(Nachtrag von Sonntag, 22.12.2013)
(Anm. des Autors: Dieser Artikel sollte eigentlich drei Bilder enthalten. Aber leider ist die Internet-Verbindung hier in El Chaltén so schlecht, dass ich diese einfach nicht hochgeladen bekomme. Da dachte ich mir, besser ich veröffentliche den Artikel schon jetzt ohne Bilder und füge diese dann bei der nächsten Gelegenheit ein. Es lohnt sich also, in ein paar Tagen nochmal diesen Artikel anzuschauen.)
Heute geht es für mich weiter nach Argentinien – so zumindest der Plan. Über die Betreiberin meiner Hospedaje habe ich einen Transport organisiert, der mich zwischen 15:00 und 16:00 Uhr an der Unterkunft abholen würde.
Zunächst schlafe ich erstmal richtig aus – auf dieser Reise war ich bis auf wenige Ausnahmen bisher immer relativ zeitig aufgestanden. Zum Frühstück verbrauche ich die Reste angebrochener Lebensmittel, da deren Mitnahme über die Grenze kritisch sein könnte. Zumindest bei der Einreise nach Chile werden oftmals alle tierischen und organischen Produkte aus Angst vor unbekannten Erregern konfisziert. Ich will beim umgekehrten Grenzübergang nichts riskieren, zumal ich hoffe, noch heute über die Grenze zu kommen.
Das Problem ist, dass die einzige Fähre von Puerto Ingeniero Ibañez nach Chile Chico, die Grenzstadt auf chilenischer Seite, heute erst um 19:00 Uhr fährt. Damit bin ich erst um 21:00 Uhr dort und muss darauf hoffen, dass dann die Grenzposten noch offen haben. Ansonsten kann das sehr ungeschickt werden, da der Bus nach El Chaltén auf der argentinischen Seite morgen bereits um 09:30 Uhr abfährt. Über die Weihnachtsfeiertage würde es dann sehr schwer werden, weiterzukommen.
Nach dem Frühstück verbringe ich die restlichen Stunden mit Planung und im Internet – bis das Internet-Cafe schließt. Dann setze ich mich noch ein wenig auf die Plaza de Armas, wo heute am Sonntag deutlich weniger los ist als sonst. Dafür ist hier jetzt endgültig Weihnachtsstimmung ausgebrochen:
Mit aktivem Nichtstun schlage ich also irgendwie die Zeit bis zur Abfahrt tot. Ich hätte nie gedacht, dass es in Chile so viel schwerer sein würde, von A nach B zu kommen und man dabei so viel Zeit mit schlichtem Warten zu bringt, als ich das z.B. aus dem deutlich weniger entwickelten Peru oder gar Bolivien kenne. Nach einem kleinen Mittagsimbiss im bereits bekannten Cafe Fitz Roy direkt an der Plaza de Armas gehe ich zurück zur Unterkunft, um dort mein Gepäck abzuholen und auf meine Abholung zu warten.
Ich warte und warte… Meine Hostelbetreiberin versichert mir immer wieder, dass die Abholung bestätigt ist. Gegen 15:30 Uhr werde ich unruhig und um 15:45 Uhr habe ich echte Bedenken. Ich will einfach nicht nochmal einen Tag hier festsitzten – oder wegen Weihnachten dann sogar mehrere!
Irgendwann taucht ein größerer Minibus auf, in den auch jemand von der Hospedaje (vermutlich aus der Familie) einsteigt. Mir wird aber gesagt, dass das nicht mein Bus sei. Also warte ich weiter…
… und schließlich – als ich irgendwie schon nicht mehr so recht dran glaube – kommt auch mein Bus. Es zeigt sich eben mal wieder: Ich bin in Südamerika und alles wird irgendwie gut – wenn auch vorher kein Mensch so genau weiß wie, wann und warum!
Zunächst gurken wir bestimmt noch eine halbe Stunde im Zick Zack durch die Stadt, um weitere Passagiere abzuholen – außer mir offensichtlich ausschließlich Einheimische. Eine davon vergisst dann auch noch ihre Handtasche, so dass wir noch einmal umkehren müssen, als wir fast schon auf dem Weg sind. Aber dann endlich geht’s los in Richtung Puerto Ingeniero Ibañez.
