En la Ruta 40

(Nachtrag von Montag, 23.12.2013)

Heute Morgen mache ich mich kurz nach dem Aufstehen auf den Weg direkt zum Bus-Terminal. Die Büros der Busgesellschaften haben natürlich noch geschlossen, aber eine Einheimische wartet auch auf eine Angestellte der Gesellschaft Taqsa. Sie hat offensichtlich die Nacht im Terminal verbracht und hat einen für mich etwas anstrengenden Redebedarf :-).

Am Büro von Taqsa werde ich auf einen Aushang aufmerksam, der ankündigt, dass ab 11 Uhr jemand anwesend sein würde. Hm, super, der Bus sollte laut einem anderen Aushang um 9 Uhr hier vorbei kommen. Etwas später kommt ein weiterer Einheimischer vorbei, der meint, dass gegen halb 9 jemand käme. Also warte ich einfach weiter.

Und tatsächlich, gegen dreiviertel 9 kommt tatsächlich jemand und ich kann mein Busticket kaufen! Ich kann sogar in Dollar bezahlen zu einem immer noch guten Kurs. Argentinische Pesos habe ich heute Morgen natürlich immer noch keine bekommen.

Wenig später kommt auch der Bus und beim Einsteigen wird mir schlagartig klar, dass ich nun in die mehr touristischen Gegenden vordringen werde: Der Bus ist praktisch voll von Backpackern!

Die Fahrt führt mit einem Zwischenstopp in Perito Moreno auf der berühmten Ruta 40 durch die absolute Pampa des argentinischen Patagoniens. Man stelle sich vor: Unser Bus, eine nur streckenweise asphaltierte Straße und ansonsten die unendliche Weite des absoluten Nichts! Eine steppenartige Ebene mit nur vereinzelten Erhebungen und ab und an mal eine der Farmen der patagonischen Gauchos, die dann gleich ein Gebiet von mehreren Quadratkilometern umfasst!

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Und das wird nun die nächsten 11 Stunden so bleiben! Immer wieder nicke ich ein und wache etwas später wieder auf, ohne bei einem Blick aus dem Fenster das Gefühl zu haben, auch nur das Geringste verpasst zu haben! Einmal rennt ein Guanaco gerade von der Straße weg und immer wieder kann ich kleine Gruppen dieser Tiere beobachten – teilweise sogar mit Jungtieren. Sie entsprechen den Vicuñas in Ecuador, Peru und Bolivien. Vereinzelt sehe ich auch Gruppen von Vogelstraußen – ebenfalls mit Jungtieren.

Abgesehen von diesen wenigen interessanten Details bietet die Landschaft aber rein gar nichts, außer eben der beeindruckenden Weite. Immer wieder wechseln sich asphaltierte Streckenabschnitte mit Schotterpisten ab, über die der Bus mühsam dahin rumpelt. Teilweise ist das besonders bizarr, da parallel zur Schotterpiste eine asphaltierte Straße verläuft, die aber offenbar noch nicht frei gegeben ist. Auf jeden Fall kann man daran sehen, dass der Fortschritt auch vor Patagonien keinen Halt macht und die so berühmte Ruta 40 in den kommenden Jahren möglicherweise etwas von ihrem abenteuerlichen Flair verlieren wird.

Unterwegs machen wir in Gobernador Gregores einen kurzen Halt. Hier gibt es ein paar hervorragende Empanadas, die ich mit meinen paar Pesos Wechselgeld vom Taxifahrer gestern bezahle. Dann fahren dann weiter nach El Chaltén. Auf dem letzten Stück gibt es nochmal ein lustiges Detail zu sehen: Solarbetriebene SOS-Stationen! Fragt sich nur, was nach einem darüber abgesetzten Notruf passiert :-). Schließlich ist die nächste einigermaßen zivilisierte Siedlung unter Umständen mehrere Stunden Fahrt entfernt!

Nach etwas mehr als 11 Stunden Fahrt erreichen wir El Chaltén – La Capital Nacional del Trekking :-). Zusammen mit dem Japaner “King”, der auf der gesamten Fahrt neben mir gesessen ist, mache ich mich auf die Suche nach einer Unterkunft. Gar nicht so einfach, da die ersten beiden angesteuerten restlos ausgebucht sind. In einem recht neuen und großen Hostel bekommen wir schließlich aber zum stolzen Preis von 100 Pesos ein Bett im Dormatory. Dieses sichern wir uns gleich für zwei Tage.

Morgen möchte ich aktuelle Infos zu den Trekking-Routen einholen und Proviant beschaffen. Übermorgen will ich dann zu einer 5 bis 6 tägigen Trekking-Tour zu Füßen des Fitz Roy und Cerro Torre starten.

Nachdem wir uns grob eingerichtet haben, gehen King und ich in einer Pizzaria noch etwas essen. Anschließend endet der Tag für uns.

Auf nach Argentinien!

(Nachtrag von Sonntag, 22.12.2013)

(Anm. des Autors: Dieser Artikel sollte eigentlich drei Bilder enthalten. Aber leider ist die Internet-Verbindung hier in El Chaltén so schlecht, dass ich diese einfach nicht hochgeladen bekomme. Da dachte ich mir, besser ich veröffentliche den Artikel schon jetzt ohne Bilder und füge diese dann bei der nächsten Gelegenheit ein. Es lohnt sich also, in ein paar Tagen nochmal diesen Artikel anzuschauen.)

Heute geht es für mich weiter nach Argentinien – so zumindest der Plan. Über die Betreiberin meiner Hospedaje habe ich einen Transport organisiert, der mich zwischen 15:00 und 16:00 Uhr an der Unterkunft abholen würde.

Zunächst schlafe ich erstmal richtig aus – auf dieser Reise war ich bis auf wenige Ausnahmen bisher immer relativ zeitig aufgestanden. Zum Frühstück verbrauche ich die Reste angebrochener Lebensmittel, da deren Mitnahme über die Grenze kritisch sein könnte. Zumindest bei der Einreise nach Chile werden oftmals alle tierischen und organischen Produkte aus Angst vor unbekannten Erregern konfisziert. Ich will beim umgekehrten Grenzübergang nichts riskieren, zumal ich hoffe, noch heute über die Grenze zu kommen.

Das Problem ist, dass die einzige Fähre von Puerto Ingeniero Ibañez nach Chile Chico, die Grenzstadt auf chilenischer Seite, heute erst um 19:00 Uhr fährt. Damit bin ich erst um 21:00 Uhr dort und muss darauf hoffen, dass dann die Grenzposten noch offen haben. Ansonsten kann das sehr ungeschickt werden, da der Bus nach El Chaltén auf der argentinischen Seite morgen bereits um 09:30 Uhr abfährt. Über die Weihnachtsfeiertage würde es dann sehr schwer werden, weiterzukommen.

Nach dem Frühstück verbringe ich die restlichen Stunden mit Planung und im Internet – bis das Internet-Cafe schließt. Dann setze ich mich noch ein wenig auf die Plaza de Armas, wo heute am Sonntag deutlich weniger los ist als sonst. Dafür ist hier jetzt endgültig Weihnachtsstimmung ausgebrochen:

Mit aktivem Nichtstun schlage ich also irgendwie die Zeit bis zur Abfahrt tot. Ich hätte nie gedacht, dass es in Chile so viel schwerer sein würde, von A nach B zu kommen und man dabei so viel Zeit mit schlichtem Warten zu bringt, als ich das z.B. aus dem deutlich weniger entwickelten Peru oder gar Bolivien kenne. Nach einem kleinen Mittagsimbiss im bereits bekannten Cafe Fitz Roy direkt an der Plaza de Armas gehe ich zurück zur Unterkunft, um dort mein Gepäck abzuholen und auf meine Abholung zu warten.

Ich warte und warte… Meine Hostelbetreiberin versichert mir immer wieder, dass die Abholung bestätigt ist. Gegen 15:30 Uhr werde ich unruhig und um 15:45 Uhr habe ich echte Bedenken. Ich will einfach nicht nochmal einen Tag hier festsitzten – oder wegen Weihnachten dann sogar mehrere!

