Patagonien – ich komme!

(Nachtrag von Sonntag, 15.12.2013)

Heute Morgen heißt es für mich sehr früh aufstehen, denn um 07:00 Uhr fährt der einzige Bus nach Chaitén. Mit meiner Hostelbetreiberin ist vereinbart, dass sie mich um 06:40 Uhr zum Terminal fährt. Als ich mein Zimmer verlasse und ins Erdgeschoss gehe ist natürlich niemand zu sehen. Ich bin schon am Überlegen, wie ich um diese Zeit am besten ein Taxi finden kann, um auf eigene Faust zum Terminal zu fahren. Da kommt sie tatsächlich mit dem Auto angefahren. Offensichtlich wohnt sie selbst gar nicht in dem Haus, sondern vermietet dessen Zimmer nur. In nur etwa fünf Minuten sind wir beim Terminal, wo auch schon der Bus wartet.

Da ich gestern Abend kein Ticket mehr kaufen konnte, weil das Büro bereits geschlossen hatte, frage ich zunächst beim Cobrador nach. Er meint, dass ich ggf. eben keinen Sitzplatz hätte, weil Passagiere mit gültigem Ticket natürlich Vorrang haben. Bei guten neun Stunden Fahrt klingt das natürlich nicht so vielversprechend, aber mir bleibt ohnehin nichts anderes übrig, also steige ich ein. Außerdem stellen sich die Dinge hier ja als völlig anders heraus als ursprünglich vermutet…

Wenig später fahren wir los und natürlich stellt sich heraus, dass der Bus bei weitem nicht voll belegt ist – also kein Grund zur Panik :-). Nach etwa einer Stunde Fahrt fahren wir auf die erste Fähre. Da ich ursprünglich ja geplant hatte, von Chiloé mit der Fähre nach Chaitén überzusetzen, habe ich mich kaum über die vor mir liegende Strecke informiert. Ich weiß nur, dass wir wohl insgesamt drei Mal mit einer Fähre übersetzen würden und die gesamte Fahrt gute neun Stunden dauern würde.

Das Boarding der Fähre ist Maßarbeit für den Fahrer und das Fährpersonal, da der Bus vorne und hinten aufsetzt. So geht das Ganze sehr langsam und behutsam von statten.

Die erste Überfahrt ist nur relativ kurz und fast unmittelbar nach der Ankunft auf der anderen Seite weicht die asphaltierte Straße einer Schotterpiste. Auch die Landschaft hat sich inzwischen deutlich verändert. Die eher sanften Bergformationen sind bizarreren und wilderen gewichen.

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Etwa zwei Stunden später fahren wir auf die nächste, dieses Mal etwas größere Fähre. Die Überfahrt führt an der Küste entlang und an mehreren kleinen Inseln vorbei in einen Fjord.

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Insgesamt sind wir dieses Mal fast vier Stunden unterwegs. Da ich mich gestern nicht mehr mit Snacks versorgen konnte, zehre ich zunächst von den restlichen Erdnüssen in meinem Rucksack und kaufe mir schließlich zu einem völlig überhöhten Preis eine kleine Tafel Schokolade. Etwas richtiges zu Essen gibt es an Bord leider nicht. Unterwegs sehen wir einige Seehunde und allein die an uns vorbei ziehende Landschaft ist einfach herrlich – vor allem auch, da es inzwischen aufzuklaren beginnt. Ich fühle deutlich, wie ich Patagonien näher komme :-).

Nach der Ankunft an Land folgt eine kurze Strecke von ca. 10 km, bis wir auf die dritte und letzte Fähre fahren. Inzwischen haben wir blauen Himmel und strahlenden Sonnenschein – daran hatte ich heute Morgen noch nicht geglaubt!

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Gegen 16:00 Uhr erreichen wir schließlich Chaitén. Das Dorf wurde beim Ausbruch des gleichnamigen, bis dato noch nicht als solchen identifizierten Vulkans vollständig zerstört. Es folgte eine lange Zeit der Unsicherheit und nach der Entscheidung des Staates sollte das Dorf eigentlich 10 km weiter nördlich wieder aufgebaut werden. Aber die Bevölkerung kehrte an dieselbe Stelle zurück und heute ist Chaitén ein kleines Dorf mit beschränkter touristischer Infrastruktur. Der Vulkan ragt heute rauchend hinter dem Dorf in die Höhe.

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Chaitén ist eine Durchgangsstation für Reisende, die entweder so wie wir mit dem Bus über die Ruta Bi-Modal hier her kommen oder eben mit der Fähre von Quellón auf Chiloé übersetzen. Dreh- und Angelpunkt jeglichen Ankommens und Abfahrens ist die Agentur Chaitur, die Bustickets verkauft und Informationen bereit hält. Somit ist hier auch der Treffpunkt für Reisende wie mich, zumal der Bus uns auch direkt hier absetzt. Ich treffe hier wieder auf Frederico, einen Italiener, den ich bereits auf der langen Fährfahrt kurz kennen gelernt habe. Zusammen treffen wir noch auf Gianfranco, ebenfalls aus Italien und begeben uns auf die Suche nach einer Unterkunft. Vor allem Frederico sucht nach der günstigsten Möglichkeit, während ich schon gerne eine annehmliche Hospedaje hätte und hier nicht im Zelt schlafen möchte. Schließlich checken Gianfranco und ich in der sehr ordentlichen Hospedaje Don Carlos ein, während Frederico zur ersten gefundenen Option zurückkehrt.

Ich richte mich in meinem Zimmer ein wenig ein und nutze dann das vorhandene, sehr stabile WLAN für eine ausgiebige Chat-Session und ein längeres Skype-Telefonat mit meiner Freundin Paola. Ich wünschte nur, es wäre inhaltlich so erfreulich wie die ganze Reise bisher. Aber dieser Wunsch bleibt leider unerfüllt :-(.

Da ich den ganzen Tag nichts anständiges gegessen habe, mache ich mich abschließend auf die Suche nach einem geeigneten Restaurant. Leider ohne Erfolg, da die wenigen Lokalitäten alle geschlossenen haben. Einzig ein paar kleine Supermärkte kann ich finden und bevor diese auch noch schließen, kaufe ich mir kurzer Hand ein paar Nudeln und Tomatensoße. Mit meiner Camping-Kochausrüstung ziehe ich dann los. Zunächst suche ich ein paar andere Backpacker, die irgendwo im Dorf campen, kann sie aber nicht finden. Also gehe ich an den Strand und koche mir dort mein Abendessen. Kurze Zeit später tauchen zwei andere Backpacker mit dem gleichen Vorhaben auf und auch Frederico und Gianfranco laufen vorbei und gesellen sich zu mir. Wir machen noch ein wenig Pläne für den nächsten Tag und kehren dann in unsere Unterkünfte zurück.