Die Fahrt führt durch eine äußerst interessante Landschaft. Zunächst ein Tal entlang und anschließend über einen kleinen Pass. Wir umrunden halb das Gebirgsmassiv Cerro Castillo mit seinen scharfen Zacken und fahren dann hinunter ins Tal des Lago Buenos Aires.
Die ganz Zeit über herrscht strahlender Sonnenschein, was den Blick über den See noch schöner macht. Nachdem auf dem Parkplatz das Gepäck ausgeladen ist, kaufe ich mir mein Ticket für die Fähre nach Chile Chico. Übrigens steht der größere Minibus, der vor meinem an der Unterkunft vorbei kam, auch hier und der Einheimische der dort eingestiegen war, ist auch hier. Warum ich also nicht mit diesem Bus fahren konnte wird wohl für immer eines der südamerikanischen Geheimnisse bleiben :-).
Die Fähre ist bereits kurz vor dem Anlegen und so muss ich auch nicht mehr lange warten. Zuerst gehen die Fußgänger an Bord, dann die Fahrzeuge. Eines davon transportiert in einem offenen Anhänger ein Pferd und dessen Besitzer gibt sich alle Mühe, das sichtlich aufgeregte Tier zu beruhigen.
Pünktlich um 19:00 Uhr legen wir ab und ich genieße die Fahrt über den zum Teil türkis-grünen See vom Oberdeck aus. Die umliegenden kahlen Berge erinnern mich stark an Peru. Im Hintergrund ragen die zum Teil noch schneebedeckten Gipfel des Cerro Castillo Bergmassivs in die Höhe.
Da der Wind recht kühl ist, verziehe ich mich zwischendurch immer wieder mal für ein paar Minuten zum Aufwärmen nach drinnen. Aber den Großteil der Überfahrt muss ich bei dieser Szenerie einfach draußen verbringen!
Nach ziemlich genau zwei Stunden erreichen wir Chile Chico. Nachdem ich von Bord gegangen bin schaue ich mich kurz nach den Shuttle-Bussen um, die von hier nach Los Antiguos und damit über die Grenze nach Argentinien fahren sollen. Leider kann ich keine entdecken und auf Nachfrage erfahre ich, dass diese zu so später Stunde nicht mehr fahren. Die Grenze habe aber noch bis 22:00 Uhr geöffnet. Um keine Zeit mehr zu verlieren, steige ich kurzentschlossen in ein Taxi. Der Preis von 6000 Pesos bis zum chilenischen Grenzposten erscheint mir zwar recht hoch, aber ich will unbedingt heute noch nach Argentinien wechseln und so bleibt mir nichts anderes übrig.
Zunächst liefert der Taxifahrer noch die anderen Fahrgäste ab, die bereits im Taxi saßen. Dann fahren wir zum chilenischen Grenzposten. Was ich erst jetzt erfahre ist, dass zwischen dem chilenischen und dem argentinischen Grenzposten einige Kilometer Niemandsland liegen. Mein Fahrer erklärt mir aber, dass er nur bis zur chilenischen Grenze fahre, mir aber ein Taxi von der argentinischen Seite rufen könne. Gesagt getan – was bleibt mir auch anderes übrig?
Im chilenischen Grenzposten hole ich mir meinen Ausreisestempel ab und steige wieder ins Taxi. Mein Fahrer fährt also doch noch weiter. Allerdings nur, bis uns das andere Taxi entgegenkommt und ich umsteige. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass ich hier kräftig abgezockt werde, da ich das andere Taxi natürlich auch bezahlen muss – und zwar in chilenischen Pesos mit einer recht abenteuerlichen Berechnung des Rückgeldes in argentinischen Pesos. Letztere habe ich ja noch keine. Tja, so ist es eben, wenn man auf Services angewiesen ist. Da ich so aber noch heute nach Argentinien kommen und morgen den Bus nach El Chaltén erwischen würde, denke ich nicht länger über diesen Nepp nach.
Auch am argentinischen Grenzposten läuft alles problemlos. Ich fülle die übliche Visa-Karte aus und bekomme meinen Stempel. Anschließend schaut ein Beamter noch kurz ins Taxi, will aber von meinem Rucksack nichts wissen. Und voila – ich bin in Argentinien!
