten, erklären uns vorab welche Wale wir sehen werden. Im Wesentlichen wird es sich auf die Pilotwale beschränken, da die wirklichen Riesen nur mit sehr viel Glück zu beobachten sind.
Die Fahrt bis zu der Stelle, an der sich heute die Wale aufhalten dauert etwas eine 3/4 Stunde. Unterwegs treffen wir auf einen Minke Whale, von dem wir allerdings nur den Rücken zu sehen bekommen. Entsprechend beeindruckend ist der Hinweis unsere Begleiterin, dass es sich dabei nur um etwa 10 % des Körpers des ganzen Wales handelt. Wir sehen den Minke Whale 2-3 Mal, bevor er offensichtlich für längere Zeit abtaucht. Captain Mark fährt uns weiter zu der Stelle, an der sich heute die Pilotwale tummeln. Noch ist dort eines der Whale Watching Zodiaks unterwegs, so dass sich die Tiere nicht so sehr für uns interessieren. Erst als dieses abzieht kommen sie bis an die Bordwand heran und spielen ihr Versteckspiel mit uns. Immer wieder tauchen sie unter dem Boot durch. Besonders lustig sieht es aus, wenn sie ihren Kopf aus dem Wasser strecken. Pilotwale haben einen etwas unförmigen, runden Kopf.
Wir können die Wale für eine Weile beobachten, bevor Captain Mark die Rückfahrt antritt. Er will auf dem Rückweg noch einmal Ausschau nach dem Minke Whale halten, der uns aber nicht mehr den Gefallen tut. Auch größere Wale wie z.B. einen Finnwal sehen wir leider nicht. Dafür braucht man wohl einfach sehr viel Glück.
Zurück im Hafen treffen wir Christine wieder, die nicht auf die Tour hatte mitkommen wollen. Wenig später fahren wir weiter und suchen einen geeigneten Campingplatz für die Nacht. An Corney Brook halten wir kurz, weil uns der Platz sehr gefällt. Wir sind uns aber unsicher, ob auf dem nach einem reinen Zeltplatz aussehenden Gelände auch RVs zugelassen sind. Also fahren wir weiter auf einen anderen riesigen Campingplatz am Ausgang des Parks. Als wir dort einchecken, frage ich den Ranger, ob wir mit dem RV eigentlich auch irgendwo halten und übernachten dürfen. Als Antwort bekomme ich wie erwartet ein Nein, werde aber auf eben den Platz in Corney Brook hingewiesen. Von einem Verbot für RVs weiß der Ranger nichts. Also checken wir gleich vor Ort für den Platz ein und fahren nach einem Dumping-Stopp dorthin zurück.
Wieder einmal versuchen wir unser Glück mit einem Barbecue. Anfangs sieht es dank des gesammelten Treibguts auch recht gut aus mit dem Feuer. Der ziemlich starke Wind macht uns letzten Endes dann aber doch noch einen Strich durch die Rechnung, so dass wir unser Fleisch doch wieder in der Pfanne braten müssen. Das ist zwar schon schade, wo wir uns doch im Land des Barbecue befinden. Weil es nach Sonnenuntergang aber recht kühl wird, wäre es mit draußen sitzen wohl sowieso nichts geworden.
Während wir noch mit Feuermachen beschäftigt sind, tauchen plötzlich unsere beiden Motorradfahrer auf. Wir laden sie nach kurzem Hin- und Her zum Essen ein, erfahren nach einem kleinen Missverständnis dann aber, dass sie bereits unterwegs eingekehrt waren. Zunächst verstehe ich das falsch und wir machen uns schon Gedanken, wie wir unser begrenztes Abendessen für 3 Personen pushen können. Nachdem wir aber wissen, dass wir alleine essen werden, ändern wir unsere Einladung an die beiden auf einen Umtrunk gegen später und setzen das auch in die Tat um, allerdings im RV, weil es draußen definitiv zu kalt wird.
In einer netten Unterhaltung erfahren wir, dass David aus Manhatten und Song aus New Jersey ist. Beide sind Motorrad-Fans und haben wohl schon mehrere solche Touren hinter sich. Dieses Mal sind sie mit dem Truck bis Nova Scotia gefahren und touren hier mit dem Bike über die Insel. Die Unterhaltung ist eine nette Abwechslung zu den bisher recht ereignislosen Abenden, an denen wir alle meist recht müde von den Erlebnissen des Tages waren. Ich genieße auch heute mal wieder die Offenheit und Gelassenheit der Amerikaner, die ich in Deutschland schon immer wieder mal vermisse.
Irgendwann brechen die beiden auf und wir gehen ins Bett. Damit geht ein weiterer erlebnisreicher Tag zu Ende.