Irgendwann taucht ein größerer Minibus auf, in den auch jemand von der Hospedaje (vermutlich aus der Familie) einsteigt. Mir wird aber gesagt, dass das nicht mein Bus sei. Also warte ich weiter…

… und schließlich – als ich irgendwie schon nicht mehr so recht dran glaube – kommt auch mein Bus. Es zeigt sich eben mal wieder: Ich bin in Südamerika und alles wird irgendwie gut – wenn auch vorher kein Mensch so genau weiß wie, wann und warum!

Zunächst gurken wir bestimmt noch eine halbe Stunde im Zick Zack durch die Stadt, um weitere Passagiere abzuholen – außer mir offensichtlich ausschließlich Einheimische. Eine davon vergisst dann auch noch ihre Handtasche, so dass wir noch einmal umkehren müssen, als wir fast schon auf dem Weg sind. Aber dann endlich geht’s los in Richtung Puerto Ingeniero Ibañez.

Die Fahrt führt durch eine äußerst interessante Landschaft. Zunächst ein Tal entlang und anschließend über einen kleinen Pass. Wir umrunden halb das Gebirgsmassiv Cerro Castillo mit seinen scharfen Zacken und fahren dann hinunter ins Tal des Lago Buenos Aires.

Die ganz Zeit über herrscht strahlender Sonnenschein, was den Blick über den See noch schöner macht. Nachdem auf dem Parkplatz das Gepäck ausgeladen ist, kaufe ich mir mein Ticket für die Fähre nach Chile Chico. Übrigens steht der größere Minibus, der vor meinem an der Unterkunft vorbei kam, auch hier und der Einheimische der dort eingestiegen war, ist auch hier. Warum ich also nicht mit diesem Bus fahren konnte wird wohl für immer eines der südamerikanischen Geheimnisse bleiben :-).

Die Fähre ist bereits kurz vor dem Anlegen und so muss ich auch nicht mehr lange warten. Zuerst gehen die Fußgänger an Bord, dann die Fahrzeuge. Eines davon transportiert in einem offenen Anhänger ein Pferd und dessen Besitzer gibt sich alle Mühe, das sichtlich aufgeregte Tier zu beruhigen.

Pünktlich um 19:00 Uhr legen wir ab und ich genieße die Fahrt über den zum Teil türkis-grünen See vom Oberdeck aus. Die umliegenden kahlen Berge erinnern mich stark an Peru. Im Hintergrund ragen die zum Teil noch schneebedeckten Gipfel des Cerro Castillo Bergmassivs in die Höhe.

Da der Wind recht kühl ist, verziehe ich mich zwischendurch immer wieder mal für ein paar Minuten zum Aufwärmen nach drinnen. Aber den Großteil der Überfahrt muss ich bei dieser Szenerie einfach draußen verbringen!

Nach ziemlich genau zwei Stunden erreichen wir Chile Chico. Nachdem ich von Bord gegangen bin schaue ich mich kurz nach den Shuttle-Bussen um, die von hier nach Los Antiguos und damit über die Grenze nach Argentinien fahren sollen. Leider kann ich keine entdecken und auf Nachfrage erfahre ich, dass diese zu so später Stunde nicht mehr fahren. Die Grenze habe aber noch bis 22:00 Uhr geöffnet. Um keine Zeit mehr zu verlieren, steige ich kurzentschlossen in ein Taxi. Der Preis von 6000 Pesos bis zum chilenischen Grenzposten erscheint mir zwar recht hoch, aber ich will unbedingt heute noch nach Argentinien wechseln und so bleibt mir nichts anderes übrig.

Zunächst liefert der Taxifahrer noch die anderen Fahrgäste ab, die bereits im Taxi saßen. Dann fahren wir zum chilenischen Grenzposten. Was ich erst jetzt erfahre ist, dass zwischen dem chilenischen und dem argentinischen Grenzposten einige Kilometer Niemandsland liegen. Mein Fahrer erklärt mir aber, dass er nur bis zur chilenischen Grenze fahre, mir aber ein Taxi von der argentinischen Seite rufen könne. Gesagt getan – was bleibt mir auch anderes übrig?

Im chilenischen Grenzposten hole ich mir meinen Ausreisestempel ab und steige wieder ins Taxi. Mein Fahrer fährt also doch noch weiter. Allerdings nur, bis uns das andere Taxi entgegenkommt und ich umsteige. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass ich hier kräftig abgezockt werde, da ich das andere Taxi natürlich auch bezahlen muss – und zwar in chilenischen Pesos mit einer recht abenteuerlichen Berechnung des Rückgeldes in argentinischen Pesos. Letztere habe ich ja noch keine. Tja, so ist es eben, wenn man auf Services angewiesen ist. Da ich so aber noch heute nach Argentinien kommen und morgen den Bus nach El Chaltén erwischen würde, denke ich nicht länger über diesen Nepp nach.

Auch am argentinischen Grenzposten läuft alles problemlos. Ich fülle die übliche Visa-Karte aus und bekomme meinen Stempel. Anschließend schaut ein Beamter noch kurz ins Taxi, will aber von meinem Rucksack nichts wissen. Und voila – ich bin in Argentinien!

Der Taxifahrer setzt mich direkt an der Hospedaje ab, die ich im Lonely Planet gefunden habe. Ich bin der einzige Gast und bekomme für 80 argentinische Pesos ein Bett im Dormatory mit 6 Betten und vier kleinen Bädern – alles meins :-). Überhaupt ist das vermutlich meine am besten gepflegte Unterkunft bisher auf dieser Reise.

Nachdem ich meine Sachen abgelegt habe, ziehe ich sofort nochmal los, um das Bus-Terminal zu suchen, Geld abzugeben und mich mit Proviant für die 11-stündige Fahrt morgen einzudecken. Der Betreiber meiner Unterkunft meinte zwar, er verkaufe auch Bustickets und morgen Abend würde Chalten Travel nach El Chaltén fahren. Ich hatte via Lonely Planet und Internet aber bereits die Gesellschaft Taqsa gefunden, die morgen früh fahren soll.

Schnell merke ich, dass Los Antiguos eine ziemlich weitläufige Stadt ist. Den Weg zum Terminal muss ich mir mehrfach erfragen und kann die Auskunft kaum glauben, als ich irgendwo in einem abgelegenen Wohnviertel lande. Aber tatsächlich, es gibt ein für diese Stadt recht großes und modernes Terminal. Und ich finde dort auch das leider bereits geschlossene Büro der Gesellschaft Taqsa. Ein Aushang bestätigt mir aber meine Internet-Recherche: Der Bus fährt morgen um 09:00 Uhr. Jetzt muss ich nur noch an ein Ticket kommen. In einem anderen Büro brennt noch Licht und eine Angestellte ist mit Geld zählen beschäftigt. Von ihr erfahre ich, dass wohl morgen gegen 08:30 Uhr jemand im Büro von Taqsa anwesend sei. Außerdem bestätigt sie mir die Fahrt von Chalten Travel morgen Abend. Ich beschließe, morgen einfach früh hier zu sein und darauf zu hoffen, noch einen Platz im Bus zu bekommen. Laut Internet ist der nämlich schon recht voll, eine Online-Buchung scheitert aber an der fehlenden Möglichkeit, das so erworbene Ticket heute noch auszudrucken. Außerdem ist mir das zu unsicher, nach meinen bisherigen Erfahrungen mit der Zuverlässigkeit von Informationen. Ich bevorzuge es in dieser Situation dann doch, einen menschlichen Vertreter der Gesellschaft vor mir zu haben. Und falls alles schief geht würde ich eben morgen Abend mit Chalten Travel fahren.