Der Taxifahrer setzt mich direkt an der Hospedaje ab, die ich im Lonely Planet gefunden habe. Ich bin der einzige Gast und bekomme für 80 argentinische Pesos ein Bett im Dormatory mit 6 Betten und vier kleinen Bädern – alles meins :-). Überhaupt ist das vermutlich meine am besten gepflegte Unterkunft bisher auf dieser Reise.
Nachdem ich meine Sachen abgelegt habe, ziehe ich sofort nochmal los, um das Bus-Terminal zu suchen, Geld abzugeben und mich mit Proviant für die 11-stündige Fahrt morgen einzudecken. Der Betreiber meiner Unterkunft meinte zwar, er verkaufe auch Bustickets und morgen Abend würde Chalten Travel nach El Chaltén fahren. Ich hatte via Lonely Planet und Internet aber bereits die Gesellschaft Taqsa gefunden, die morgen früh fahren soll.
Schnell merke ich, dass Los Antiguos eine ziemlich weitläufige Stadt ist. Den Weg zum Terminal muss ich mir mehrfach erfragen und kann die Auskunft kaum glauben, als ich irgendwo in einem abgelegenen Wohnviertel lande. Aber tatsächlich, es gibt ein für diese Stadt recht großes und modernes Terminal. Und ich finde dort auch das leider bereits geschlossene Büro der Gesellschaft Taqsa. Ein Aushang bestätigt mir aber meine Internet-Recherche: Der Bus fährt morgen um 09:00 Uhr. Jetzt muss ich nur noch an ein Ticket kommen. In einem anderen Büro brennt noch Licht und eine Angestellte ist mit Geld zählen beschäftigt. Von ihr erfahre ich, dass wohl morgen gegen 08:30 Uhr jemand im Büro von Taqsa anwesend sei. Außerdem bestätigt sie mir die Fahrt von Chalten Travel morgen Abend. Ich beschließe, morgen einfach früh hier zu sein und darauf zu hoffen, noch einen Platz im Bus zu bekommen. Laut Internet ist der nämlich schon recht voll, eine Online-Buchung scheitert aber an der fehlenden Möglichkeit, das so erworbene Ticket heute noch auszudrucken. Außerdem ist mir das zu unsicher, nach meinen bisherigen Erfahrungen mit der Zuverlässigkeit von Informationen. Ich bevorzuge es in dieser Situation dann doch, einen menschlichen Vertreter der Gesellschaft vor mir zu haben. Und falls alles schief geht würde ich eben morgen Abend mit Chalten Travel fahren.
Auf dem Weg zum Terminal bin ich an der laut Lonely Planet einzigen Bank vorbeigekommen. Dort versuche ich mein Glück mit Geld abheben. Leider ohne Erfolg – beide Geldautomaten scheinen leer zu sein und egal welchen Betrag ich anfordere, meine Transaktion wird abgelehnt. Das ist unschön, da ich ja unter anderem die Unterkunft und morgen das Busticket bezahlen muss. Aber ein wenig Reiseerfahrung bringe ich ja dann doch mit und so habe ich eine Notreserve US-Dollar für solche Fälle dabei. In einem Restaurant um die Ecke habe ich ein Schild gesehen, dass dort Dollar und Euro angenommen werden. Also frage ich nach, ob sie mir auch Geld wechseln können. Und tatsächlich: Zu einem hervorragenden Kurs von 1:8 kann ich zumindest ausreichend Geld wechseln, um meine Unterkunft zu bezahlen. Von dem sehr guten Umtauschkurs hatten mir bereits andere Reisende erzählt.
Jetzt bleibt nur noch eine Sache: Proviant für morgen. In einem kleinen Supermarkt finde ich Getränke, ein paar Kekse und Kracker und Käse. Außerdem kann ich auch hier in Dollar bezahlen.
Zurück in meiner Unterkunft, begleichen ich gleich meine Schulden. Da es bereits spät ist und ich keine Lust habe, nochmal loszuziehen, besteht mein Abendessen aus ein paar Krackern und Käse. Anschließend geht’s ab ins Bett.