Mi, 25.07.2007, Tag 5 (Salvador)

Gegen 8:00 Uhr erreichten wir Salvador und nachdem ich aufgewacht war, bekam ich während der Fahrt durch die Randbezirke der Stadt den typischen Eindruck einer brasilianischen Metropole: Kilometerlang fuhren wir an einer Favela nach der anderen vorbei – oder besser: zuckelten wir vorbei, da wir auf dem letzten Stück zur Rodoviaria noch in einen ganz schönen Stau gerieten.

Nachdem wir in der Rodoviaria angekommen waren, uns etwas frisch gemacht, ein kleines Frühstück genossen und uns orientiert hatten, fuhren wir mit einem komfortablen Minibus ins historische Zentrum der Stadt, wo die Jugendherberge lag, die uns von den beiden Belgiern empfohlen worden war, die wir in Recife getroffen hatten. Dort angekommen konnten wir auch gleich einchecken und erstmal unter die Dusche springen. Gleich beim Check-In wurde uns ein Besuch einer Candomblé-Zeremonie angeboten. Da ich davon bereits in meinen Reiseführern gelesen hatte, entschied ich mich spontan dazu und Zarko zog mit.

Bis wir am Abend vom Tour-Anbieter abgeholt wurden, gingen wir erstmal noch etwas essen, was wegen der durchfahrenen Nacht im Bus alles von Frühstück über Mittagessen bis Abendessen hätte sein können.

Mit dem Minibus ging es von etwa 18:30 Uhr an nach einigen organisatorischen Startschwierigkeiten dann erstmal über eine Stunde quer durch die Stadt in Richtung Flughafen, in dessen Nähe sich das Gelände befand, auf dem die Zeremonie stattfand. Candomblé ist eine aus Afrika stammende und von den Sklaven nach Brasilien gebrachte Religion, die in ihrer heutigen Form aber erst in Brasilien entstanden ist. Wegen der Verbote ihrer Besitzer, ihre eigene Kultur und Religion zu leben und zu pflegen mussten sich die Sklaven verschiedene Tricks einfallen lassen, um ihre Religion und Zeremonien zu tarnen. Das führte zu einer Vermischung christlicher Symbole mit jenen des Candomblé. Heute ist es eine Religion wie jede andere in Brasilien und es gibt sogar Brasilianer, die zugleich gläubige Katholiken und Candomblé-Anhänger sind.

Aufgrund der organisatorischen Schwierigkeiten kam unsere Gruppe früher als unser Guide auf dem Gelände an und da keiner so recht wusste, “was, weshalb, warum” standen wir erstmal eine Weile in der Gruppe herum und bewunderten die bereits kostümierten Frauen.

Plötzlich begann sich dann ein Zug zu formieren, der mit Musik begleitet einmal um das Hauptgebäude zog. Wider besseren Wissens- unser Guide war immer noch nicht eingetroffen – liefen wir zusammen mit allen anderen Zuschauern am Ende des Zuges mit. Auf halbem Weg setzte ohrenbetäubendes Feuerwerk ein, von dem schwer zu sagen war, ob es Teil der Zeremonie war oder nicht.
Nach einer Runde ums Haus ging’s schließlich in dieses hinein, wo alles bereits für die Zeremonie vorbereitet war: In einem Kreis formierten sich die Zeremonie-Teilnehmer in dessen Mitte eine Art Gestellt aufgebahrt war, von dem ich nicht genau wusste, wozu es diente. Wir Zuschauer wurden nach Geschlechtern getrennt auf die Zuschauerbänke verteilt. Da ich in meinem Reiseführer bereits davon gelesen hatte, verwunderte mich das nicht weiter. Die Kleiderordnung, die ebenfalls dort beschrieben gewesen war, schien jedoch nicht so streng gehandhabt zu werden. Im Hostel hatte man uns gesagt, kein Schwarz zu tragen. Ich hatte gelesen, dass auch diverse andere Farben tabu waren, was in diesem Fall jedoch nicht zu zutreffen schien. Da Fotografieren wohl aber nur auf Anfrage erlaubt war und unser Guide bis zum Beginn der Zeremonie noch nicht eingetroffen war, so dass ich ihn nicht fragen konnte, verzichtete ich lieber darauf. Es gibt also von dem ganzen Abend keine Fotos, sondern “nur” meine Erinnerung.

Die eigentliche Zeremonie begann damit, dass die Frauen nach und nach (z.T. in kleineren Gruppen) vor dem Gestell in der Mitte des Kreises niederknieten bzw. sich hinlegten und Geld davor ablegten. Zum Teil sah das sehr kurios aus, da die weiten Rücke die Bewegungen sichtlich behinderten. Jede einzelne Opfergabe wurde von den anderen Teilnehmern mit Gesang begleitet. Nachdem diese Runde beendet war wurden die Zuschauer aufgefordert, selbst Opfer zu bringen – aber völlig freiwillig, nur wer wollte. Überhaupt gefiel mir schon zu diesem Zeitpunkt die offensichtliche Ungezwungenheit, in der alles stattfand. Die späteren Erklärung unseres Guides auf der Rückfahrt sollten diesen Eindruck der Candomblé-Religion bestätigen.

Nachdem die Opferrunde abgeschlossen war, begann das was sich die nächsten Stunden immer wieder wiederholen sollte: Die Candomblé-Teilnehmer tanzten begleitet von Trommeln singend im Kreis und immer wieder verfiel einer von ihnen in diesen Trance-Zustand, von dem ich nur schwer sagen konnte, ob er echt oder vorgetäuscht war. In meinen Reiseführern hatte ich gelesen, dass genau dieser Zweifel an der Echtheit der Trance Außenstehenden den richtigen Zugang zur Zeremonie verwehren kann.
Die ganze Zeit über erwartete ich eine gewisse Steigerung, aber auch wenn die Rhythmen schneller und intensiver wurden blieb es bei diesen kurzen Trance-Szenen. Ein Teilnehmer in diesem Zustand wankte innerhalb des Kreises fast wie betrunken, verdrehte die Augen und zitterte am ganzen Körper. Andere Teilnehmer unterstützten ihn dann und legten ihm u.a. auch andere Kleidungsstücke an. Der Grad an Koordination, den die Teilnehmer im Trance-Zustand aber immer noch hatten, ließ mich weiter an deren Echtheit zweifeln.

Dieser Teil der Zeremonie setzte sich eine ganze Weile fort, bis ein Großteil der Teilnehmer das Gebäude verließ. In der Pause wurde uns Zuschauern etwas zu essen serviert. Zum einen eine körnige Masse, die mich an CuzCuz erinnerte und zum anderen Teller mit einem Hähnchenschenkel, Reis und einem Gemüse, das wie Spinat aussah, wohl aber etwas anderes war. Ich versuchte allerdings nur ersteres, da mich letzteres rein optisch nicht so sehr anmachte.
Die Pause wurde durch das Auftauchen der Candomblé-Teilnehmer beendet. Sie waren nun noch krasser geschmückt und die wesentlichen Personen trugen Kostüme völlig unterschiedlicher Art. Später erfuhren wir, dass sie die Orixás darstellten.

Die Zeremonie selbst ging im Prinzip weiter wie bereits zuvor: Wieder Tanzen im Kreis und zwischendurch die fragwürdigen Trance-Zustände, die diesmal meist von innigen Umarmungen anderer Teilnehmer begleitet wurden. Zwischendurch “verirrten” sich zwei Teilnehmer in Trance in den Zuschauerbereich. Wieder ließ mich ihre Fähigkeit, zielstrebig den Weg zwischen den Zuschauerbänken zu finden an der Echtheit der Trance-Zustände zweifeln. Einer als ein Oxalá verkleideter Teilnehmer kam uns sehr nahe und die Art wie er die Augen verdrehte hatte schon etwas seltsames. Ich konnte mich des Verdachts nicht erwehren, dass die Teilnehmer zusätzlich zur Musik evtl. auch unter Einfluss irgendwelcher schwachen Drogen standen. Bestätigungen dafür gab es während der Erklärungen auf der Rückfahrt jedoch nicht.

Das ganze Spektakel ging noch eine Weile so weiter und endete dann ziemlich abrupt mit unserem Abzug. Ein paar Teilnehmer hatten das Haus schon verlassen, andere tanzten bei inzwischen nicht mehr ganz so intensiven Trommelrhythmen noch als unser Guide zum Rückzug pfiff. Vor dem Gebäude standen wir in kleinen Gruppen noch eine Weile zusammen und unterhielten uns über das Erlebnis. Schließlich gings im Auto zurück, wo unser Guide die eigentlich für vor der Zeremonie geplante Erklärung zunächst in Englisch und anschließend in Spanisch vortrug. Alles in allem hatte ich während der Zeremonie zwar dauernd das Gefühl gehabt, dass das ja noch nicht alles gewesen sein konnte und auf eine Steigerung gewartet. Mit der Erklärung wurde vieles aber einleuchtender und im Nachhinein dadurch interessanter. Ich war jedenfalls sehr zufrieden mit dem Abend und froh, diesen wesentlichen Bestandteil afro-brasilianischer Kultur miterlebt zu haben.