Auf dem Weg zum Terminal bin ich an der laut Lonely Planet einzigen Bank vorbeigekommen. Dort versuche ich mein Glück mit Geld abheben. Leider ohne Erfolg – beide Geldautomaten scheinen leer zu sein und egal welchen Betrag ich anfordere, meine Transaktion wird abgelehnt. Das ist unschön, da ich ja unter anderem die Unterkunft und morgen das Busticket bezahlen muss. Aber ein wenig Reiseerfahrung bringe ich ja dann doch mit und so habe ich eine Notreserve US-Dollar für solche Fälle dabei. In einem Restaurant um die Ecke habe ich ein Schild gesehen, dass dort Dollar und Euro angenommen werden. Also frage ich nach, ob sie mir auch Geld wechseln können. Und tatsächlich: Zu einem hervorragenden Kurs von 1:8 kann ich zumindest ausreichend Geld wechseln, um meine Unterkunft zu bezahlen. Von dem sehr guten Umtauschkurs hatten mir bereits andere Reisende erzählt.

Jetzt bleibt nur noch eine Sache: Proviant für morgen. In einem kleinen Supermarkt finde ich Getränke, ein paar Kekse und Kracker und Käse. Außerdem kann ich auch hier in Dollar bezahlen.

Zurück in meiner Unterkunft, begleichen ich gleich meine Schulden. Da es bereits spät ist und ich keine Lust habe, nochmal loszuziehen, besteht mein Abendessen aus ein paar Krackern und Käse. Anschließend geht’s ab ins Bett.

Gestrandet in Coyhaique

Heute Morgen stehe ich extra wieder zeitig auf, um den ersten Bus zurück nach Coyhaique zu erwischen. Obwohl ich weiß, dass die Fähre zwischen Puerto Ingeniero Ibañez und Chile Chico bereits um 12 Uhr und der dazu passende Minibus um 9 Uhr ab Coyhaique fährt, hoffe ich, heute noch irgendwie nach Chile Chico zu kommen. Gegebenenfalls eben auf dem deutlich längeren Landweg, aber das wäre mir egal.

Leider geht die Rechnung nicht auf! In Coyhaique angekommen checke ich sofort die Optionen und muss feststellen, dass heute kein Bus mehr halbwegs vernünftig in Richtung Chile Chico geht. Die einzige Möglichkeit schließt eine 12 km lange Strecke ein, die ich zu Fuß oder per Anhalter zurücklegen müsste. Da ich keine Lust habe, noch weitere Tage irgendwo festzuhängen, noch dazu irgendwo in der Pampa, suche ich das bereits bekannte Hostel auf und quartiere mich dort noch einmal für eine Nacht ein.

Die nächsten Stunden verbringe ich mit Pläne schmieden und essen. Dann gebe ich mir aber noch einen Ruck und fahre auf Empfehlung des Tourismus-Büros mit dem Taxi zur nahegelegenen Reserva Nacional Coyhaique. Mit dem Taxifahrer vereinbare ich eine Uhrzeit für die Abholung und nach der Anmeldung in der Ranger-Station laufe ich los, einen der empfohlen Wege entlang.

Leider verläuft der Weg weitestgehend im Wald, aber von drei Aussichtspunkten aus habe ich einen schönen Blick auf das Tal und Coyhaique. Am letzten Aussichtspunkt setze ich mich für eine ganze Weile in die Sonne und wälze meine Reiseführer, um die Planung für die nächsten Tage anzupassen.

Abschließend gehe ich noch die paar Meter zur Laguna Verde hinunter und lege auch dort noch einmal eine Pause in der Sonne ein.

Als es im Schatten frisch wird, mache ich mich auf den Rückweg und nutze die verbleibende Zeit, um meine Blogeinträge für die letzten Tage zu vervollständigen.

Etwa eine dreiviertel Stunde vor der vereinbarten Uhrzeit für die Abholung bin ich wieder am Parkeingang. Ich richte mich auf Warten ein und bin erstaunt als der Taxifahrer schon nach etwa 20 Minuten angefahren kommt. Bequem komme ich so zurück zu meiner Unterkunft und verwerfe dort meinen ursprünglichen Plan, noch etwas essen zu gehen. Auf ein Glas chilenischen Wein hätte ich zwar schon Lust, aber für ein volles Abendessen habe ich nicht ausreichend Hunger. Statt dessen chille ich noch eine Weile in meinem Zimmer. Diese Momente zum Abschalten und Revue passieren lassen brauche ich bei den vielen Erlebnissen hier irgendwie…

San Rafael Gletscher

(Nachtrag von Freitag, 20.12.2013)

Wieder einmal heißt es heute früh aufstehen – und fast wie immer wache ich trotzdem vor dem Wecker auf. Die Betreiber meiner Hospedaje haben darauf bestanden, mir ein Frühstück zu richten und so bekomme ich sogar Rührei – das ist doch eine gebührende Entschädigung für die kalte Dusche!

Um 06:45 Uhr mache ich mich auf den Weg zum Hotel Loberias del Sur, dem Treffpunkt für die Schiffstour zum San Rafael Gletscher. Während ich bei einem Kaffee auf die Abfahrt warte, lerne ich die spanisch/deutsche Familie Diaz (Jose, Bettina und Sohn Alejandro) kennen. Mit ihnen verbringe ich heute die ganze Tour – vor allem weil der 8-jährige Alejandro immer darauf besteht, dass “sein Freund Timo” dabei ist :-).

Mit dem Minibus werden wir zum Katamaran gebracht und nach einer kurzen Sicherheitseinweisung geht’s auch schon los. Kurz nach dem Ablegen gibt der Kapitän ordentlich Gas und der Katamaran beginnt mit knapp 25 Knoten den Fjord entlang zu pflügen.

Zunächst wird uns ein Frühstück serviert – mein zweites heute, so gut ging es mir auf der ganzen Reise bisher nicht ;-). Dann dürfen wir in den Aufenthaltsraum auf dem Oberdeck und auf die Outdoor-Plattform auf dem Achterdeck. Woanders könnte man sich draußen auch gar nicht halten bei dem Fahrtwind!

Ich geselle mich zu einer Gruppe, die sich von einem der Guides anhand der Seekarten ein paar Details zum Gletscher erklären lässt. Wie fast alle Gletscher dieser Welt verliert auch der San Rafael jedes Jahr an Ausdehnung. In diesem Fall sind es ca. 200 Meter pro Jahr! Solche Zahlen finde ich regelrecht schockierend! Als Segler fällt mir auf der Seekarte natürlich auch gleich die extreme Missweisung von 14 Grad auf. Außerdem bekommen wir eine kleine Geschichtsstunde zu der Festlegung der Grenze zwischen Chile und Argentinien entlang der kontinentalen Wasserscheide.

Immer wieder suche ich auch das Achterdeck zum Fotografieren auf. Die an uns vorbei ziehende Landschaft mit den steil aufragenden, bewaldeten Hängen und verschneiten Gipfeln im Hintergrund ist einfach atemberaubend!

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Natürlich frage ich, ob ich mal die Brücke sehen darf und dieser Wunsch wird uns in kleinen Gruppen später erfüllt. Der Katamaran besitzt zwei Maschinen mit je 1.600 PS Leistung, von denen jede ca. 260 Liter Diesel pro Stunde verschlingt! Ansonsten finde ich natürlich einige wohlbekannte Gerätschaften auf der Brücke: Radar, Echolot, GPS und DSC-Funkgeräte. Auch das vollständige Flaggen-Alphabet ist vorhanden – jede einzelne Flagge ordentlich verstaut in ihrem eigenen, beschrifteten Fach.

Irgendwann bekommen wir ein sehr leckeres Mittagessen serviert: Salat mit Putenbruststreifen und Parmesan, Lachsfilet mit Reis und zum Nachtisch eine Art Creme mit Ananaskompott. Man merkt eben doch, dass es sich bei diesem Ausflug heute um ein Rundum-Sorglos-Paket handelt. Aber auch wenn das in der Regel nicht meine Art zu Reisen ist, so zwischendurch ist das schon auch mal angenehm.

Unterwegs machen wir einmal eine kurze Pause, um eine Kolonie Seehunde zu beobachten. Der Kapitän fährt dazu langsam bis auf wenige zig Meter an die Felsen heran und wir können einige schöne Fotos machen. Wobei die Bewegungsfreiheit auf dem kleinen Bugdeck bei etwa 40 Passagieren natürlich ein wenig eingeschränkt ist. Auf den Galapagos Inseln haben wir die Tiere da entspannter beobachten und fotografieren können.

