Isla Quinchao

(Anm. des Autors: Dieser Artikel ist quasi eine Premiere – zum ersten Mal auf dieser Reise habe ich meine Erlebnisse und Eindrücke direkt unterwegs festgehalten. Dank Smartphone ist das ja bequem auf den Plazas oder an der Uferpromenade sitzend möglich. Die tatsächliche Veröffentlichung musste trotz verfügbarer WLANs allerdings noch warten, bis die vorangehenden Artikel fertig waren.)

Nach dem Frühstück suche ich heute erstmal die wahrscheinlich einzige Lavanderia von Castro auf, um mal wieder frische Wäsche zu haben. Obwohl die Öffnungszeiten an der Tür angeschlagen sind und eigentlich offen sein sollte, ist niemand zu sehen. In einer Bäckerei nebenan erfahre ich, dass sich die Öffnungszeiten wohl verändert haben und in Kürze jemand kommen würde. Also gehe ich noch ein Stück weiter zum Puente Gamboa Mirador, um die berühmten Pfahlbauten von Castro zu fotografieren. Anschließend treffe ich in der Lavanderia tatsächlich jemanden an.

Da mir Castro nicht viel mehr zu bieten scheint als ich bereits gesehen habe, fahre ich mit dem Minibus auf die Insel Quinchao. Der Lonely Planet empfiehlt zwei Ortschaften dort als entspannten Tagesausflug.

Die erste ist Curaco de Vélez, welches sich als ein total verschlafenes, aber sehr nettes Nest entpuppt. Und man glaubt es kaum: Auf der zentralen Plaza de Armas gibt’s doch tatsächlich kostenloses WLAN. Das findet man ja noch nicht mal in größeren deutschen Städten! Das Dorf besteht aus zwei- bis dreistöckigen Holz-Schindel-Häusern und insbesondere die Gegend um die Plaza de Armas ist sehr nett angelegt.

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Am Strand führt ein kurzer Weg auf Holzplanken entlang und ich schlendere einfach so ohne genaues Ziel ein wenig durch die Straßen. Dann komme ich wieder an der Haltestelle vorbei und beschließe, nach Achao weiter zu fahren.

Hier ist schon etwas mehr los, wenn die Ortschaft auch immer noch sehr klein und beschaulich ist. Entlang der Uferpromenade herrscht ein wenig Leben und ein kleiner Markt bietet Kunsthandwerk und touristischen Kitsch.

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In einem Restaurant direkt am Wasser gehe ich eine Kleinigkeit essen und schlendere dann noch ein wenig durch die Straßen. Die Stadt besitzt wieder eine schön angelegte Plaza de Armas mit einer der berühmten Kirchen von Chiloé.

Vom östlichen Ende der Uferpromenade aus kann ich schön das Festland von Chile sehen und man erkennt sogar deutlich die schneebedeckten Gipfel der Anden in der Ferne. Auf meinen Fotos kommt das leider nicht raus, aber vielleicht lässt sich zu Hause am PC noch etwas aus den RAW-Aufnahmen rausholen. Falls nicht, bleibt der Blick eben in meinem Gedächtnis gespeichert – man muss auch nicht von allem ein Foto haben :-).

Nachdem ich noch ein wenig die Aussicht genossen habe, fahre ich mit dem Bus zurück nach Castro. Es war ein wirklich gelungener, ruhiger Tag mit ein wenig Entspannung und die Seele baumeln lassen. Davon darf es auf dieser Reise ruhig noch ein paar mehr geben…

Ancud & Castro

(Nachtrag von Donnerstag, 12.12.2013)