Di, 24.07.2007, Tag 4 (Recife)

Heute stand für uns die erste “richtige” Backpacker-Erfahrung an: Da wir am Abend ein Busticket nach Salvador hatten und uns die doch etwas weite Rückfahrt von Recife nach Olinda sparen wollten, nur um unser Gepäck an der Pousada abzuholen, hatten wir beschlossen mit demselbigen aufzubrechen und es den Tag über mit uns zu tragen. Als wir so voll bepackt unsere Pousada verließen wurden wir natürlich gleich von unseren “Guides” begrüßt. Da wir das aber bereits erwartet hatten, hatten wir uns schon darauf verständigt, ein Taxi nach Recife nur für einen unschlagbaren Preis weit unter 30 R$ zu akzeptieren. Prompt bekamen wir Schritt für Schritt auch immer bessere Angebote, die uns aber trotzdem alle zu teuer waren. Auf dem Weg zur Bushaltestelle kam uns unser Guide sogar noch nachgerannt, um noch mit einem noch günstigeren Angebot nachzulegen. Trotzdem lehnten wir gekonnt ab. Zum Glück, denn ein paar Meter weiter fuhr uns ein anderes Taxi über den Weg und bot uns eine Fahrt zur Metro-Station für unschlagbare 10 R$ an. Das war perfekt für uns, da wir sowieso dorthin wollten, um mit dem Bus zum “Oficina Ceramico Francisco Brenand” zu fahren.

Die Busfahrt dorthin dauerte viel länger als gedacht und wir waren über eine Stunde unterwegs – zum größten Teil mit dem sehr schweren Gepäck auf dem Schoß, da der Bus ziemlich voll wurde. Zu allem Übel verpassten wir dann auch noch die Haltestelle, was uns eine weitere Taxifahrt einbrachte. Letztere hätte sich aber sowieso nicht vermeiden lassen, da die Entfernungen zwischen dem “Oficina Ceramico Francisco Brenand” viel größer waren als erwartet. Auf ein “Roundtrip”-Angebot des Taxi-Fahrers gingen wir dann auch ohne großes Verhandeln ein.

Die Ausstellung mit unzähligen Skulpturen aus Keramik in einer sehr schön hergerichteten Anlage war sehr sehenswert. Francisco Brenands Vorstellungsgabe und sein Geschmack für skurriles war allerdings gewöhnungsbedürftig. Die Form eines Eis war überall gegenwärtig und in fast jeder Skulptur auf die eine oder andere Weise vertreten. Nach etwa einer Stunde hatten wir genug gesehen und fuhren mit unserem wartenden Taxi zum “Instituto Ricardo Brenand”, das vom Vater Francisco Brenands gegründet worden war. Hier wurden Gemälde und Waffen aus dem Mittelalter in einer burgartigen Anlage ausgestellt. Erstere Ausstellung interessierte uns beide weniger und daher waren wir dort schnell durch. Nach einer dringend notwendigen Café-/Mittagspause mit Tapiocas gingen wir zur Waffenausstellung. Diese war weitaus interessanter. Außerdem war die ganze Anlage selbst bereits einen Besuch wert gewesen.
Nachdem wir beide Ausstellungen gesehen und uns noch ein wenig ausgeruht hatten, fuhren wir mit einem Taxi zurück zur Bushaltestelle. Zarko quälte sich inzwischen mit Kopfschmerzen und einem schwachen Kreislauf. Die letzten Tage waren eben nicht ohne Anstrengungen gewesen und das Umhertragen des schweren Gepäcks bei doch recht warmem Wetter und der aufgrund des häufigen Regens in den letzten Tagen sehr hohen Luftfeuchtigkeit war natürlich ermüdend. Außerdem hatte er sich Erzählungen zur Folge bereits vor unserer Abreise in Floripa die Nächte um die Ohren geschlagen. Aber Backpacker-Reisen heißt eben nicht Erholungsurlaub pur – zumindest nicht ständig und nicht so wie sich das viele vorstellen.

Nachdem ich während der Mittagspause festgestellt hatte, dass wir am Morgen versehentlich unseren Zimmerschlüssel der Pousada mitgenommen hatten, mussten wir uns nach der Rückkehr ins Zentrum Recifes zunächst noch um diese Angelegenheit kümmern. Wir hinterlegten den Schlüssel aber einfach bei einer Touristen-Info und verständigten die Pousada-Besitzer, die froh zu sein schienen, dass wir uns überhaupt gemeldet hatten.

Anschließend gings zur Rodoviaria, von wo wir einen Bus nach Salvador nahmen. Abfahrt war gegen 19:00 Uhr und nach etwa 13 Stunden Fahrzeit, von denen ich den größten Teil verschlief oder zumindest im Halbschlaf zubrachte, kamen wir in Salvador an. Wir lernten auch noch drei brasilianische Mädels auf den Plätzen hinter uns kennen, mit denen wir uns zeitweise ein wenig unterhielten.

Mo, 23.07.2007, Tag 3 (Recife)

Als wir an diesem Morgen aufwachten schien die Sonne und es versprach ein herrlicher Tag zu werden. Beim Frühstück lernten wir ein Pärchen aus den Niederlanden kennen, die jedoch an diesem Tag bereits weiter in den Nordosten reisen wollten. Auch unsere beiden Französinnen sahen wir wieder. Gerade als wir uns nach dem Frühstück auf den Weg machen wollten, fing es mal wieder an zu regnen. Allerdings war es zum Glück nur ein kurzer Schauer. Nach den Erfahrungen der letzten Tage, schien das hier an der Tagesordnung zu sein. Trotzdem machten wir uns kurz darauf auf nach Recife. Innerhalb unseres Pousada-Geländes lief uns noch eine große Schildkröte über den Weg, die uns ein paar Minuten in ihren Bann zog.

Auf dem Weg zur Haltestelle lief uns unser “Abzocker-Guide” über den Weg und wir fragten ihn noch nach dem richtigen Bus ins Zentrum von Recife. Beim Einsteigen in den Bus erfuhren wir dann aber aber, dass diese Linie zum Strand in Boa Viagem fuhr. Generell hatte ich diese Erfahrung bereits mehrfach in Brasilien gemacht, dass die Locals meist nicht wirklich über ihre eigene Stadt Bescheid wussten und man auf Nachfrage höchst unterschiedliche oder gar widersprüchliche Infos bekam. Das Beste war immer, mehrere Leute zu fragen und der Durchschnittsauskunft zu folgen.
Da der Bus aber schon losgefahren war, fuhren wir eben zunächst nach Boa Viagem. Die Fahrt dorthin dauerte bereits etwa eine halbe Stunde und wir stiegen mangels besserem Wissens einfach irgendwo entlang des Strandes aus. Die Gegend war ähnlich wie an der Copacabana und in Ipanema in Rio de Janeiro angelegt: Parallele Einbahn-Avenidas entlang der Strandpromenade mit Hoteltürmen.
Wir liefen ein wenig den Strand entlang, nachdem wir uns in einem zufällig entdeckten STB-Büro nach Transportmöglichkeiten nach Salvador für den nächsten Tag erkundigt hatten. Mit der Frage “Und wo sind wir gerade?” beim Vorzeigen eines Stadtplans sorgten wir für ein wenig Belustigung bei den Mitarbeitern – tja, wir waren halt Gringos, die sich irgendwie durch den Großstadtdschungel schlugen.

Am Strand relaxten wir eine Weile in je einem der alle paar Meter angebotenen Liegestühlen und genossen “Agua de Coco”. Dieses Mal ließen wir uns zum ersten Mal die Kokusnuss auch aufschneiden, um auch deren Fleisch zu essen. Mir sagte dieses im Vergleich zum deutlich trockeneren das ich bei Marcelos bereits gegessen hatte jedoch nicht so zu.

Anschließend machten wir uns auf den Weg zur Rodoviaria, um dort unsere Bustickets nach Salvador zu kaufen. Entgegen der Auskünfte im Lonely Planet hatten wir im STB_Büro die Info bekommen, dass dies nur an der Rodoviaria selbst möglich war. Dort kauften wir einem Brasilianer dann sogar noch zwei Tickets ab und sparten dabei jeweils ca. 9 R$. Anschließend brachen wir endlich auf ins Zentrum von Recife. Durch den Irrtum mit dem Bus am Morgen und den Trip zur immerhin ca. 14 km außerhalb liegenden Rodoviaria hatten wir einiges an Zeit verloren. So erreichten wir Recifes Zentrum erst gegen 15:00 Uhr und suchten uns erstmal etwas zu essen. Danach nutzten wir die noch verbliebene Zeit um ein wenig das Zentrum und Recife Antigo mit seinen zwischen den modernen Bürotürmen verstreuten Kolonialbauten zu erkunden. Wir hatten natürlich nicht mehr ausreichend Zeit, um einen vollständigen Rundgang zu machen, da es hier bereits gegen 17:30 Uhr dunkel wird. Insgesamt war die Stadt zwar sehr lebhaft (zusammen mit ähnlich katastrophalem Verkehr wie in Rio), von ihrem angepriesenem kolonialen Stil war ich aber ein wenig enttäuscht.

Nachdem wir nach eine Runde durch Recife Antigo gedreht hatten, wo es immerhin eine nette Straße mit einigen alten Kolonialbauten gab wurde es auch schon dunkel und wir machten uns auf den Rückweg nach Olinda.

Da wir eine Weile brauchten, um die richtige Haltestelle zu finden (Nachfragen bei Locals brachte uns einmal mehr höchst widersprüchliche Infos ein) und die Busfahrt über eine halbe Stunde dauerte, verwarfen wir unsere Pläne, gegen später nochmal nach Recife zu fahren. Stattdessen besorgten wir uns einen Wein (für gerade mal 6 R$ – entsprechend schrecklich schmeckte er auch :-)) und ließen den Tag auf der Terrasse unserer Pousada ausklingen. Die beiden Französinnen waren leider nicht da, obwohl wir sie gerne zu einer geselligen Rund eingeladen hätten. Für die nächsten Stationen auf unserer Reise nahmen wir uns vor, nach “richtigen Hostels” Ausschau zu halten, um mehr Kontakt für gemeinsame Aktivitäten mit anderen Backpackern zu haben.

Leider wurden wir etwas später von plötzlich beginnendem Regen vertrieben, weshalb ich auch die Gelegenheit hatte, diesen Bericht noch am selben Abend zu verfassen.