Schließlich erreichen wir die Einfahrt in den Nationalpark und fahren wenig später in den engen Kanal, der in die Laguna San Rafael führt. Hier, in Mitten des Nirgendwo, wo keine andere Menschenseele zu sehen ist, fühlt man sich schon irgendwie wie ein Pionier – und gleichzeitig winzig klein!

Während wir so die Fahrt genießen, tauchen sie plötzlich auf: Die ersten Eisschollen! Zunächst ganz kleine, die aber schnell größer werden. In der ansonsten grünen, ein wenig Tundra-ähnlichen Landschaft wirkt das irgendwie bizarr! Schnell tauchen immer mehr Eisschollen und auch ganze Eisberge auf, die zum Teil eine herrlich bläuliche Farbe haben. Vorsichtig tastet sich unser Kapitän durch das lose Eisfeld und in der Ferne können wir ihn sehen: Den Gletscher San Rafael, wie er majestätisch ins Meer fließt! Natürlich gibt es schon jetzt kein Halten mehr und die Frequenz des Geräuschs der Verschlüsse zahlreicher Spiegelreflexkameras erreicht einen ihrer Peaks auf dieser Tour!

In sicherer Entfernung zum Gletscher werden die Schlauchboote zu Wasser gelassen. In vier Gruppen werden wir nacheinander näher an den Gletscher herangefahren. Aus unbekannten Gründen wurde die Gruppenzuteilung im letzten Moment noch geändert. Dank des kleinen Alejandro bin ich aber trotzdem wieder zusammen mit den Diaz und jetzt sogar in der ersten Gruppe.

Wir nähern uns dem Gletscher bis auf etwa 300-400 Meter. So wurde es uns zumindest gesagt. Entfernungen lassen sich hier überhaupt nicht mehr schätzen. Auf dem Weg wird uns immer wieder die Jahreszahl gesagt, bis zu der der Gletscher noch bis zu unserer aktuellen Position reichte. Das vermittelt noch einmal ein deutliches Bild des rasanten Zurückweichens desselben.

Mehrfach können wir beobachten, wie der Gletscher kalbt, d.h. wie ein Stück Eis – oder eher ein riesiger Brocken – krachend abbricht und ins Meer stürzt. Das ist ein gleichermaßen gigantischer, wie auch trauriger Anblick, denn mit jedem dieser Momente ist ein über Jahrtausende geformtes Stück wertvollen Gletschereises unwiederbringlich verloren!

Auch das Berühren einiger umhertreibender Eisberge wird uns ermöglicht. Auch das irgendwie eine Erfahrung, die Respekt vor den Gewalten der Natur einflößt und bei der man sich winzig klein fühlt gegen die Wunder unseres Planeten!

Viel zu schnell ist die Ausfahrt wieder vorbei, aber die anderen Gruppen wollen ja auch zum Zug kommen. Wir können uns wirklich glücklich schätzen, in der ersten Gruppe gewesen zu sein. Inzwischen zieht es nämlich zu und beginnt sogar zu regnen. Damit ist natürlich auch das Licht bei weitem nicht mehr so toll wie noch Minuten zuvor. Dem kleinen Alejandro gebührt also mein Dank, dass ich nach der Veränderung der Gruppenzuteilung den Gletscher so schön habe erleben dürfen!

Während die anderen Gruppen noch unterwegs sind beobachten Jose und ich den Gletscher noch eine Weile vom Katamaran aus. Wir erleben sogar noch das Abbrechen eines besonders, bestimmt annähernd hausgroßen Blocks.

Schließlich ist auch die letzte Gruppe wieder an Bord und wir treten die Rückfahrt an. Praktisch zeitgleich wird die Bar eröffnet und es gibt Drinks on the Rocks – natürlich mit echtem Gletschereis! Außerdem beginnt das Animationsprogramm mit einer Slideshow von Bildern, die während des Tages unbemerkt von uns allen gemacht wurden. Die sehr laute Musik und vor allem die anschließenden, eher peinlichen Tanzeinlagen stören mich eher, aber so gibt es eben verschiedene Typen von Reisenden. Ich bin aber zumindest nicht allein damit, denn Bettina und Jose verziehen sich mit mir aufs Unterdeck. Und weitere Passagiere folgen wenig später unserem Beispiel.

Der Kapitän hat offensichtlich echte Schwierigkeiten, einen geeigneten Weg durch die treibenden Eisschollen zu finden und fährt eine ganze Weile im Zick Zack hin und her. Vielleicht wurde auch deshalb so schnell mit dem Animationsprogramm begonnen, damit die Gäste davon nichts mitbekommen ;-).

Während der Rückfahrt relaxen wir bei dem einen oder anderen Drink von der “Open Bar” und genießen die Ausblicke auf die an uns vorbei ziehende Landschaft. Da es jetzt klarer als noch am Vormittag ist, sind diese noch gigantischer als bei der Hinfahrt. Vor allem die schneebedeckten Gipfel im Hintergrund heben sich jetzt viel besser ab.

In der Zwischenzeit ist das Animationsprogramm in vollem Gange und es wird Karaoke praktiziert. Zusammen mit Bettina und Jose halte ich mich tunlichst fern vom Oberdeck bzw. halte mich dort nur im Freien auf dem Achterdeck auf. Immerhin bekommen aber auch wir Party-Verweigerer leckere Snacks und Happen serviert und so lässt es sich eigentlich ganz gut leben ;-).

Gegen 20:30 Uhr erreichen wir schließlich den Ausgangshafen Chacabuco. Ich verabschiede mich von Jose, Bettina und Alejandro und hole mein Gepäck in der Hospedaje ab. Praktisch sofort kommt auch einer der Minibusse nach Puerto Aysén vorbei und gegen 21:20 Uhr bin ich auch schon dort…

… leider allerdings zu spät für den letzten Bus zurück nach Coyhaique! So ein Pech aber auch! Für einen Moment überlege ich, es mit Autostopp zu versuchen, aber dann beschließe ich notgedrungen hier zu übernachten. Also suche ich eine der Hospedajes auf, die ich gestern hier bemerkt hatte. Für einen recht stolzen Preis bekomme ich ein einfaches Zimmer, das soweit vollkommen in Ordnung wäre – wäre da nicht die nicht wirklich taufrische Bettwäsche :-(. Normalerweise habe ich damit wenig Probleme, aber heute stört es mich irgendwie. Also packe ich meinen Schlafsack aus und muss dabei belustigt an Sabine decken, wie sie auf unserer Reise durch Peru und Bolivien immer den “Riechtest” durchgeführt und sich danach für oder gegen ihr “Baby” (den Schlafsack) entschieden hat :-).

Puerto Aysén & Puerto Chacabuco

(Wow – ich bin mal wieder vollständig up-to-date mit meinem Blog und dieser Eintrag entsteht im Verlauf des Tages! Auf dieser Reise läuft das Bloggen wirklich super!)

Nach dem Aufstehen lerne ich heute kurz zwei Mädels aus Israel kennen. Sie waren gestern Abend zusammen mit einem israelischen Pärchen hier angekommen. Mit letzteren hatte ich mich gestern Abend schon kurz unterhalten.

Nachdem ich kurz gefrühstückt und meine Sachen zusammengepackt habe, marschiere ich zu einer der vielen Busgesellschaften. Ich bekomme Hin- und Rückfahrt nach Puerto Aysén, ein kleines Stück nordwestlich von Coyhaique, zum Sonderpreis. Da die Fahrzeit wohl nur eine Stunde beträgt – ich war von drei Stunden ausgegangen – beschließe ich, zunächst noch etwas Zeit im Internet-Cafe zu verbringen und einen späteren Bus zu nehmen.

Leider bekomme ich es nicht hin, auf der mit Google Maps Engine Light erstellten Karte in meinem Blog meine Reiseroute auf einfache Art und Weise einzuzeichnen. Falls jemand einen Tipp hat, wie das möglich ist, ohne die Straßen von Hand nachzuziehen, immer her damit per Kommentar oder per eMail!

