Trekking im Valle Cochamó (Teil 2)

(Nachtrag von Dienstag, 10.12.2013)

Die Nacht im Zelt habe ich ganz gut verbracht, wenn ich darin natürlich auch nie ganz so gut schlafe wie in einem Bett im Hostel. Zum Frühstück treffe ich mich wieder mit Angela und Alex im Refugio. Die beiden wollen schon heute wieder den Rückweg nach Cochamó bzw. Puerto Varas antreten, während ich beschlossen habe, noch eine weitere Nacht hier zu bleiben. Zum Frühstück bekommen wir doch tatsächlich echten Kaffee! In Chile ist das eine Seltenheit, da sie hier aus mir unerklärlichen Gründen total auf Instanz-Nescafe abfahren.

Nach dem Frühstück regeln wir noch die Bezahlung der Pferde. Da Sofia plötzlich verschwunden war, konnten wir das gestern nicht mehr erledigen. Dann verabschiede ich mich von Angela und Alex und gehe erstmal zu meinem Zelt zurück.

Einen genauen Plan für heute habe ich nicht, da ich die Entscheidung, noch eine Nacht hier zu bleiben gestern ja recht spontan getroffen habe. Ich weiß aber, dass es von hier aus verschiedene Treks gibt, die an einem Tag machbar sind. Und da mir gesagt wurde, dass die Aussicht vom Arco Iris oben super sein soll und dieser Trek außerdem gleich auf dieser Seite des Flusses beginnt, entscheide ich mich kurzer Hand für diesen. Beim Zähneputzen treffe ich außerdem eine Gruppe chilenischer Studentinnen, die ebenfalls zum Arco Iris hinauf wollen. Als ich los laufe treffe ich sie wieder und bin so die meiste Zeit nicht allein.

Der Weg verläuft durch den Wald und steigt gleich von Beginn an sehr steil an. Anfangs wechsle ich mich bei der Vorhut immer wieder mit den Chileninnen ab, aber später falle ich komplett hinter sie zurück. Der letzte Teil des Weges verläuft dann knapp oberhalb der Baumgrenze und hält einige abenteuerliche Kletterpartien bereit. An fest angebrachten Seilen müssen wir immer wieder große Granitblöcke überqueren. Gedanken an Sicherung und Absturzgefahr verdränge ich lieber schnell wieder. Jetzt bin ich schon so weit gekommen, den letzten Rest werde ich auch noch schaffen. Außerdem bin ich ja nicht der erste Tourist hier oben.

So außerhalb des Waldes habe ich eine atemberaubende Aussicht ins Tal und die umliegenden Granitgipfel. Ich kann den Vergleich mit dem Yosemite Park in den USA inzwischen gut nachvollziehen. Einmal zieht ein großer Vogel – ein Adler oder ähnliches, definitiv aber kein Condor – seine Kreise nur wenige Meter über mir und mir gelingen ein paar tolle Aufnahmen. Ich kann hervorragend beobachten wie er mit winzigen Bewegungen der Schwanzfedern die Flugrichtung beeinflusst – das ist irgendwie beeindruckend. Die Natur macht es vor, der Mensch kopiert sie für seine technischen Errungenschaften.

Schließlich erreiche ich den Gipfel – oder zumindest das Hochplateau, das als Arco Iris das Ziel der Tour ist. Von hier aus kann man noch ein Stück höher steigen, nach den zurückliegenden Kletterpartien überlasse ich das aber lieber mal den Profis. Die Aussicht von hier oben ist einfach nur unglaublich! Natürlich tobe ich mich ausgiebig mit meiner Kamera aus. Außerdem ist eine lange Pause angebracht. Die Vorstellung, auf dem gleichen Weg zurück gehen und mich ohne echte Sicherung quasi abseilen zu müssen löst nicht unbedingt Begeisterung in mir aus.

Zunächst geselle ich mich zu den Chileninnen, etwas später bemerke ich dann Tanja und Amy, die kurz nach mir hier oben angekommen sein müssen. Die beiden warten auf Amys Mann, der noch weiter aufgestiegen ist. Zusammen verbringen wir hier oben einige Zeit und machen uns dann an den Abstieg.

Die Kletterpartien sind gar nicht mal so schlimm wie befürchtet, nur eine hat es definitiv in sich. Aber auch diesen Teil meistern wir und kommen sicher unten an. Amys Mann war schneller als wir und ist vermutlich schon beim Camp. Tanja und Amy haben offensichtlich noch Energie und wollen noch einen Abstecher zu den natürlichen Wasserrutschen machen. Auf glatten Felsen rutschen dort Touristen und Einheimische über Stromschnellen. Da ich das zumindest mal sehen will, laufe ich noch mit, obwohl ich eigentlich bereits ziemlich fertig bin. Zunächst finden wir den Weg nicht und sind schon auf dem Rückweg, als uns ein Einheimischer entgegen kommt. Er erklärt uns den Weg und nach der Überquerung einer abenteuerlichen Hängebrücke und einem weiteren steilen Abstieg sind wir am Ziel.

Eine ganze Gruppe Besucher scheint nur darauf zu warten, bis der erste es wagt, über die Felsen zu rutschen. Etwas später ist es dann tatsächlich soweit. Die Aktion sieht nicht mal seht gefährlich aus, mein Ding ist es aber nicht. Zumal das Wasser eiskalt ist, wie ich bei einer kurzen Erfrischung der Füße feststelle!

Irgendwann taucht dann auch Amys Mann auf, der uns offensichtlich bereits gesucht und sich Sorgen gemacht hat, weil wir nicht beim Camp eingetroffen sind. Einfach so abzuzweigen war vielleicht auch nicht die professionellste bergsteigerische Aktion, aber er war ja auch ziemlich vorausgerannt, was ebenfalls nicht sehr professionell ist.

Nach einer Weile sonnen, machen wir uns dann endgültig auf den Rückweg zum Camp – oder zumindest versuchen wir es. Im recht dichten Wald finden wir den Rückweg nicht! Nachdem wir vergeblich eine Weile auf verschiedenen Pfaden auf- und wieder abgestiegen sind, kehren wir zum Ausgangspunkt an den Stromschnellen zurück. Tanja und Amy bleiben aber plötzlich stehen, weil Tanja meint, mit ihrer GPS-App den richtigen Weg zu finden. Ich suche zusammen mit Amys Mann weiter. Und plötzlich haben wir Tanja und Amy verloren! Neben dem richtigen Weg suchen wir nun also auch noch die beiden! Ich bin ohnehin schon ziemlich fertig und dieses Umherirren stresst zusätzlich. Nach einer ganzen Weile finde ich schließlich unten bei den Stromschnellen den richtigen Einstieg. Auf diesem Pfad waren wir auch hergekommen. Wieder einmal rennt Amys Mann voraus und so bin ich kurze Zeit später allein unterwegs. Aber jetzt kommt mir der Weg bekannt vor und so kehre ich endlich zum Camp zurück. Dort warten auch schon die anderen, inklusive Tanja und Amy. Die beiden hatten wohl zufällig einen anderen, schnelleren Rückweg gefunden.

Die Pizza am Abend schmeckt nach den Anstrengungen des Tages noch besser als gestern. Anschließend unterhalte ich mich noch bis kurz nach Einbruch der Dunkelheit mit Tanja und kehre dann zu meinem Zelt zurück.

One thought on “Trekking im Valle Cochamó (Teil 2)”

  1. Hallo Timo,
    viel Spaß weiterhin auf deiner Reise und frohe Weihnachten!
    Viele Grüße aus der Bastelbude
    Martin

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