Morgen geht es nach einer Besichtigung des Keramik-Museums weiter nach Salvador, wo wir am Mittwoch Morgen nach etwa 14 stündiger Busfahrt ankommen dürften.

So, 22.07.2007, Tag 2 (Recife)

Nach einer erholsamen Nacht wachten wir mit erneutem Regen auf. Unsere Idee vom Vortrag, an diesem Sonntag ins Zentrum von Recife zu fahren, um dort das Leben auf dem Praca de 13 de Maio zu erleben wurde dadurch in Frage gestellt. Aber zunächst gab’s sowieso erstmal Frühstück, bei dem wir zwei nette Französinnen kennen lernten.

Nach dem Frühstück gingen wir zu einer der vielen Kirchen hier, da ich gelesen hatte, dass man dort einen Gottesdienst mit Gregorianischen Gesängen erleben kann und es wegen des regnerischen Wetters sowieso die einzige Alternative zu sein schien. Die Gesänge waren jedoch eher enttäuschend und wir blieben nur deshalb eine ganze Weile dort, weil wir ständig auf mehr warteten.

Mit dem Beginn des Abendmahls machten wir uns dann aber auf, um ein wenig Olindas schöne Altstadt zu erkunden. Wir hatten unsere Pläne geändert und die Stadtbesichtigung von Recife auf den nächsten Tag verschoben.

Auf unserem Spaziergang durch die Stadt wurden wir von den “Guias” nahezu belagert. An jeder Straßenecke “lauerten” sie und gaben in den meisten Fällen nicht locker. Nach der Erfahrung vom Vortrag blieben wir diesmal aber hart und lehnten auch die aufdringlichsten von ihnen erfolgreich ab.

Ansonsten war unsere Tour durch die Altstadt aber sehr schön und Olinda erfüllte unsere Erwartungen weitestgehend. In einigen Souvenirshops mit wirklich sehr schönen Kunstwerken aus der Region kauften wir nahezu rekordverdächtig ein. Allerdings war alles auch wirklich derart günstig und selbst eine wunderschöne Holzschnitzarbeit erstanden wir für umgerechnet gerade mal 3,50 EUR.

Bei einem Imbiss in Alto da Sé trafen wir auf zwei belgische Backpacker und unterhielten uns eine ganze Weile mit ihnen. Sie gaben uns auch einige wertvolle Tipps für unsere nächste Station Salvador. Wir aßen “Tapioca”, eine Spezialität des Nordostens. Es ist ein Fladen aus Maniokmehl, der auf der Hälfte zusammen gelegt mit verschiedenen Zutaten gefüllt wurde. Ich aß einen mit Käse und Kokusflocken.

Nach diesem kleinen aber feinen Mittagessen (bisher schlugen wir uns hervorragend durch die Erkundung der kulinarischen Spezialitäten) beendeten wir unsere Tour mit einem kurzen Spaziergang am Meer entlang. Dort befanden wir uns allerdings außerhalb der schönen von der “Policia Turista” abgesicherten Altstadt und da die Promenade sowieso kaum die Ehre besaß, als solche bezeichnet zu werden, (alles wirkte ein wenig verfallen und ungepflegt) machten wir uns bald auf den Rückweg zur Pousada. Dort angekommen fing es auch schon wieder an zu regnen, obwohl zuvor sogar die Sonne herauskam und für blauen Himmel sorgte. Der Regen hinderte uns aber nicht an einem kurzen erfrischenden Bad im Pool.

Am Abend machten wir uns auf die Suche nach einem Restaurant und fanden nach ein wenig Suchen auch bald ein gemütliches wo wir einmal mehr “Carne do Sol” aßen. Zum Nachtisch versuchte ich noch mit Käse überbackene Banane, was sehr lecker war. Gerade als wir nach dem Essen aufbrechen wollten fing es erneut an zu regnen. Als es auch nach einer Weile nicht aufhörte machten wir uns trotzdem auf den Weg und entschlossen uns sogar noch für einen Abstecher nach Alto da Sé, um zu sehen, ob dort trotz des Regens noch etwas los war.

Und tatsächlich war dort sogar noch Leben, wobei sich die Leute unter den Regenschirmen und Dächern drängten. Wir entschlossen uns spontan in einen kleinen Club zu gehen, in dem eine Samba-Gruppe spielte. Diese hörte aber blad auf und wurde durch Reagea-Musik von der Anlage ersetzt. Wir hielten uns dort eine Weile auf der Terasse auf, von wo man einen schönen Ausblick auf Olinda und Recife hatte. Gegen später unterhielten wir uns noch mit ein paar Mädels aus Frankreich und Österreich, die uns bereits zu Beginn als Gringos aufgefallen waren – und wir wohl ihnen, da sie uns dieses Mal ansprachen.
Gegen 22:30 Uhr kehrten wir dann zu unserer Pousada zurück und beendeten den zweiten Tag unserer Reise.

Sa, 21.07.2007, Tag 1 (Recife)

Nach einem ziemlich stressigen letzten Arbeitstag am Freitag, an dem wieder einmal viele Dinge auf den letzten Drücker erledigt werden mussten, ging es am Samstag Morgen los auf unsere 4-wöchige Rundreise durch Brasilien. Am Freitag Abend fand im Condominio von Sanella (dasselbe, in dem auch ich noch vor 5 Wochen gewohnt habe) ein Abschiedschurrasco statt.

Am Samstag Morgen holten mich Lucas und Zarko gegen 6:30 Uhr bei Marcelos Haus ab und los gings auf den Flughafen. Marcelo und seine Familie waren bereits eine Stunde früher dorthin aufgebrochen, da sich ihre Abflugszeit am Tag zuvor noch einmal verändert hatte. Auf dem Flughafen trafen wir sie allerdings wieder – ihr Flug hatte aufgrund einer fehlenden Besatzung massiv Verspätung. Auf für unseren Flug wurde beim Check-In nach ewiger Warterei in einer meterlangen Schlange Verspätung angekündigt.
Diesmal hielt es sich aber in Grenzen, so dass wir gegen 9:30 Uhr zum Boarding aufgerufen wurden und schließlich mit etwas mehr als einer Stunde Verspätung in Richtung São Paulo/Guarulhos abhoben. Dort angekommen klappte mit dem Anschlussflug auch alles bestens, da dieser auch Verspätung hatte. Gegen 11.30 Uhr waren wir dann aber auf dem Weg nach Recife. Den Flug verschlief ich zum Teil, da ich in der Nacht zuvor ja nicht besonders viel Zeit dafür gehabt hatte.

Gegen 14:45 Uhr kamen wir mit am Ende nur etwa einer halben Stunde Verspätung in Recife an. Nachdem wir unser Gepäck hatten und uns ein wenig orientiert hatten, suchten wir uns ein Taxi. Dabei machten wir gleich die erste Erfahrung mit dem Verhandeln von Preisen, was hier im Nordosten weit üblicher zu sein schien. Jedenfalls kostete uns die Fahrt nach einigem Hin- und Her nur noch 30 R$ obwohl sie zuvor noch bei 40 R$ lag.

In Olinda bei der Pousada unserer Wahl angekommen, erfuhren wir, dass bereits alles ausgebucht war. Die Auskunft, die ich noch eine Woche zuvor telefonisch erhalten hatte, dass keine Reservierung für das Wochenende nötig sei war also schlicht falsch. Wir wollten uns dann gerade auf den Weg zur Option Nr. 2 machen als wir von zwei “selbsternannten Touristenführern” abgeschleppt wurden. Aber immerhin fanden die beiden nach einiger schweißtreibender Suche eine andere Pousada ganz in der Nähe für uns.
Nach dem sehr zügigen Marsch mitsamt dem Gepäck, den unser Guide bei der Suche nach einer Unterkunft vorgelegt hatte und der so gar nicht zur bereits spürbaren “tranqüilo-Haltung” der Leute hier passte, kühlten wir uns im Swimmingpool erstmal etwas ab.

Später machten wir uns dann auf, um ein wenig die Gegend zu erkunden. Kaum hatten wir unsere Pousada aber verlassen hatten uns die beiden Guides wieder am Wickel. So bekamen wir mehr unfreiwillig eine kleine Tour durch die Altstadt aufgedrängt. Trotz allem war es aber ganz interessant, auf diese Weise noch ein wenig die Stadt am Abend (es war ca. 18:00 Uhr und bereits vollkommen dunkel) kennen zu lernen. Und immerhin bekamen wir ein paar Informationen, die uns sonst vermutlich vorenthalten geblieben wären.

Zum Abendessen führten uns unsere Guides in eine Kneipe, in der wir “Carne do sol” mit Maniok aßen – eine typische Spezialität des Nordostens Brasiliens. Ich war begeistert davon, zumal mir dieses Maniok sowieso sehr gut schmeckte. Unsere Guides ließen sich noch auf einen Drink einladen, verdrückten sich dann aber nachdem sie uns klar gemacht hatten, dass sie gerne jetzt ihre Bezahlung für die kleine Tour und evtl. weitere Touren an den folgenden Tagen hätten. Sie erleichterten uns dafür um 50 R$ und ich nahm mir vor, ab sofort nicht mehr so einfach auf irgendwelche Angebote herein zu fallen.

Nach dem Abendessen, das wirklich sehr gut war kehrten wir zu unserer Pousada zurück, um uns ein wenig auszuruhen. Außerdem hatte der Regen, der schon vor dem Essen begonnen hatte immer noch nicht ganz aufgehört. Deshalb fiel der Plan, gegen später noch in Alto da Sé das Nachtleben zu erkunden, ins Wasser. Wir saßen nur noch bei einem Caipirinha (der extrem stark war) mit ein paar Leuten vom Hostel zusammen, die allerdings alle Locals und ein wenig seltsame Gestalten waren. Eine(r) von der/dem ich nicht mal sagen konnte, ob er/sie eine Frau oder ein Mann war – vermutlich sogar ein Transvestit. Wir verließen die Runde dann auch so gegen 23 Uhr und fielen ziemlich müde von der Reise ins Bett.