Um 11:40 Uhr nehme ich schließlich den Bus nach Puerto Aysén. Die Fahrt führt ein Stück auf der Strecke entlang, die wir vorgestern nach Coyhaique gefahren sind. Dann zweigt die Straße nach Westen ab und führt in einem Tal entlang Richtung Küste.

Nach etwas mehr als einer Stunde erreichen wir Puerto Aysén. Ich frage gleich nach den Zeiten der Rückfahrten morgen und am Samstag und nach den Bussen nach Puerto Chacabuco. Letztere fahren direkt hier ab – perfekt!

Mein Gepäck kann ich in der Custodia des kleinen Terminals einlagern und so bequem ein wenig durch das kleine Städtchen schlendern. Zuerst gehe ich zu einer Hängebrücke hinunter und dann die Hauptstraße auf und ab. Von der Brücke und vom gegenüberliegenden Ufer des Flusses habe ich eine tolle Sicht auf das Tal und die umliegenden, z.T. schneebedeckten Berge. Ich tobe mich ein wenig mit meiner Kamera aus. Hier auch mal wieder eines der Smartphone-Fotos, die natürlich nicht im geringsten an die “richtigen” Fotos herankommen, die ich mit nach Hause bringen werde!

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Da ich Hunger und sowieso viel Zeit habe, kehre ich in einem einfachen Restaurant ein und gönne mir einen Hamburger mit Pommes.

Dann gehe ich zurück zum Busterminal und fahre mit dem nächsten Bus weiter nach Puerto Chacabuco. Die Fahrt dauert nicht lange und unterwegs geben die niedrigeren Berge mehrfach den Blick frei auf die verschneiten Gipfel dahinter. Ich sehe schon vom Bus aus die Hospedaje, in der ich schon von Coyhaique aus angerufen hatte und der Busfahrer setzt mich direkt vor der Haustüre ab.

Nachdem ich mein Gepäck abgeladen und mich ein wenig eingerichtet habe, ziehe ich los, um die Gegend zu erkunden. Zunächst statte ich dem Hotel einen Besuch ab, an dem morgen früh die Tour mit dem Katamaran starten würde. Ich möchte meine Buchung zur Sicherheit nochmal bestätigen, was auch klar geht. So in meinen Trekking-Klamotten, die noch dazu nicht mehr ganz die saubersten sind, fühle ich mich schon in der Eingangshalle des Hotels nicht wirklich wohl. Hoffentlich sind da morgen auch ein paar halbwegs Gleichgesinnte an Bord :-).

Puerto Chacabuco ist eigentlich nicht viel mehr als ein industrieller Fischereihafen, ein Hotel und ein paar Wohnhäuser. Viel mehr zieht mich die Aussicht auf den Fjord, die Lagune und die Berge dahinter in den Bann.

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Ich beschließe, ein Stück an der Straße in Richtung Puerto Aysén zurück zu laufen, um ein paar schöne Foto-Motive einzufangen. (Sorry, wieder einmal habe ich die Smartphone-Fotos dabei vergessen, ihr müsst also warten, bis ich wieder zurück bin.) Teilweise kraxle ich am Ufer der Lagune auf den Felsen entlang, um nicht unmittelbar an der Straße entlang zu laufen. An einigen Stellen lässt sich das aber nicht vermeiden.

Je später es wird, desto eher hüllen sich die Berge in Wolken und desto schlechter werden die Lichtverhältnisse. An einem kleinen Wohnhaus beende ich meinen Kurzausflug und halte einen der vielen vorbei kommenden Minibusse an, um ein erneutes an der Straße entlang Wandern zu vermeiden.

Nach ein wenig Relaxen in der Hospedaje laufe ich nochmal schnell zum Minimarkt, um mich mit Getränken für die Tour morgen zu versorgen und hole mir auf dem Rückweg eine Empanada de Queso. Dann gehe ich zurück in meine Unterkunft.

Ruhe- & Planungstag

(Nachtrag von Mittwoch, 18.12.2013)

Während Frederico und Gianfranco heute Morgen weiter ziehen, habe ich mich für die Tour zum San Rafael Gletscher entschieden. Die Region um Villa O’Higgins werde ich schweren Herzens wohl auslassen und nach der Tour am Freitag nach Argentinien weiterfahren. So mache ich zwar gegenüber der ursprünglichen, ohnehin nur groben Planung fast sechs Tage gut, diese werde ich aber in der Region um El Chaltén, Calafate und Puerto Natales gut gebrauchen können.

Den heutigen Tag verbringe ich nach den etwas aufregenderen Ereignissen der letzten Tage als Ruhetag in Coyhaique. Ich habe schon auf meiner Reise durch Peru und Bolivien gelernt, dass ich auf längeren Reisen zwischendurch einfach mal einen Tag relaxen muss.

Außerdem muss ich einige organisatorische Dinge erledigen und mache Pläne für die nächsten Tage. So verbringe ich ein paar Stunden im Internet-Cafe, wo ich auch endlich mal wieder die Karte meines Blogs aktualisiere. Dieses Mal sogar etwas im Voraus, so dass sie nicht morgen schon wieder veraltet ist. Zwischendurch schlendere ich ein wenig durch die Straßen von Coyhaique.

Insgesamt ist es ein Tag ohne große Ereignissse und das ist auch mal OK. So habe ich zwischendurch auch mal Zeit, das bisher erlebte Revue passieren zu lassen. Und in den zweieinhalb Wochen, die ich jetzt unterwegs bin ist ja wirklich schon einiges passiert.

Eine Busfahrt mit Zwischenfall

(Nachtrag von Dienstag, 17.12.2013)

Heute Morgen – oder eher heute Nacht – klingelt um kurz nach vier Uhr der Wecker. Zeit zum Aufstehen, der einzige Bus nach Coyhaique fährt um fünf Uhr ab. Zügig machen wir uns fertig, packen unsere Sachen zusammen und laufen ein Stück die Straße hinunter zum Bus, der schon bereit steht. Wenig später geht es auch schon los.

Wieder führt die Fahrt rumpelnd über die Schotterpiste der Carretera Austral. Der wenige Schlaf macht sich bemerkbar und immer wieder nicke ich ebenso wie Jeroen neben mir ein.

Als wir durch Puyuhuapi durchfahren wird mir bewusst, dass Frederico gar nicht wie geplant hier aussteigt. Er wollte eigentlich den hiesigen Park besuchen und mit dem gleichen Bus am nächsten Tag weiterfahren, hat seinen Plan über Nacht aber wohl geändert.

Viel sehen wir von diesem Teil der Carretera Austral nicht. Zum einen dämmert es ja gerade erst, zum anderen ist es recht bewölkt, fast neblig, und es hat auch noch leicht angefangen zu regnen! So fahren wir rumpelnd dahin und holen streckenweise ein wenig des fehlenden Schlafs nach…

… und dann plötzlich – rums – knallt unser Bus auf einen vor uns stehenden! Während des scharfen Bremsens sehe ich noch den anderen Bus und denke “Das wird nicht reichen!” und dann knallt es auch schon. Wie ich später erfahre ist der andere Bus wohl unerwartet aus parkender Position an der Seite eingeschert. Der Aufprall ist zum Glück nicht allzu heftig, so dass niemand verletzt wird. Aber beide Busse tragen ihren Schaden davon. An unserem ist die Motorhaube eingedrückt, die Scheinwerfer beschädigt, die Hupe abgefallen und die Windschutzscheibe gerissen. Außerdem läuft irgendeine Flüssigkeit aus, die aber zum Glück nach Wasser aussieht. Gehen wir also mal davon aus, dass die wichtigsten technischen Bestandteile noch funktionieren. Für ein paar Minuten steigen fast alle aus. Der andere Bus fährt kurz darauf einfach weiter und auch unser Fahrer meint nach kurzer Inspektion des Schadens “vamos” :-).

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Etwa eine Stunde später halten wir an einer Polizeistation an, wo auch schon unser Unfallgegner wartet. So läuft das also hier: Man ruft nicht die Polizei, sondern man fährt selbst hin :-).