Nachdem ich die letzten beiden Nächte im Zelt verbracht und daher nicht so gut geschlafen habe, lasse ich es heute Morgen ein wenig gemütlicher angehen. Den ersten Bus nach Ancud um 09:25 Uhr lasse ich deshalb aus und richte mich auf den nächsten um 11:05 Uhr ein. Nach dem Frühstück packe ich meine völlig in meinem kleinen Zimmer ausgebreiteten Sachen zusammen und marschiere los zum Bus-Terminal von Cruz del Sur, das sich etwas am Rand der Stadt befindet. Unterwegs lege ich noch einen Zwischenstopp im Supermarkt ein, in dem es kräftig weihnachtet: In voller Lautstärke wird man dort mit Jingle Bells beschallt. Bei tagsüber 20 Grad und herrlich sonnigem Wetter ist mir irgendwie noch weniger weihnachtlich zu Mute, als das zu Hause in Deutschland im vorweihnachtlichen Stress der Fall wäre…

Im Terminal muss ich noch etwa eine halbe Stunde warten, bis der Bus vorbei kommt. Die Fahrt geht mit einem Halt im bereits bekannten Terminal von Puerto Montt nach Pargua, wo wir auf die Fähre nach Chacao fahren. Während der Überfahrt können wir zum Glück aussteigen und obwohl es im Wind recht frisch ist, erlebe ich die Fährfahrt so voll mit. So am Meer fühle ich mich einfach am wohlsten!

Nach etwa einer weiteren halben Stunde hält der Bus vor einem Terminal in Ancud. Da auch einige Touristen aussteigen, steige auch ich aus. Was ich noch nicht weiß ist, das das nur das Terminal Rural ist und nicht das von Cruz del Sur, zu dem ich eigentlich will.

Da mir der Weg zu Fuß zu weit erscheint, nehme ich kurzer Hand ein Taxi zum anderen Terminal. Gegenüber befindet sich auch das Lunas Hostel, das mir Angela und Alex empfohlen haben. Ich frage dort zu allererst nach den Blauwalen, die man laut Lonely Planet in dieser Jahreszeit vor der Nordküste von Chiloé beobachten kann. Die Angestellte im Hostel ist sehr hilfsbereit und ruft für mich sogar die Agentur an, die Whale-Watching-Touren anbietet. So erfahre ich, dass die Wale erst ab frühestens Januar hier vorbei kommen. Sehr schade – wieder einmal scheine ich die richtige Zeit verpasst zu haben!

Ich lasse mir noch ein paar weitere Infos über Ancud und andere Aktivitäten in der Region geben und lagere mein Gepäck für ein paar Stunden im Hostel ein. Zunächst möchte ich mir Ancud ein wenig anschauen und im Tourismus-Büro vorbei gehen, um eine zweite Info bzgl. der Wale einzuholen. Erst dann möchte ich entscheiden, ob ich die Nacht hier bleibe oder gleich nach Castro weiterfahre.

Im Tourismus-Büro und durch Anrufe erfahre ich bzgl. der Wale nichts neues. Aber ich bekomme einige gute Infos über mögliche Aktivitäten und die Weiterfahrt gen Süden. Ich beschließe, mir Ancud noch ein wenig anzuschauen und dann nach Castro weiter zu fahren.

Die Stadt gefällt mir ausgesprochen gut – ganz entgegen der Erwartungen aufgrund der wenig enthusiastischen Beschreibung im Lonely Planet. Man darf eben auch nicht alles glauben, was in der Reisebibel steht!

Nachdem ich genug gesehen und an der Uferpromenade ein paar Empanadas de Queso gegessen habe, kaufe ich im Bus-Terminal mein Ticket für den nächsten Bus nach Castro. Leider vertue ich mich irgendwie mit der Uhrzeit und denke, der Bus führe erst in einer Stunde. Also schlendere ich nochmal ein wenig durch die Straßen. Als ich beim Fotografieren auf der Uhr der Kamera mein Irrtum bemerke, ist es vermeintlich schon zu spät. Zurück im Terminal kann ich mein Ticket aber für den nächsten Bus umtauschen – dieses Mal wirklich in knapp einer Stunde.

Ich hole mein Gepäck aus dem Hostel und als ich wieder ins Terminal komme, steht dort gerade der vermeintlich verpasste Bus – na super, dann hätte ich ja doch noch diesen nehmen können. Mit der Pünktlichkeit scheint man es hier auf Chiloé nicht so eng zu nehmen – ganz im Gegensatz zu meinen bisherigen Busfahrten, die alle immer recht akkurat abliefen. Ein erneuter Umtausch ist auf die Schnelle aber nicht möglich und so richte ich mich im Terminal auf etwa eine Stunde Warten ein.