Fala Deutsch? – Sprechen Sie portugues?

Am vergangenen Samstag habe ich meinen letzten Ausflug von Florianópolis aus unternommen. Zusammen mit meinen beiden Kollegen Zarko und Eduardo sind wir früh am Morgen nach Pomerode und Blumenau aufgebrochen. Diese beiden Städte gelten hier im Süden als DIE deutschesten Städte Brasiliens und ich wollte sie schon immer mal besuchen, da es mich einfach interessiert hat, wieviel der deutschen (Einwanderer-)Kultur dort noch erhalten ist.

Eduardo holte Zarko und mich gegen 7:30 Uhr am Samstag Morgen ab und los ging’s die etwa 2,5 Stunden nach Pomerode. Dort angekommen, besuchten wir zunächst ein kleines Geschäft mit Fabrikverkauf der bekannten Schmidt Porzellanfabrik, mit der Pomerode in ganz Brasilien berühmt wurde. Anschließend schlenderten wir ein wenig durch das Städtchen und ich muss sagen, dass sie vor allem im Kern schon einen typisch deutschen Eindruck machte. Im Vergleich zu den brasilianischen Städten, die ich bisher kennen gelernt hatte, war der Stadtkern wesentlich sauberer, die Straßen und die Hauswände ordentlicher und gepflegter – wie man das eben von deutschen Siedlungen erwartet ;-)…

Anschließend wollte uns Eduardo die “Rota de Casas Enxamel” zeigen, ein Rundweg vorbei an einigen Fachwerkhäusern nach deutscher Bauart. Allerdings fanden wir den Weg nicht richtig und bekamen bis auf ein oder zwei Ausnahmen keine wirklichen Fachwerkhäuser zu sehen. Zwischendrin waren immer mal wieder Fälschungen zu sehen, deren Betrug aber schon aus der Ferne sofort auffiel.

In meinem Reiseführer war ein Museum über die Entstehung und Geschichte der Stadt erwähnt, das wir danach aufsuchen wollten. Zunächst hatten wir einige Schwierigkeiten es zu finden, da es ein wenig außerhalb der Stadt lag. Nachdem Eduardo sich aber ein paar Mal erkundigt hatte, hatten wir unser Ziel erreicht. Das Museum selbst war nichts besonderes, trotzdem aber nett hergerichtet und interessant zu sehen.

Da es inzwischen Mittag war, machten wir uns nach diesem Abstecher auf in das Restaurant “Wunderwald”, um echte deutsche Küche mitten in Brasilien zu genießen. Ich war wirklich gespannt, was mich dort erwarten würde. Die erste Frage des Kellners beim Austeilen der Speisekarten war dann auch prompt: “Sprechen Sie auch Deutsch?”. Eine portugiesische Karte für Eduardo war dann aber ohne weitere Probleme doch zu bekommen ;-)…

Wir entschieden uns für eine gemeinsame Platte mit gefüllter Ente und weiteren Beilagen, die uns beim Servieren auch liebevoll im Einzelnen auf Deutsch erklärt wurden: Sauerkraut, Rotkraut, Weißwurst, Bockwurst, Klöße, verschiedene Sorten Senf, etc… Für mich machte es den Anschein als wären die Beilagen aus den verschiedensten Regionen Deutschlands zusammengetragen worden – alles in allem jedenfalls eine interessante Mischung. Und vor allem jede Menge, wie wir wenig später feststellten…

Nach diesem sehr reichhaltigen und durchaus sehr guten Mittagessen machten wir uns noch einmal auf, die richtige “Rota de Casas Enxamel” zu finden. Und diesmal hatten wir auch tatsächlich Glück, was allerdings nichts an der Tatsache änderte, dass wir nicht besonders viele echte Fachwerkhäuser zu sehen bekamen. Oft war nur die Vorder- und Rückwand im Fachwerkstil erbaut, gerade so als wolle man den Betrachter absichtlich täuschen. Der Rundweg konnte also keineswegs mit den Versprechen mithalten, die ihm vorauseilten.

Nach dieser eher enttäuschenden Rundtour machten wir uns auf nach Blumenau. Dort angekommen, fuhr uns Eduardo – der ursprünglich aus Blumenau stammt – zunächst ein wenig durch die Stadt. Anschließend zeigte er uns das Rathaus und parkte das Auto in dessen Nähe. Von dort aus wanderten wir ein wenig die Hauptstraße entlang, die erneut auch nach Reutlingen gepasst hätte. Hier war die Ähnlicheit zu Fußgängerzonen in unseren kleinen süddeutschen Städten sogar noch offensichtlicher als in Pomerode. Vor allem die Sauberkeit und Ordentlichkeit stach im Vergleich zu den typischen brasilianischen Städten erneut erkennbar hervor.

Nachdem wir so ein wenig die Stadt erkundet hatten, kehrten wir für einen Kaffee ins “Cafe Colonial” ein. Eigentlich war wesentlich mehr als “nur ein Kaffee”, da dort ein umfangreiches Kaffee- und Kuchen-Buffet ganz nach brasilianischer Art Tradition ist. Es gab bestimmt 10 verschiedene Kuchen und Torten, sowie andere leckere Süßspeisen zur Auswahl – und das ganze für 16 R$ All-You-Can-Eat-Buffet. Obwohl wir eigentlich schon sehr gut zu Mittag gegessen hatten, konnte ich mir das natürlich nicht entgehen lassen und so schlugen wir zum zweiten Mal an diesem Tag ziemlich zu.

Nach diesem Kuchen-Festmahl war es dann auch schon später Nachmittag und so machten wir uns langsam auf den Weg zurück zum Auto. Wenig später waren wir dann auch schon auf dem Rückweg nach Florianópolis und legten in Balneario Camboriú noch einen kleinen Zwischenstopp ein, um die Mole entlang zu laufen. Diese Stadt ist eine typische Touristen-Stadt mit Hoteltürmen direkt an der Promenade und am Strand entlang. Da wir bisher nur auf unseren Reisen nach Foz do Iguacu und nach Curitiba einen kurzen Stopp hier eingelegt hatten, war es aber ganz interessant, ein wenig mehr von der Stadt zu sehen.

Von Balneario Camboriú ging es dann direkt zurück nach Florianópolis, wo mich Eduardo gegen 21:30 Uhr bei Marcelos Haus ablieferte. Es war mal wieder ein schöner Ausflug gewesen und dank Eduardos Begleitung (mit Auto) natürlich wesentlich angenehmer als mit dem Bus – vor allem, da sich die Entfernungen in den eigentlich recht kleinen Städten (für brasilianische Verhältnisse) Pomerode und Blumenau als doch recht groß herausgestellt hatten.

Das war dann wohl auch mein letzter Ausflug von Florianópolis aus. Die nächsten Ausflüge werden von verschiedenen Orten aus auf meiner Rundreise durch Brasilien ausgehen und natürlich wird es auch über diese Berichte geben. Allerdings evtl. erst zeitversetzt nach meiner Rückkehr nach Deutschland – abhängig von den Möglichkeiten, unterwegs günstig auf der Internet zuzugreifen.

Arbeit, Wohnung und Sonstiges… (Teil 2)

Einigen von euch hatte ich ja bereits versprochen, noch einen weiteren Bericht über mein alltägliches Leben hier in Florianópolis zu schreiben. Da ich festgestellt habe, dass ich seit dem Bericht “Eine neue Bleibe” vom 6. März praktisch kein Wort mehr darüber verloren habe, gibt es natürlich auch einiges zu berichten. Vor allem, da die letzten Wochen ziemlich turbulent waren und ich inzwischen seit drei Wochen auch schon nicht mehr in der “neuen Wohnung” wohne. Gerade diese ganzen – weniger erfreulichen – Ereignisse waren auch der Grund, wieso ich mein Blog in den letzten Wochen ein wenig vernachlässigt habe. Das hole ich jetzt aber wieder auf…

Ende Februar bin ich ja von meiner Wohnung in Abrãao in eine andere in Estreito umgezogen (siehe Google Earth Koordinaten und den Bericht “Eine neue Bleibe” vom 6. März). Die ersten zwei bis drei Wochen habe ich dort zusammen mit meinem Vermieter gewohnt, was ein Erlebnis für sich war :-/… Wenn ich Abends von der Arbeit heim kam war für gewöhnlich bereits ein Freund von ihm da und sie haben entweder Musik in voller Lautstärke gehört oder PlayStation in ähnlichem “Volume-Level” gespielt. Die Küche war die Woche über praktisch nicht benutzbar, da die Spüle und die wenigen Ablagemöglichkeiten mit dreckigem Geschirr vollstanden. Einmal pro Woche kam eine Haushälterin zum Saubermachen vorbei, was dann auch für etwa ein bis zwei Tage anhielt. Dann ging der Kreislauf wieder von vorne los…

Verglichen mit den Wochenenden war das aber alles noch harmlos. Am Freitag Abend gings los mit Party, die dann bis tief in die Nacht (ca. 5 Uhr) dauerte. Zu diesen Parties war natürlich immer “Full House” und die ganzen Freunde übernachteten auch für gewöhnlich im Wohnzimmer und dem dritten Zimmer. Wenn ich am Samstag Morgen aufgestanden bin, lagen eigentlich immer ein oder zwei Personen irgendwo im “Wohnzimmer herum”.