Die beiden Fahrer erledigen in der Polizeistation den notwendigen Papierkram und dann geht’s weiter. In Deutschland hätte unser Bus vermutlich wegen fehlender Verkehrssicherheit nicht weiter fahren dürfen – hier wird das pragmatischer gehandhabt.

Auf der restlichen Fahrt erleben wir nun die an uns vorbei ziehende Landschaft bei deutlich besserem Wetter. Und als wir pünktlich (Werden Unfälle bei der Reisezeit hier gleich mit kalkuliert?!) nach sechs Stunden Fahrt in Coyhaique ankommen scheint wieder die Sonne vom strahlend blauen Himmel.

Jeroen verabschiedet sich noch im Terminal von uns, da er nach Möglichkeit noch heute nach Chile Chico fahren und von dort über die Grenze nach Argentinien wechseln will. Frederico, Gianfranco und ich machen uns auf den Weg zum Tourismus-Büro, um Informationen über mögliche Aktivitäten und Transfers der nächsten Tage zu beschaffen. Die Auskünfte, die wir dort bekommen sind wirklich hervorragend! Das dürfte eines der besten Tourismus- Büros sein, das ich in Südamerika bisher besucht habe.

Leider kommen aber wieder einmal Hindernisse auf uns zu. Eines der Schiffe, die die großen Seen und Fjorde des südlichen patagonischen Inlandeisfelds befahren ist wegen technischer Probleme außer Betrieb. Ein Teil der Strecke von Villa O’Higgins durch die “Hintertür” nach Argentinien müssen derzeit deshalb zu Fuß zurückgelegt werden. Prinzipiell wären 15 km zusätzlich ja kein Problem – nicht jedoch, wenn man das gesamte Gepäck dabei tragen muss. Auf den Trekking-Touren wird ja immer nur das nötigste mitgenommen, hier müssten wir aber unser gesamtes Gepäck mitschleppen. Da für diesen Teil der Strecke auch keine Packpferde zur Verfügung stehen, fällt dieser sicherlich spektakuläre Weg nach Argentinien flach und es bleibt nur der reguläre Grenzübergang zwischen Chile Chico und Los Antiguos.

Auch meine geplante Bootstour zum San Rafael Gletscher stellt sich als schwerer heraus als gedacht. Noch immer hat die echte Hauptsaison nicht begonnen und viele Services sind noch nicht regelmäßig in Betrieb.

Nachdem wir das Maximale aus den Informationsquellen des Tourismus-Büros herausgeholt haben, begeben wir uns auf die Suche nach einer Unterkunft. In einem Teil der Stadt, südlich von der Plaza de Armas finden wir eine Hospedaje an der anderen. Wir vergleichen ein wenig die Angebote und checken dann in einer mit einem Dreibettzimmer ein.

Auf getrennten Wegen begeben wir uns dann noch einmal auf Informationssuche. Ich kann dem Lonely Planet in diesem Fall nur beipflichten: Das System der Busse, die Coyhaique mit den umliegenden Destinationen verbinden ist mehr als unübersichtlich. Aber nach einiger Recherche habe ich zwei Möglichkeiten ausgeklügelt, die mir beide den Besuch eines Gletschers per Boot bieten. Die eine Variante führt zum San Rafael Gletscher im nördlichen patagonischen Eisfeld, die zweite Variante zum O’Higgins Gletscher im südlichen. Letztere verspricht etwas günstiger zu sein (bei immer noch sündhaften Preisen) und schließt die Gegend um Villa O’Higgins mit ein. Dafür ist der Transport wesentlich aufwändiger und aufgrund der anstehenden Weihnachtsfeiertage weniger verlässlich. Außerdem kostet diese Variante insgesamt mindestens zwei bis drei Tage mehr Zeit. Zum San Rafael Gletscher bzw. zum Ausgangspunkt der dortigen, deutlich teureren Tour ist der Transport dagegen fast ein Kinderspiel. Außerdem wird dieser Gletscher im Lonely Planet als absolut sehenswert beschrieben und diese Variante nimmt weniger Zeit in Anspruch. Dafür würde ich aber auch die gesamte Region um Villa O’Higgins auslassen. Beides ist aufgrund des eingeschränkten Transportangebots praktisch nicht machbar, ohne zu viel Zeit zu verlieren. Jetzt muss ich mich nur noch entscheiden. Und das fällt mir hier überhaupt nicht leicht!

Zum Abschluss des Tages und zur Feier der am Ende mit Bravour gemeisterten Carretera Austral gehen wir alle drei zusammen noch schön in einem chilenischen Steakhouse essen. So ein richtig gutes Steak mit einem hervorragend chilenischen Rotwein – einfach ein Traum!

Abenteuer Carretera Austral

(Nachtrag von Montag, 16.12.2013)

Nach dem zeitigen Aufstehen gestern war die Nacht heute in der recht guten Unterkunft sehr erholsam. Leider fällt das Frühstück einmal mehr recht spartanisch aus und auch die Freundlichkeit der Betreiber der Hospedaje lässt etwas zu wünschen übrig. Auf die Frage, bis wann ich ausgecheckt habe muss, heißt es nur, sofort und ich könne mein Gepäck hier unterstellen. Während ich am Zusammenpacken bin kommt auch gleich die Angestellte vorbei und zieht bereits das Bett ab. Dabei ist es gerade mal 09:00 Uhr!

Insgesamt fühle ich mich in diesem Dorf hier nicht so richtig wohl. Kaum Infrastruktur, eine stark eingeschränkte Verfügbarkeit von verlässlichen Informationen, eine zwar gute Unterkunft, aber mit eher unfreundlichem Personal und zu essen gibt’s auch nicht so richtig etwas. All das bestärkt meinen ursprünglichen Plan, gleicht weiter zu ziehen…

… das allerdings stellt sich als nicht so leicht heraus. Bei Chaitur bekomme ich die Info, dass der nächste Bus nach La Junta bzw. nach Coyhaique erst am Mittwoch fährt. Von La Junta gibt es zwar wohl tägliche Verbindungen, dorthin zu kommen ist aber vor Mittwoch praktisch ausgeschlossen. Die einzige Möglichkeit scheint die tägliche Verbindung nach Furtalefu an der Grenze zu Argentinien zu sein, mit der man auch nach Villa Santa Lucia kommt, einem Kaff an der Carretera Austral ca. 70 km nördlich von La Junta. Von dort müsste ich dann irgendwie per Anhalter weiterkommen.

Genau das ist auch der Plan von Frederico und Gianfranco, die ich inzwischen auch wieder getroffen habe und mit denen wir noch kurz die Möglichkeiten für Aktivitäten vor Ort prüfen. Ich hingegen beschließe, bis nach Furtalefu zu fahren, dort die zwei Tage bis Mittwoch zu verbringen und dann mit dem Bus früh morgens zurück nach Chaitén oder auch nur Villa Santa Lucia zu fahren, um dann den regulären Bus nach Coyhaique zu nehmen.

Ich habe mein Ticket schon gekauft, als über Frederico die Neuigkeit durchsickert, dass der Bus am Mittwoch ersatzlos gestrichen wurde und erst am Sonntag entsprechend Anschluss nach Coyhaique besteht. Na super!

Kurz entschlossen tausche ich mein Ticket und schließe mich dem Plan von Frederico und Gianfranco an. Während wir auf den Bus nach Villa Santa Lucia warten, bekomme ich allerdings starke Zweifel. Wir versuchen zur Probe für die verbleibende halbe Stunde noch unser Glück mit Autostopp vor Ort und die Tatsache, dass in der Zeit kein passendes Fahrzeug vorbei kommt, beruhigt mich nicht gerade. Das Tourismusbüro, bei dem ich heute Morgen die Infos von Chaitur vergebens gegenchecken wollte, hatte mir deutlich davon abgeraten, nach Villa Santa Lucia zu fahren. Dort sei schlicht gar nichts außer einer Handvoll Häuser. In Ermangelung anderer echter Alternativen, beschließe ich, mir beim Durchfahren einen schnellen Überblick davon zu verschaffen und dann gegebenenfalls im Bus sitzen zu bleiben und bis Furtalefu durchzufahren. Von dort würde ich vielleicht einfacher eine Transportmöglichkeit nach La Junta finden, da Furtalefu einfach ein ganzes Stück großer ist als Villa Santa Lucia und außerdem auch mehr touristische Infrastruktur bietet.