Auch mein Bus hat natürlich deutlich Verspätung und so gegen 19:00 Uhr verlasse ich Ancud in Richtung Castro. Dort komme ich etwa anderthalb Stunden später an und begebe mich gleich zu der ausgewählten Hospedaje. Ich bekomme für 12.000 Pesos ein Zimmer ohne Bad – ein etwas höherer Preis als ich dachte. Dafür ist die Betreiberin super freundlich und nennt mich ständig “mi hijito”, verniedlichend für “mein Sohn”. Nachdem ich mich eingerichtet habe, mache ich noch einen kurzen Rundgang durch Castro und verbringe die verbleibenden Stunden dann mit Blog schreiben. Auch hier in Castro weihnachtet es kräftig und die Glocken der knallbunten Kirche spielen “Stille Nacht, Heilige Nacht”…

Gegen halb elf falle ich dann ins Bett.

Trekking im Valle Cochamó (Teil 3)

(Nachtrag von Mittwoch, 11.12.2013)

Nach einer weiteren Nacht im Zelt stehe ich heute Morgen zeitig auf, um den Rückweg nach Cochamó anzutreten und dort gegen 14:30 Uhr den Bus nach Puerto Varas zu nehmen. Wie immer ist es so früh morgens noch ziemlich kalt und nach einer Katzenwäsche packe ich zügig meine Sachen zusammen. Dann mache ich mich auf den Weg.

Ich komme zügig voran, obwohl ich die gestrige Tour deutlich in den Beinen spüre. Unterwegs mache ich mehrfach eine kurze Pause und stärke mich mit einem Rest Pizza von gestern Abend und den übrigen Snacks. Einmal treffe ich auf zwei Kühe mit Kalb, die mir nicht so recht aus dem Weg gehen wollen. Ein ganzes Stück laufe ich zwischen ihnen den Weg entlang und bin mir nicht sicher, ob sie nun Angst vor mir haben oder mich zur Verteidigung des Jungen gleich auf die Hörner nehmen werden.

Schneller als gedacht erreiche ich schließlich das Eco-Hostel, den Ausgangspunkt unseres Ritts nach oben vorgestern. Vor mir liegt nun noch das Stück Strecke bis nach Cochamó entlang der Schotterpiste, das wir vorgestern mit dem Auto zurückgelegt hatten. Da ich nicht genau weiß, bis wohin der Bus fährt, bzw. von wo er kommt, muss ich wohl oder übel noch bis Cochamó laufen. Die Entfernung schätze ich allerdings völlig falsch ein und halte deshalb das erste vorbeikommende Auto auch nicht an. Der Weg zieht sich mühsam dahin und auf halber Strecke bin ich so erledigt, dass ich einfach eine Pause einlegen muss, obwohl es mittlerweile mit dem Bus eng werden könnte. Zum Glück kommen wenig später ein paar Bauarbeiter vorbei, die mich den Rest des Weges auf ihrem Pickup mitnehmen.

In Cochamó hole ich mir dann in einem Minimarkt erstmal eine Empanada und etwas besseres zu trinken als mein mit Chlor aufbereitetes Wasser und setze mich zum Warten in die Bushaltestelle. Laut Auskunft der Einheimischen sollte der Bus schon in weniger als einer halben Stunde vorbei kommen.

Tatsächlich warte ich natürlich etwa eine Stunde und bin froh, dann endlich auf dem Weg zurück nach Puerto Varas zu sein. Im Bus treffe ich auch das britische Pärchen wieder, für die morgen der Rückflug nach Schottland ansteht.