Diese Situation war insgesamt nicht besonders erfreulich und forderte meine Toleranz doch in nicht unerheblichem Maße heraus. Ich bin einfach nicht WG-erprobt und auch nicht besonders begeistert davon, mir meine letzte Rückzugsmöglichkeit mit anderen Personen zu teilen, vor allem, wenn diese dann solche Chaoten sind wie hier. Mit dem Wissen, dass alles für eine begrenzte Zeit sein würde und dem Versprechen meines Vermieters, dass es nach seinem Auszug “ruhiger” zugehen würde, meisterte ich diese Zeit aber auch.

Thiago (mein Vermieter) wollte in der dritten Woche nach meinem Einzug schließlich ausziehen, um Platz für seine Ex-Frau zu machen. Sein eigentlicher Auszug fiel damit genau auf das verlängerte Wochenende, das ich mit meinem Kollegen Zarko auf der Ilha do Mel in Paraná verbrachte. Als wir am Sonntag von unserem Kurzurlaub zurück kamen und ich auch noch Björn mitbrachte, den wir auf der Ilha do Mel kennen gelernt hatten, traf mich der erste Schock: Der Kühlschrank war ohne Rücksicht auf Verluste ausgesteckt worden und die wenigen Dinge von mir fingen bereits an zu riechen. Außerdem war die Küche mal wieder ein Chaos vor lauter dreckigem Geschirr, das überall herumstand. Thiago schien aber bereist ausgezogen zu sein, da seine Sachen zum größten Teil nicht mehr im Apartment waren.

Als ich am Montag Abend von der Arbeit nach Hause kam, war der ausgesteckte Kühlschrank noch getoppt worden: Er fehlte jetzt ganz und meine Sachen waren in der Küche aufgeschichtet – inklusive der Butter, die bei den durchaus noch sommerlichen Temperaturen natürlich bereits begann davon zu laufen. Außerdem war die Küche weiterhin ein Chaos – sogar eher noch schlimmer als am Tag zuvor. Ich rief dann natürlich sofort Thiago an und beschwerte mich. Dieser wimmelte mich wie immer mit der typisch brasilianischen “tranqüilo”-Haltung ab, ganz nach dem Motto “take it easy, es wird schon alles werden”. Begeistert war ich davon natürlich nicht, aber was sollte ich machen?

Leider war das bei weitem noch nicht alles: Am Dienstag Abend fehlte dann neben dem Kühlschrank auch noch der Strom in der ganzen Wohnung. Ziemlich sauer rief ich erneut Thiago an, der sich völlig unschuldig gab und erklärte, es gäbe ein Problem mit dem Zentralschalter. Nach meiner bisherigen Erfahrung lag das Problem aber sehr wahrscheinlich eher an ungezahlten Rechnungen. Immerhin schickte er zwei Freunde vorbei, die aber natürlich auch nicht viel ausrichten konnten. Den Abend verbrachte ich dann im Kerzenlicht.

An den folgenden Tagen funktionierte zwar wenigstens der Strom wieder, dafür fehlten aber einige Dinge von mir (Handtücher, etc.), die Thiago einfach kurzer Hand mitgenommen hatte. Außerdem meldete er wenige Tage später ohne weitere Ankündigung den Internet-Zugang auf seine neue Wohnung um, so dass auch mein Draht zur Außenwelt gekappt war. Zudem musste ich mit dem Chaos in der Küche für ziemlich genau eine Woche leben, bis die Haushälterin zum Ordnung machen vorbei kam. Trotz aller Unannehmlichkeiten hütete ich mich davor, selbst damit anzufangen, da ich Thiago diesbezüglich auf gar keinen Fall entgegen kommen wollte. Er hatte schon so viele Probleme verursacht, dass ich bereits einen ziemlichen Hass auf ihn schob.

Wenige Tage später zog Thiagos Ex-Frau dann ein und brachte neben ihrem einjährigen Kind noch eine Mitarbeiterin von Thiago mit, die für die nächsten zwei Wochen die meiste Zeit ebenfalls in der Wohnung wohnte. Leider stellte sich sehr schnell heraus, dass die beiden Frauen bezüglich Ordnung halten nicht wesentlich besser waren als Thiago und seine Freunde. Und so sah es in der Küche die meiste Zeit weiterhin so aus als hätte eine Bombe eingeschlagen und der Kleine tat außerdem auch noch sein bestes, um zusätzlich für Unordnung zu sorgen. Wenn ich mal für ein paar Minuten meine Zimmertür nicht schloss, schloss er mein Zimmer ebenfalls in seinen “Spielbereich” mit ein, was mich hinsichtlich meiner empfindlichen elektronischen Geräte wie Notebook und Festplatte nicht besonders begeisterte. Seine Mutter war aber eher schlecht als recht in der Lage, ihn ausreichend zu beschäftigen oder ihm einfach nur klar zu machen, dass mein Zimmer für ihn tabu war. Also hieß es für mich eben immer Türe schließen oder dauernd ein Auge auf den Kleinen und seine neuesten Absichten zu haben…

Die Installation eines neuen Internet-Zugangs zog sich ganz nach Thiagos Art und Weise die Dinge zu regeln natürlich über Tage hin. Ich wurde Tag für Tag immer wieder vertröstet und kann inzwischen nicht mehr genau nachvollziehen, wie lange ich insgesamt warten musste. Jedenfalls “organisierte” Thiago irgendwann die Mitbenutzung eines geteilten DSL-Zugang zwei Stockwerke über uns, den wir für etwa 3 bis 4 Wochen auch nutzten konnten.

Dann fiel dieser Zugang aber plötzlich auch wieder aus und nach ein wenig Hin- und Her erfuhren wir, dass wir von dem Besitzer des DSL-Modems zwei Stockwerke über uns ausgesteckt wurden, da sich andere Teilnehmer im “Hausnetzwerk” über einen zu langsamen Zugang beschwert hatten. Außerdem wurden wir darüber aufgeklärt, dass Thiago diesem angeblichen Freund scheinbar nichts für die Mitbenutzung des Zugangs gezahlt hatte. An meiner monatlichen Miete inklusive Internet-Zugang hatte sich aber natürlich nichts geändert…

Und wieder ging die Warterei und täglichen Anrufe bei Thiago los. Er wollte sich um einen eigenen Anschluss per TV-Kabel für uns kümmern, was sich aber natürlich erneut einige Zeit hinzog. Schließlich wurde tatsächlich ein neues Kabel installiert und wir bekamen unseren eigenen Anschluss, der nun allerdings nur noch mit einem PC zur selben Zeit verwendbar war. Also brachte uns Thiago nach weiteren zwei bis drei Tagen Wartezeit einen WAN-Router vorbei. Diesen schlachtete meine werte Mitbewohnerin allerdings sofort, da sie schlicht keine Ahnung von Elektronik hatte und das für 110 Volt gedachte Netzteil ohne nachzufragen in die 220 Volt Steckdosen einsteckte (in Brasilien gibt es Regionen mit 110 Volt und andere mit 220 Volt – Florianópolis gehört zu den letzteren). Seltsamer Weise schien der Router zwar noch zu funktionieren, teilte unseren Computern aber keine IP-Adressen mehr zu. Er war also nicht mehr zu gebrauchen und wir mussten uns mit der Nutzung des Zugangs dauernd absprechen. Da alles aber nicht meine Schuld gewesen war, bestand ich nach der Arbeit ziemlich klar verständlich auf den Zugang und beendete damit regelmäßig die Nutzung für Adriana.

Eines Tages “kümmerte” sich Thiago dann um den Router und installierte ihn angeblich erfolgreich in der Wohnung. Zunächst konnte ich es nicht glauben, da ich wirklich alles versucht hatte. Selbst mit WireShark hatte ich die Kommunikation zwischen Router und PCs abgehört, um herauszufinden, woran das Problem lag. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass er das Problem so kurzer Hand gelöst hatte. Ein schneller Test führte aber zu der Erkenntnis, dass er einfach unsere PCs zusammen mit dem TV-Kabelmodem in die LAN-Buchsen des Routers gesteckt hatte, so dass dieser lediglich als Switch fungierte, was er trotz Beschädigung durch die Überspannung noch konnte. Man beachte, dass Thiago im Bereich Netzwerke tätig ist und eine Firma hat, die Lösungen in diesem Bereich verkauft. Mehr als die Enttäuschung, dass die gemeinsame Nutzung des Zugangs weiterhin nicht möglich war, ärgerte ich mich eigentlich über die Unverfrorenheit, mit der mich Thiago zu “besch…” versuchte. Vor Adriana stand ich natürlich erstmal als “unfähiger Trottel” da, da ich den Router nicht in Gang bekommen hatte. Daran änderten auch lange Erklärungen nichts, da sie den Sachverhalt einfach nicht verstand oder ihn nicht verstehen wollte.

Nach einigem Hin- und Her entschloss ich mich dann ein paar Tage später, einfach eine zweite Netzwerkkarte für ihren PC zu kaufen und diesen als Software-Router einzurichten. Das scheiterte zwar kurzzeitig noch an den Zicken ihres aus unerfindlichen Gründen sehr instabilen PCs, wurde dann mit Thiagos Hilfe (im Wesentlichen machte er nichts weiter als einen Hardware-BIOS-Reset, zu dem ich mich aufgrund von Verantwortlichkeiten für das Gerät nicht hatte durchringen können) gelöst. Ab sofort konnten wir also den Internet-Zugang wieder gleichzeitig benutzen.