Schließlich taucht der Bus auf und wir fahren los. So richtig entspannen kann ich mich angesichts der Unsicherheit über das weitere Fortkommen nicht. Trotzdem genieße ich die Fahrt entlang der Carretera Austral und durch eine herrliche Landschaft.

In Villa Santa Lucia bin ich zunächst weiter unschlüssig, steige dann aber ohne weiter nachzudenken mit Frederico und Gianfranco aus. Auf der Plaza in diesem wirklich völlig verschlafenen Nest sitzt Jeroen aus den Niederlanden, der vor wenigen Stunden aus Furtalefu hier angekommen war. Auch er will weiter nach Süden und bei inzwischen vier Personen wittere ich die Möglichkeit, vielleicht einen privaten Transport zu organisieren.

Während die anderen unser Gepäck bewachen, ziehe ich mit Frederico los und spreche Einheimische an, vor deren Häusern ein geeignet erscheinendes Transportmittel steht. Das erste Angebot fällt mit 70.000 Pesos gar nicht so schlecht aus und wir könnten in ca. drei Stunden losfahren. Beim zweiten Angebot für 60.000 Pesos und sofortiger Abfahrt schlagen wir ohne weiteres Zögern sofort zu. Das sind 15.000 Pesos pro Person, der Bus für die volle Strecke nach Coyhaique kostet 24.000 Pesos pro Person! Es verbleiben uns also 9.000 Pesos für die Strecke von La Junta bis nach Coyhaique und wir kommen Null auf Null raus bei gleichzeitig anderthalb eingesparten Tagen!

Wenig später werden wir an der Plaza abgeholt und los geht’s. Während der Fahrt können wir immer wieder kurze Ausblicke in die grandiose Landschaft links und rechts der Carretera Austral erhaschen. Außerdem unterhalte ich mich viel mit Jeroen.

Für die etwa 70 km brauchen wir um die zwei Stunden. Nach der Ankunft in La Junta holen wir uns erstmal die Infos für die Weiterfahrt morgen und kaufen auch gleich die Tickets für alle vier. Der Bus fährt um 05:00 Uhr morgens ab – puh, schon wieder so früh aufstehen!

Nachdem das geregelt ist, suchen wir eine Unterkunft. Wieder einmal gar nicht so einfach, weil bei den meisten angesteuerten niemand anzutreffen und die einzige verfügbare Option Frederico zu teuer ist. Beim Kauf der Bustickets wurde uns von einer Einheimischen eine Unterkunft für 8.000 Pesos angeboten, die sich meinem Empfinden nach eher nach einer privaten Unterbringung im eigenen Haus angehört hat. Nach ein wenig suchen finden wir das besagte Haus auch und es stellt sich heraus, dass die Frau dort ein paar ganz einfache Zimmer im ersten Stock ihres Hauses vermietet. Für eine Nacht, die ohnehin recht kurz werden würde war das ganz OK und so quartieren wir uns ein.

Anschließend gehe ich mit Jeroen noch etwas essen. Auf der Suche nach einer Unterkunft waren wir mit Hilfe des Lonely Planet auf das offensichtlich einzige offene Restaurant im Ort gestoßen. Es hatte sich ebenfalls eher wie das private Angebot angehört, uns etwas zu essen zu kochen. Wir versuchen unser Glück und es stellt sich als ganz nettes kleines Restaurant mit vier Tischen heraus. Wir bekommen einen Salat mit Lachsstreifen aus der Dose als Vorspeise, gefolgt von Reis und Rindfleisch und einer Art Bananenpudding zum Nachtisch. Und das ganze zu einem äußerst guten Preis.

Nach dem Essen verbringe ich auf der Plaza de Armas sitzend den Rest der Zeit bis zum Sonnenuntergang mit Blog schreiben. Dann treffe ich Frederico und Gianfranco wieder und wir gehen zusammen zur Unterkunft zurück. Dort herrscht inzwischen reger Betrieb, da einige Bauarbeiter zum Übernachten eingetroffen sind, die tagsüber entlang der Carretera Austral Straßenarbeiten vornehmen. Nach einer Dusche geht’s ab ins Bett, da wir morgen ja recht zeitig raus müssen.

Patagonien – ich komme!

(Nachtrag von Sonntag, 15.12.2013)

Heute Morgen heißt es für mich sehr früh aufstehen, denn um 07:00 Uhr fährt der einzige Bus nach Chaitén. Mit meiner Hostelbetreiberin ist vereinbart, dass sie mich um 06:40 Uhr zum Terminal fährt. Als ich mein Zimmer verlasse und ins Erdgeschoss gehe ist natürlich niemand zu sehen. Ich bin schon am Überlegen, wie ich um diese Zeit am besten ein Taxi finden kann, um auf eigene Faust zum Terminal zu fahren. Da kommt sie tatsächlich mit dem Auto angefahren. Offensichtlich wohnt sie selbst gar nicht in dem Haus, sondern vermietet dessen Zimmer nur. In nur etwa fünf Minuten sind wir beim Terminal, wo auch schon der Bus wartet.

Da ich gestern Abend kein Ticket mehr kaufen konnte, weil das Büro bereits geschlossen hatte, frage ich zunächst beim Cobrador nach. Er meint, dass ich ggf. eben keinen Sitzplatz hätte, weil Passagiere mit gültigem Ticket natürlich Vorrang haben. Bei guten neun Stunden Fahrt klingt das natürlich nicht so vielversprechend, aber mir bleibt ohnehin nichts anderes übrig, also steige ich ein. Außerdem stellen sich die Dinge hier ja als völlig anders heraus als ursprünglich vermutet…

Wenig später fahren wir los und natürlich stellt sich heraus, dass der Bus bei weitem nicht voll belegt ist – also kein Grund zur Panik :-). Nach etwa einer Stunde Fahrt fahren wir auf die erste Fähre. Da ich ursprünglich ja geplant hatte, von Chiloé mit der Fähre nach Chaitén überzusetzen, habe ich mich kaum über die vor mir liegende Strecke informiert. Ich weiß nur, dass wir wohl insgesamt drei Mal mit einer Fähre übersetzen würden und die gesamte Fahrt gute neun Stunden dauern würde.

Das Boarding der Fähre ist Maßarbeit für den Fahrer und das Fährpersonal, da der Bus vorne und hinten aufsetzt. So geht das Ganze sehr langsam und behutsam von statten.

Die erste Überfahrt ist nur relativ kurz und fast unmittelbar nach der Ankunft auf der anderen Seite weicht die asphaltierte Straße einer Schotterpiste. Auch die Landschaft hat sich inzwischen deutlich verändert. Die eher sanften Bergformationen sind bizarreren und wilderen gewichen.

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Etwa zwei Stunden später fahren wir auf die nächste, dieses Mal etwas größere Fähre. Die Überfahrt führt an der Küste entlang und an mehreren kleinen Inseln vorbei in einen Fjord.

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Insgesamt sind wir dieses Mal fast vier Stunden unterwegs. Da ich mich gestern nicht mehr mit Snacks versorgen konnte, zehre ich zunächst von den restlichen Erdnüssen in meinem Rucksack und kaufe mir schließlich zu einem völlig überhöhten Preis eine kleine Tafel Schokolade. Etwas richtiges zu Essen gibt es an Bord leider nicht. Unterwegs sehen wir einige Seehunde und allein die an uns vorbei ziehende Landschaft ist einfach herrlich – vor allem auch, da es inzwischen aufzuklaren beginnt. Ich fühle deutlich, wie ich Patagonien näher komme :-).

Nach der Ankunft an Land folgt eine kurze Strecke von ca. 10 km, bis wir auf die dritte und letzte Fähre fahren. Inzwischen haben wir blauen Himmel und strahlenden Sonnenschein – daran hatte ich heute Morgen noch nicht geglaubt!