Damit waren die größten Probleme im Zusammenhang mit der Wohnung gelöst und mit der konstanten Unordnung musste ich eben irgendwie zurecht kommen. Dazu rief ich mir immer wieder ins Bewusstsein, dass alles nur für eine begrenzte Zeit war und außerdem war ich ja unter der Woche praktisch nur für ein paar Stunden am Tag und zum Schlafen in der Wohnung. Und an den Wochenenden floh ich immer irgendwo hin – entweder in die Stadt oder ich unternahm anderweitig Ausflüge. Nebenbei weiterhin immer allein, da sich an der Motivation der AIESECer trotz aller Versprechen während der Discovery Days nichts geändert hatte.

Neben der Probleme mit der Wohnung und dem Internet-Zugang kam nach dem verlängerten Wochenende um den ersten Mai ein weit größeres hinzu: Als ich am Dienstag von meinem mehrtägigen Ausflug nach Santo Angelo und São Miguel das Missões zurück in die Wohnung kam, musste ich feststellen, dass mir mein restliches dort deponiertes Geld (ca. 200 R$ und 50 USD) geklaut worden war. Natürlich ging ich sofort zur Polizei, die aber außer der Anfertigung eines Berichts und einem längeren Gespräch mit dem Chef nichts weiter unternahmen. Prescilia (die Mitarbeiterin von Thiago, die für etwa zwei Wochen bei uns in der Wohnung wohnte), war an dem Wochenende zu Hause gewesen und hatte das Apartment nach eigenen Angaben nur für wenige Minuten zum Telefonieren verlassen. Das Geld war in einer Außentasche meines Reisetrolli verstaut und der Reißverschluss mit einem Vorhängeschloss gesichert gewesen. Die Diebe hatten ein Loch in die Trennwand zwischen dieser und einer anderen Außentasche geschnitten und waren so an das Geld gekommen. Das seltsame war, dass sonst nichts fehlte (Notebook, Festplatte, andere Gegenstände meiner Mitbewohner) und die Diebe zudem Wissen darüber gehabt haben mussten, wo ich das Geld verstaut hatte. Zum Glück hatte ich aber das meiste davon sowieso auf meiner Reise dabei gehabt, so dass sich der Schaden einigermaßen in Grenzen hielt. Trotzdem war es natürlich zusammen mit der ganzen Rennerei zur Polizei ein weniger erfreuliches Erlebnis…

Nach diesem Theater verliefen die folgenden Wochen einigermaßen ruhig und ohne größere Zwischenfälle. Am Wochenende nach meinem Aufenthalt in Santo Angelo fanden die AIESEC Discovery Days statt, an denen neue Mitglieder in die Arbeit von AIESEC eingeführt wurden. Dort hielt ich auch meine Country-Presentation und außerdem eine scheinbar bewegende Ansprache über die Missstände im Service, den uns AIESEC Floripa vor Ort bot. Zusammen mit Zarko prangerte ich das mangelnde Interesse an Aktivitäten mit den Trainees an und stieß dabei scheinbar auf Gehör, was mich selbst sehr überraschte. Ich rechnete tatsächlich damit, dass sich die Dinge ein wenig verändern würden, auch wenn wir davon natürlich nicht mehr allzu viel haben würden, da der größte Teil unserer Zeit in Floripa bereits hinter uns lag. Wie bereits oben kurz erwähnt, wurde ich aber diesbezüglich erneut enttäuscht. Zwar bekamen wir nun immerhin den einen oder anderen Anruf und vor allem in den Wochen unmittelbar nach den Discovery Days schien das Interesse zumindest minimal gehoben zu sein, das schlief aber über die Zeit auch sehr schnell wieder ein, so dass man unter dem Strich eigentlich sagen konnte, dass sich nicht wirklich etwas verändert hatte. Einmal mehr eine Erfahrung mit der AIESEC-Krankheit “viel reden und nichts tun”.

In meiner 30. Arbeitswoche verbrachte ich dann vom 02. bis 09. Juni eine Woche in Rio de Janeiro (siehe Bericht dazu) und machte dort mit zwei Ausnahmen hinsichtlich der AIESECer ähnliche Erfahrungen wie hier in Floripa: Sie kündigten bereits Wochen vorher ihr großes Interesse daran an, mich kennen zu lernen und zu treffen – am Ende sah ich die ganze Woche über nur ein paar wenige von ihnen und verbrachte nur einen einzigen Abend in einer etwas größeren Runde. Ansonsten unternahm ich meine Touren größten Teils mit Backpackern aus meinem Hostel oder zum Teil auch allein.

Dieses unheimlich geringe Interesse an Aktivitäten zusammen mit den Trainees und/oder die Unorganisiertheit, die diese letztlich scheitern lassen (so genau weiß ich nicht, was das Problem ist), ist jedenfalls eine der negativen Seiten meines Aufenthalts hier. Ich hätte mir mehr soziale Kontakte gewünscht und hätte gerne mehr Leute mit ähnlichen Interessen und weniger Lethargie kennen gelernt. Aber man kann andere nun mal nicht ändern und so mache ich eben weiterhin das Beste aus meinem Aufenthalt und genieße ihn und die Erfahrungen, die ich hier mache, wie sie kommen.

Am Freitag nach meiner Rückkehr aus Rio de Janeiro stand eine weitere dieser tiefgreifenden Erfahrungen für mich auf dem Programm: Während ich bei der Arbeit war, wurde erneut in unsere Wohnung eingebrochen! Dieses Mal war der Schaden deutlich größer, da mir insgesamt 1200 Reais, meine DigiCam samt Akkus und Speicherkarte (die Fotos habe ich zum Glück vorher noch heruntergeladen, so dass sich der immaterielle Schaden in Grenzen hielt) und mein Elektrorasierer (wer zur Hölle klaut sowas?) geklaut wurden. Erneut waren die Diebe ohne Gewalt in das Apartment eingedrungen, hatten also einen Schlüssel. Dieses Mal war sogar meine Zimmertür abgeschlossen gewesen, was aufgrund der sehr einfachen Schlösser aber natürlich kein größeres Hindernis gewesen war.

Vor allem aufgrund der Tatsache, dass ich Mitbewohner oder zumindest Personen aus deren Umgebung für den Diebstahl verantwortlich mache (Beweise habe ich natürlich keine und deshalb kann ich natürlich auch nichts weiter unternehmen), bin ich sofort am Samstag nach dem Diebstahl aus der Wohnung ausgezogen und wohne seit dem wieder bei Marcelos Familie, wo ich auch schon die ersten drei Wochen nach meiner Ankunft in Brasilien gewohnt hatte. Dort bin ich wieder herzlich aufgenommen worden und für meine restliche Zeit in Floripa wenigstens sicher untergebracht, ohne befürchten zu müssen, erneut beraubt zu werden. Ich fühlte mich nach diesem erneuten Diebstahl so schlecht, dass ich mehr als einmal an einen sofortigen Abbruch meines Aufenthalts hier in Brasilien gedacht habe. Mit der Unterstützung meiner Eltern und Freunde zu Hause konnte ich mich zum Glück aber wieder aufrappeln und kann inzwischen wieder in die Zukunft schauen und mich auf meine Rundreise durch Brasilien freuen.

Nach dem bereits wohlbekannten Hin- und Her mit Polizeibesuchen und dem Verkauf meiner gebrauchten Möbel, habe ich inzwischen vollständig mit der Wohnung abgeschlossen und den Kontakt zu Thiago (meinem Ex-Vermieter) und den anderen Beteiligten so gut es geht abgebrochen. Ich hege auch keinerlei Interesse daran, diesen in irgendeiner Weise aufrecht zu erhalten. Prescilia, die Thiago vor mir und vor der Polizei für den zweiten Diebstahl verantwortlich gemacht hatte, fing jedoch in den letzten Tagen an, eine große Sache daraus zu machen. Sie wollte sich vor der Polizei verteidigen und außerdem ein Gerichtsverfahren einleiten. Ersteres scheiterte letzte Woche jedoch daran, dass die Beamten die Unterlagen zum ersten Diebstahl (die sie aus irgendwelchen Gründen für eine weitere Untersuchung dringend benötigten) nicht finden konnten – es lebe die EDV und deren Anwender! Wir wurden auf später vertröstet und man wolle sich bei mir melden. Nach meinen bisherigen Erfahrungen wäre ich aber zutiefst überrascht, sollte ich tatsächlich einen Anruf von der Polizeidienststelle bekommen…

Abgesehen von all diesen Problemen, die die letzten Wochen natürlich weniger erfreulich für mich gestaltet hatten, habe ich auch ansonsten bereits weitestgehend mit meinem Aufenthalt zumindest hier in Floripa abgeschlossen. Auch die Arbeit gibt mir nicht mehr so viel, wie es am Anfang noch der Fall gewesen war: Die anfängliche Euphorie um mein eigenes Projekt für das Management von Entwicklungstasks nach Methoden der agilen Softwareentwicklung, wurde schnell von anderen – angeblich wichtigeren – Tasks unterbrochen, die mich zum Teil wieder zum Fixen von Bugs und anderen unverständlichen Aufgaben verdammten. Dazwischen stand dann der zweite Versuch, das Tool zum funktionalen Testen nun endlich auf unser Hauptprojekt Sigilowin anzuwenden. Das war anfangs zwar sehr nervig, da natürlich bei weitem nicht alles funktionierte – um nicht zu sagen, das wesentlichste eigentlich nicht. Durch die konsequente Zusammenarbeit zwischen mir und meinem Kollegen Zarko, aus der sich Thiago (unser Boss) aus schlichten Zeitgründen weitestgehend heraushielt, konnten wir jedoch Schritt für Schritt zügig auf eine Lösung der Probleme hinarbeiten. Inzwischen habe ich auch erfolgreich einige Tests für unser Hauptprojekt geschrieben, die soweit funktionieren und auf ihre Anwendung vor dem nächsten Release warten. Letzten Freitag habe ich schließlich nach etwa einmonatiger Pause meine Arbeit an meinem eigenen Projekt wieder aufgenommen und kann in den verbleibenden zwei Wochen mit etwas Glück vielleicht sogar eine erste benutzbare Version fertigstellen.