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Gegen 16:00 Uhr erreichen wir schließlich Chaitén. Das Dorf wurde beim Ausbruch des gleichnamigen, bis dato noch nicht als solchen identifizierten Vulkans vollständig zerstört. Es folgte eine lange Zeit der Unsicherheit und nach der Entscheidung des Staates sollte das Dorf eigentlich 10 km weiter nördlich wieder aufgebaut werden. Aber die Bevölkerung kehrte an dieselbe Stelle zurück und heute ist Chaitén ein kleines Dorf mit beschränkter touristischer Infrastruktur. Der Vulkan ragt heute rauchend hinter dem Dorf in die Höhe.

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Chaitén ist eine Durchgangsstation für Reisende, die entweder so wie wir mit dem Bus über die Ruta Bi-Modal hier her kommen oder eben mit der Fähre von Quellón auf Chiloé übersetzen. Dreh- und Angelpunkt jeglichen Ankommens und Abfahrens ist die Agentur Chaitur, die Bustickets verkauft und Informationen bereit hält. Somit ist hier auch der Treffpunkt für Reisende wie mich, zumal der Bus uns auch direkt hier absetzt. Ich treffe hier wieder auf Frederico, einen Italiener, den ich bereits auf der langen Fährfahrt kurz kennen gelernt habe. Zusammen treffen wir noch auf Gianfranco, ebenfalls aus Italien und begeben uns auf die Suche nach einer Unterkunft. Vor allem Frederico sucht nach der günstigsten Möglichkeit, während ich schon gerne eine annehmliche Hospedaje hätte und hier nicht im Zelt schlafen möchte. Schließlich checken Gianfranco und ich in der sehr ordentlichen Hospedaje Don Carlos ein, während Frederico zur ersten gefundenen Option zurückkehrt.

Ich richte mich in meinem Zimmer ein wenig ein und nutze dann das vorhandene, sehr stabile WLAN für eine ausgiebige Chat-Session und ein längeres Skype-Telefonat mit meiner Freundin Paola. Ich wünschte nur, es wäre inhaltlich so erfreulich wie die ganze Reise bisher. Aber dieser Wunsch bleibt leider unerfüllt :-(.

Da ich den ganzen Tag nichts anständiges gegessen habe, mache ich mich abschließend auf die Suche nach einem geeigneten Restaurant. Leider ohne Erfolg, da die wenigen Lokalitäten alle geschlossenen haben. Einzig ein paar kleine Supermärkte kann ich finden und bevor diese auch noch schließen, kaufe ich mir kurzer Hand ein paar Nudeln und Tomatensoße. Mit meiner Camping-Kochausrüstung ziehe ich dann los. Zunächst suche ich ein paar andere Backpacker, die irgendwo im Dorf campen, kann sie aber nicht finden. Also gehe ich an den Strand und koche mir dort mein Abendessen. Kurze Zeit später tauchen zwei andere Backpacker mit dem gleichen Vorhaben auf und auch Frederico und Gianfranco laufen vorbei und gesellen sich zu mir. Wir machen noch ein wenig Pläne für den nächsten Tag und kehren dann in unsere Unterkünfte zurück.

Parque Nacional Chiloé

(Nachtrag von Samstag, 14.12.2013)

Nach dem Frühstück lasse ich einmal mehr einen Teil meines Gepäcks in der Hospedaje zurück und fahre mit dem Minibus in den Parque Nacional Chiloé an der Westküste der Insel. Meine Idee ist, dort zuerst die kurzen Wege zu erkunden und dann evtl. in nördlicher Richtung bis nach Cole-Cole zulaufen und dort eine Nacht zu campen.

Die Fahrt führt sehr schön am Lago Cucao entlang und obwohl es noch etwas bewölkt ist, genieße ich die Aussicht vom Bus aus. Nach einer guten Stunde bin ich am Parkeingang und lasse mir vom dortigen Ranger einige Infos geben. Entgegen der Angaben im Lonely Planet ist das Campen nur auf den ausgewiesenen Plätzen erlaubt. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich wirklich eine Nacht hier bleiben möchte.

Zunächst laufe ich die aufwändig angelegten Wege ab, die mich zum Großteil aber nicht übermäßig umhauen. Der letzte ausgewiesene Weg führt dann zum Strand am offenen Pazifik, wo ich eine kleine Rast einlege und für eine Weile einfach das Meer vor mir genieße. Inzwischen hat es aufgeklart und die Sonne scheint vom nahezu wolkenlosen Himmel.

Auf dem Rückweg bietet ein Aussichtspunkt noch einen schönen Ausblick über die Dünenlandschaft. Da ich das Gefühl habe, das meiste gesehen zu haben und außerdem nicht so richtig Lust auf einen ca. 25 km langen Fußmarsch habe, beschließe ich, nach Castro zurück zu fahren und zu versuchen, heute noch zurück nach Puerto Montt zu kommen. In Ancud hatte ich erfahren, dass die Fähre zwischen Quellon im Süden Chiloés und Chaitén am Festland nur Donnerstags verkehrt. Deshalb bleibt mir nur der Landweg über Puerto Montt. Dieser wiederum soll sehr schön sein, da man drei Mal mit der Fähre übersetzen muss.

In einem Restaurant an der Straße warte ich auf den Bus, der auch weitestgehend pünktlich auftaucht. Auf der Rückfahrt kann ich nochmal den Ausblick über den Lago Cucao genießen – dieses Mal bei Sonnenschein.

Zurück in Castro kaufe ich mein Busticket nach Puerto Montt und statte der Lavanderia nochmal einen Besuch ab, in der ich gestern meine Wäsche habe waschen lassen. Die kam nämlich unvollständig zurück: Eines meiner Trekking T-Shirts fehlt. Das ist mir auf meinen Reisen bisher auch noch nicht passiert. Leider hat die Lavanderia bereits geschlossen – tja, das war dann wohl Pech. In der Hospedaje hole ich mein restliches Gepäck ab und vertreibe mir dann die verbleibende Zeit mit essen auf der Plaza de Armas :-).

Der Bus hat deutlich Verspätung und so muss ich auch im Terminal noch einige Zeit warten. Aber dann kann ich an Bord gehen und bin auf dem Weg nach Puerto Montt.

Die bereits bekannte Überfahrt mit der Fähre von Chacao nach Pargua findet in tollem Licht kurz vor Sonnenuntergang statt und es gibt sogar WLAN an Bord.

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Gegen 21:30 Uhr erreichen wir Puerto Montt. Leider ist das Büro von Kemelbus bereits geschlossen, so dass ich nicht wie geplant heute noch mein Ticket für die Fahrt nach Chaitén kaufen kann. An der Information bekomme ich die Auskunft, dass der Bus um 07:00 Uhr und nicht erst um 08:15 Uhr wie von der Touristeninfo in Ancud angegeben abfährt. Das heißt also morgen früh hier sein und hoffen, einen Platz im Bus zu ergattern.

Die Suche nach einer geeigneten Unterkunft gestaltet sich dagegen einfacher als gedacht. Ich werde von einer Frau angesprochen, die mir ein Zimmer für zunächst 12.000 Pesos inklusive Transport heute und morgen früh anbietet. Als ich zögere und außerdem sage, dass ich so früh morgens kein Frühstück brauche, bekomme ich das Zimmer für 10.000 Pesos. Das ist ein gutes Angebot, insbesondere da ich mich so nicht mehr darum kümmern muss, wie ich hin und morgen wieder zum Terminal komme.

Das Zimmer stellt sich als großes Doppelzimmer heraus, das ich für mich alleine bekomme. Im gleichen Haus gibt es noch mindestens vier weitere Zimmer, von den zwei bereits von einer Mexikanerin und einer Holländerin belegt sind. Ich treffe aber nur kurz die Mexikanerin, die wohl gerade gekocht hat, was vermutlich auch für den etwas seltsamen Geruch im Haus verantwortlich ist :-). Ich selbst richte mich für die Nacht ein und sortiere noch kurz meine Sachen für morgen. Dann gehe ich schlafen, da ich ja morgen sehr früh aufstehen muss.