Thiago ist in der Zwischenzeit so im Stress, dass er praktisch nicht mal Zeit für kurze Fragerunden hat, was natürlich den gesamten Entwicklungsprozess mit all den vielen Baustellen in den verschiedensten Projekten merklich behindert. Er scheint nun endlich zu merken, dass unsere Arbeitszeit bald beendet ist und er dann vor einem mittel- bis enorm großen Problem steht. Neben der Arbeit am zweitgrößten Projekt “Módula ModPosto” hat er in den letzten Tagen auch noch alle Hände voll zu tun mit der Auswahl von Bewerbern auf ausgeschriebene Stellen. Alles in allem gibt es im Moment einfach zu viele Baustellen und der Entwicklungsabteilung fehlen ein oder zwei fest angestellte Mitarbeiter, die die eigentliche Entwicklung voran treiben könnten, während Thiago sich um das Management kümmert. Projektleiter und Entwickler in einer Person zu vereinen geht nunmal meist schief. Außerdem besteht natürlich auch das Problem, dass mit dem Ausscheiden der Trainees aus dem Team alle 8 bis 12 Monate das gesamte angesammelte Wissen “verloren” geht oder notdürftig auf die Nachfolger übertragen werden muss. Dadurch geht viel wertvolle Zeit verloren, die letztlich einfach nur Geld und Nerven kostet.

Natürlich beeinflusst diese ganze Situation auch meine Einstellung zur Arbeit und so muss ich im Moment zugeben, dass ich nicht mehr die volle Motivation aufbringen kann, die ich zu Beginn meines Praktikums mitgebracht habe. Ich zähle in gewisser Weise die verbleibenden Arbeitstage und freue mich auf meine Rundreise durch Brasilien und meine anschließende Rückkehr nach Deutschland. Das bedeutet allerdings nicht, dass ich alles was ich hier an Erfahrung und Praxiswissen dazu gelernt habe klein reden wollte. Ich habe sogar enorm viel dazu gelernt – auf beiden Seiten: Sowohl in der Programmierung mit Delphi selbst, im Bereich Datenbanken und im Bereich Methoden der Softwareentwicklung, wie aber auch im Bereich Personalführung und dem Management von größeren Softwareprojekten. In den letzten beiden Bereichen habe ich zwar keine unmittelbare Erfahrung selbst gemacht, konnte aber sehr gut beobachten, was schief laufen kann und werde dieses Wissen mit Sicherheit in meiner eigenen beruflichen Zukunft gut gebrauchen können.

Nun sind es noch knapp zwei Wochen bis zu meinem vorläufigen Abschied von Floripa am 21. Juli und meiner grandiosen Rundreise quer durch Brasilien. Inzwischen könnt ihr in der Google Earth Koordinatendatei auf meiner anderen Website meine ungefähre Reiseroute nachvollziehen. Natürlich wird sich diese an manchen Stellen noch ändern und vielleicht gibt es ja auch den einen oder anderen Bericht von unterwegs…

Wanderung am Lagoa Peri

Nach der sehr schönen und ereignisreichen Woche in Rio de Janeiro habe ich beim Hochladen der Fotos und Berichte festgestellt, dass auch noch ein Bericht über meine letzte Wanderung am Lagoa Peri ausstand. Und ja, der zweite Bericht über mein alltägliches Leben kommt auch noch – auch wenn dieses nun bald zu Ende ist ;-)…

Für Samstag, 26.05.2007 war das Wetter hier in Florianópolis nach den sehr kalten und regnerischen Tagen als sehr schön und sonnig angekündigt. Also nutzte ich natürlich die Gelegenheit, mal wieder eine Tageswanderung auf der wunderschönen “Ilha de Santa Catarina” zu unternehmen. Es stehen ja noch immer einige “Trilhas” aus, die ich noch nicht kenne. Für dieses Mal hatte ich mir einen Weg am “Lagoa Peri” im Süden der Insel vorgenommen. Einmal mehr versucht ich, die AIESECer zur Teilnahme zu bewegen und hatte tatsächlich darauf gehofft, dass der eine oder andere seine Äußerungen “wie gern er doch mal eine Wanderung mitmachen würde” in die Tat umsetzen würde. Leider wurde ich einmal mehr enttäuscht und glaube inzwischen nicht mehr daran, dass sich an dieser Lethargie der lokalen AIESECer bis zum Ende meines Praktikums noch irgendetwas ändern wird.

Da ich aber sehr gut allein zurecht komme (mein Aufenthalt hier hat mich in dieser Hinsicht deutlich geprägt), zog ich eben auf eigene Faust los. Mit dem Bus gings nach Armação, wo ich den Beginn des Weges finden musste. Mit ein wenig Herumfragen gelang mir das auch ohne größere Probleme und so war ich einige Zeit später an dem im Vergleich zum Lagoa Conceição deutlich kleineren See angekommen. Der Lagoa Peri ist ein richtiger Süßwassersee und nicht wie der Lagoa Conceição mit dem Atlantik verbunden. Er ist viel naturbelassener als letzterer und deutlich weniger besucht. So traf ich nur zwei Einheimische, die mit einer Jolle ein wenig auf dem See herumkreuzten. Mit einem von beiden unterhielt ich mich eine Weile und wanderte dann weiter am See entlang.

Auf einem Felsen am Ufer legte ich eine kleine Mittagspause ein, was eine gute Wahl gewesen war. Der Weg führte anschließend nämlich im sprichwörtlichen Sinne über “Stock und Stein” ziemlich bergauf und mehr und mehr vom See weg, von dem ich wenig später wegen des dichten Waldes auch nichts mehr sah. Ich folgte dem Weg immer weiter und kam schließlich auf eine kleine Lichtung, auf der ich mich wegen einiger nervigen Mosquitos aber nicht länger aufhielt. Kurze Zeit später hatte ich ein eingezäuntes Gelände erreicht, auf dem ein Einsiedler mit seinen Tieren leben musste, von dem ich auf einer Website über den “Trilha” gelesen hatte. Da ich neugierig war näherte ich mich nach kurzem Überlegen vorsichtig dem Haus. Ich wusste ja nicht, wie ich empfangen wurde, zumal oben am Hang ein Hund anfing wie wild zu bellen. Es stellte sich aber heraus, dass das ein ganz kleiner war und ich sehr willkommen zu sein schien. Marcelo, so der Name des Einsiedlers, führte mich ein wenig herum und erzählte mir in sehr schwer verständlichem Portugiesisch ein wenig über sein Leben in der Wildnis. Nach eigenen Angaben war er zum Teil Analphabet und wohnte bereits seit 3 Jahren mit seinen Tieren (ein paar Gänse, der Hund, …) hier in der Wildnis abseit von jeglicher Zivilisation. Er schien sehr naturverbunden zu sein, was wohl auch der Grund war, weshalb er allein hier draußen lebte.

Nachdem wir uns ein wenig unterhalten hatten, bot er mir an, mich in seinem Kanu ein Stück den Bach hinaufzufahren. Diese Fahrt führte duch eine Art “Miniaturversion” von Dschungel und war wirklich interessant (siehe Fotos). Allerdings hatte ich wohl etwas falsch verstanden, denn nachdem wir den See erreicht hatten, lieferte mich Marcelo an dem Felsen ab, auf dem ich bereits wenige Stunden zuvor meine Mittagspause eingelegt hatte. Er nannte ihn “Pedra de Jacaré (= Krokodilfelsen) und meinte ich könne von dort zurück ins Dorf laufen. Auf meine Äußerung, dass ich eigentlich geplant hatte, auf die andere Seite der Insel zu wandern, meinte er nur, der Weg hinter seinem Grundstück sei gesperrt. Da ich dies nicht überprüfen konnte, machte ich mich also auf den Rückweg nach Armação. Auf Überraschungen muss man in Brasilien eben immer gefasst sein und die Kanufahrt war den vorzeitigen “Abbruch” meiner Wanderung absolut wert gewesen.

Als ich wieder in Armação ankam war es noch recht früh am Nachmittag und deshalb entschied ich mich spontan, mit dem Bus noch nach Costa de Dentro weiter zu fahren, um dort noch ein wenig zu laufen. Dort stellte ich allerdings fest, dass es nicht besonders viel zu sehen gab und verbrachte deshalb noch einige Zeit am Strand von Pântano do Sul sitzend. Mit dem Verschwinden der Sonne hinter den Bergen wurde es dann auch empfindlich kühl, so dass ich mich mit dem Bus auf den Rückweg in die Stadt machte. Insgesamt war es mal wieder ein gelungener Ausflug, auch wenn ich leider einmal mehr allein gewesen war. Aber daran habe ich mich ja inzwischen fast gewöhnt…

Am Sonntag Nachmittag fand dann bei Ariel, einem neuen AIESEC-Mitglied, noch ein typisch brasilianisches Churrasco statt. Das Wetter war aber bei weitem nicht mehr so schön wie am Samstag und es war ziemlich kühl. Trotzdem zog sich die Party natürlich bis Abends hin, so dass ich den ganzen Tag in Pântano do Sul verbrachte. Es war aber eine ganz nette Runde mit einigen interessanten Gesprächen. Lediglich am Abend zog sich der Aufbruch für meinen Geschmack viel zu lange hin. Da die Fahrer immer wieder meinten, sie würden in Kürze gehen, wartete ich mehrfach noch eine kurze Weile ab, bevor ich den Bus nehmen wollte. Dieses Spiel zog sich dann für etwa 1,5 Stunden hin, gegen 20:00 Uhr brachen wir dann aber endlich auf und Lucas fuhr mich sogar nach Hause auf den Kontinent.

Rio de Janeiro (Tag 8) – Rückreise

Obwohl es von meinem Rückreise-Tag aus Rio eigentlich nicht viel zu berichten gibt, habe ich der Vollständigkeit halber doch einen gesonderten Bericht als Abschluss meiner Serie verfasst…

Nach dem Frühstück holten mich gegen 10:00 Uhr Carola und eine andere AIESECerin ab, deren Namen ich mir mal wieder nicht genau genug gemerkt habe. Natürlich wollten beide erstmal wissen, was am Tag zuvor passiert war und so merkte ich gar nicht, dass wir in eine sehr unbekannte Richtung fuhren. Als es mir dann bewusst wurde, dachte ich zunächst, dass sie einfach nur einen anderen Weg auf den Stadtflughafen Santos Dumont nahmen. Nach einiger Zeit kam es mir dann aber doch komisch vor, weil die Fahrt schon eine Weile gedauert hatte und der Flughafen eigentlich nicht so weit vom Hostel entfernt war. Also informierte ich die beiden, dass ich vom Stadtflughafen und nicht vom internationalen abfliegen würde… Sie hatten das trotz mehrfacher Ankündigung per eMail von meiner Seite tatsächlich verpeilt und hätten mich in Galeão abgeliefert. Also ging es zurück zum städtischen Flughafen Santos Dumont, den wir trotz allem absolut pünktlich erreichten.

Ich war schon gespannt, was für eine Geschichte ich beim Eincheck aufgetischt bekommen würde und wieviel Verspätung mein Flug haben würde. Und prompt hieß es, dass alle 3 Flughäfen in São Paulo geschlossen seien. Trotzdem ging irgendwie ein Flug und da ich auch nach wiederholtem Nachfragen nicht so richtig verstand, wie das ablaufen würde, ließ ich mich einfach überraschen. Die Abflugzeit lag 20 Minuten VOR der in meiner Buchung angegebenen, so dass ich mich auch kurz darauf von den beiden Mädels verabschiedete und zum Gate ging. Dort wartete ich dann etwa eine Stunde, bis mein Flug 30 Minuten später als in meiner Buchung bestätigt aufgerufen wurde.

Abgesehen von dieser kleinen Verspätung, die ja nun wirklich nicht der Rede wert ist, ging ansonsten alles glatt. Auch der Anschluss in São Paulo war diesmal kein Problem – einmal davon abgesehen, dass ich das Flugzeug verlassen, einmal um den Block rennen musste und am Ende im gleichen Flugzeug auf dem gleichen Platz saß ;-). Gegen 15:30 Uhr kam ich schließlich mit etwa einer halben Stunde Verspätung in Florianópolis an.

Abschließend kann ich sagen, dass ich eine wunderschöne Woche in Rio de Janeiro verbracht, unheimlich viel gesehen und erlebt habe und leider auch in die “Gepflogenheiten” der Stadt eingeweiht wurde :-/. Aber wie schon gesagt, mein Erlebnis lasse ich mir dadurch nicht versauen und meine Brasilien-Reise im Juli/August stelle ich deshalb auch nicht unter einen schlechten Stern!

Über Rio de Janeiro selbst kann ich folgendes sagen: Es ist wirklich eine sehr schöne Stadt, insbesondere wegen ihrer Lage in der Bucht “Guanabara” und den vielen kegelförmigen Bergen in der Umgebung. Außerdem gibt es sehr viel zu sehen, so dass eine Woche wie so oft eigentlich gar nicht ausreicht. Andererseits kann man sowieso nie alles sehen und muss immer eine Auswahl treffen. Bei aller Begeisterung muss ich allerdings auch sagen, dass ich nicht in Rio de Janeiro leben wollte. Dafür wäre mir die Stadt zu hektisch (Verkehr!) und zu unsicher. Dauernd überlegen zu müssen, ob man nun diesen oder jenen Bus nehmen kann/sollte (Sicherheit!) usw. wäre mir dann doch zuviel Stress…

Rio de Janeiro (Tag 7) – Ausgeraubt

An meinem letzten vollen Tag in Rio de Janeiro wollte ich mir noch ein paar Dinge anschauen, die an den Tagen zuvor zu kurz gekommen waren. Da war zum einen das weltweit größte Fußballstadion “Maracanã”, der “Lagoa Rodrigo de Freitas”, den ich bisher nur ganz kurz besucht hatte und die Parkanlage “Parque do Flamengo”. Dass am Ende alles ein wenig anders kommen sollte konnte ich zu Beginn des Tages ja noch nicht wissen…

Nach dem Frühstück entschied ich mich nach kurzer Lektüre meiner Reiseführer für einen Ausflug in die “Zona Norte”, der Teil von Rio de Janeiro, der von Touristen eher weniger besucht wird und in dem im Wesentlichen die Industrie angesiedelt ist. Einige wenige touristisch interessante Orte gibt es dort aber doch. So hatte ich gelesen, dass von Freitag bis Sonntag dort ein Markt stattfindet, dessen lebhafte Atmosphäre laut “Lonely Planet” nicht verpasst werden sollte. Außerdem liegt gleich nebenan das erwähnte Fußballstadion “Maracanã”. Kurzentschlossen machte ich mich also mit der U-Bahn auf dorthin.

Zunächst verbrachte ich ein wenig Zeit auf dem Markt, der aber bei weitem nicht so lebhaft war wie ich es erwartet hatte. Genauer gesagt war dort eigentlich ziemlich tote Hose und außer Restaurant-Ständen hatten nur wenige Händler überhaupt ihre Stände geöffnet. Das mag vielleicht auch daran gelegen haben, dass am Tag zuvor ja Feiertag gewesen war. Ich wanderte ein wenig zwischen den Ständen umher und kehrte schließlich zu einem recht frühen Mittagessen in einem der Lanchonete-Stände ein.

Nach dem Essen verließ ich den Markt, der auch in der Zwischenzeit nicht lebendiger geworden war und machte mich auf zum “Maracanã” Stadion. Dort besichtigte ich u.a. die Umkleide- und Massageräume der Spieler und bekam einen Eindruck von der Größe des Stadions von der Tribüne aus. Insgesamt war es zwar ein beeindruckender Bau, da ich jedoch wenig für Fußball übrig habe, jedoch nicht unbedingt ein Highlight meines Rio-Aufenthalts.

Als ich dann das Stadion verlassen hatte und auf dem Weg zur U-Bahn war, passierte das, was mir an all den Tagen zuvor erspart geblieben war: Ich wurde überfallen und mir wurde mein Handy geraubt! Ich ging gerade eine Rampe einer Fußgänger Überführung hinauf als von hinten zwei Kerle ankamen und mich belästigten. Ich dachte zuerst, sie wollten Geld erbetteln und drückte sie mit dem Arm ein wenig von mir weg als sie zu aufdringlich wurden. Daraufhin packte mich einer der beiden und griff zunächst nach meiner Kamera, die ich immer noch in der Hand trug. Diese zog ich aber erfolgreich weg und er griff dafür in meine Hosentasche. Dort fand er mein Handy und schien damit zufrieden zu sein und die beiden rannten davon. Meine Kamera, mein Geld und meine Kreditkarten (im Secretbag) ließen sie mir zum Glück. Auch für meinen Rucksack interessierten sie sich nicht weiter. Das ganze ging so schnell, dass ich beinahe nicht wusste, was mir geschah und auch nicht nach Hilfe rufen konnte. Außerdem waren abgesehen von einer Frau mit Kindern, die im Vorbeilaufen zwar alles beobachtet aber schnell weiter ging, keine Leute in unmittelbarer Nähe, die mir hätten helfen können.

Nachdem ich mich wieder gefangen hatte, ging ich sofort zurück zum Stadion und sprach einige Sicherheitsbeamten und sogar einen Militärpolizisten an. Diese verwiesen mich immer wieder weiter zu Kollegen, bis ich schließlich einen Polizeiwagen anhielt. Der Polizist informierte Kollegen, die mich dann in einem anderen Polizeiwagen einmal rund ums Stadion fuhren, um die Kerle vielleicht in nächster Nähe zu finden. Das war aber natürlich aussichtslos und nach kurzer Zeit lieferten sie mich an der U-Bahn-Station ab. Machen könne man da nicht viel, die Kerle würden sofort ab in die nächste Favela gehen. Soviel zur Kontrolle der Polizei über diese Favelas…

Für mich war der restliche Tag natürlich gelaufen und ich kehrte zunächst zum Hostel zurück. Dort angekommen, entschied ich mich dann aber doch, noch zur Touristen-Polizei zu gehen, um mir wenigstens einen Bericht für die Versicherung geben zu lassen. Dort brachte ich dann mindestens eine Stunde zu, bis ich den Wisch endlich in der Hand hatte. Anschließend versuchte ich in einem Handy-Geschäft noch meine Prepaid-Karte im gestohlenen Handy sperren zu lassen, worauf die Angestellten mir eine neue Karte verkaufen wollten. Ohne Handy bringt mir die ja aber herzlich wenig, so dass ich dankend abgelehnt habe.

Natürlich war dieser Zwischenfall ein sehr unerfreuliches Ende meines Rio-Aufenthalt und ich trauere meinem Handy nach! Aber falls nun jemand denkt, ich würde es deshalb bereuen, nach Rio gegangen zu sein, so hat er/sie sich getäuscht: Ich habe unheimlich viel gesehen und meinen Aufenthalt sehr genossen. Es gibt keinen Grund, sich die ganze Woche von so ein paar versifften Deppen versauen zu lassen! Und außerdem war ich irgendwie auch froh, dass sie “nur” mein Handy mitgenommen haben und mir z.B. meine Kamera mit all den Bildern und mein Geld gelassen haben…