Eigentlich hatte ich geplant, noch an diesem Abend nach Puerto Montt und – falls möglich – nach Ancud auf Chiloé weiter zu fahren. Aber während der Busfahrt ändere ich erneut meine Pläne. Ich bin einfach zu fertig und möchte nur noch entspannen. Also checke ich für eine weitere Nacht in der Hospedaje ein, in der ich schon die zwei Nächte vor der Tour untergekommen war. Dann erkundige ich mich noch nach den Busverbindungen nach Ancud und entgegen meiner Erwartungen fährt Cruz del Sur direkt von hier, so dass ich morgen nicht erst nach Puerto Montt zurück und dort umsteigen muss. Außerdem erledige ich noch ein paar Einkäufe und genieße dann noch ein wenig die Aussicht über den See auf die beiden Vulkane Osorno und Calbuco. Zum Abschluss des Tages gehe ich im Cafe Barista einen wirklich hervorragenden Hamburger essen und falle dann völlig erschlagen ins Bett.

Trekking im Valle Cochamó (Teil 2)

(Nachtrag von Dienstag, 10.12.2013)

Die Nacht im Zelt habe ich ganz gut verbracht, wenn ich darin natürlich auch nie ganz so gut schlafe wie in einem Bett im Hostel. Zum Frühstück treffe ich mich wieder mit Angela und Alex im Refugio. Die beiden wollen schon heute wieder den Rückweg nach Cochamó bzw. Puerto Varas antreten, während ich beschlossen habe, noch eine weitere Nacht hier zu bleiben. Zum Frühstück bekommen wir doch tatsächlich echten Kaffee! In Chile ist das eine Seltenheit, da sie hier aus mir unerklärlichen Gründen total auf Instanz-Nescafe abfahren.

Nach dem Frühstück regeln wir noch die Bezahlung der Pferde. Da Sofia plötzlich verschwunden war, konnten wir das gestern nicht mehr erledigen. Dann verabschiede ich mich von Angela und Alex und gehe erstmal zu meinem Zelt zurück.

Einen genauen Plan für heute habe ich nicht, da ich die Entscheidung, noch eine Nacht hier zu bleiben gestern ja recht spontan getroffen habe. Ich weiß aber, dass es von hier aus verschiedene Treks gibt, die an einem Tag machbar sind. Und da mir gesagt wurde, dass die Aussicht vom Arco Iris oben super sein soll und dieser Trek außerdem gleich auf dieser Seite des Flusses beginnt, entscheide ich mich kurzer Hand für diesen. Beim Zähneputzen treffe ich außerdem eine Gruppe chilenischer Studentinnen, die ebenfalls zum Arco Iris hinauf wollen. Als ich los laufe treffe ich sie wieder und bin so die meiste Zeit nicht allein.

Der Weg verläuft durch den Wald und steigt gleich von Beginn an sehr steil an. Anfangs wechsle ich mich bei der Vorhut immer wieder mit den Chileninnen ab, aber später falle ich komplett hinter sie zurück. Der letzte Teil des Weges verläuft dann knapp oberhalb der Baumgrenze und hält einige abenteuerliche Kletterpartien bereit. An fest angebrachten Seilen müssen wir immer wieder große Granitblöcke überqueren. Gedanken an Sicherung und Absturzgefahr verdränge ich lieber schnell wieder. Jetzt bin ich schon so weit gekommen, den letzten Rest werde ich auch noch schaffen. Außerdem bin ich ja nicht der erste Tourist hier oben.

So außerhalb des Waldes habe ich eine atemberaubende Aussicht ins Tal und die umliegenden Granitgipfel. Ich kann den Vergleich mit dem Yosemite Park in den USA inzwischen gut nachvollziehen. Einmal zieht ein großer Vogel – ein Adler oder ähnliches, definitiv aber kein Condor – seine Kreise nur wenige Meter über mir und mir gelingen ein paar tolle Aufnahmen. Ich kann hervorragend beobachten wie er mit winzigen Bewegungen der Schwanzfedern die Flugrichtung beeinflusst – das ist irgendwie beeindruckend. Die Natur macht es vor, der Mensch kopiert sie für seine technischen Errungenschaften.

Schließlich erreiche ich den Gipfel – oder zumindest das Hochplateau, das als Arco Iris das Ziel der Tour ist. Von hier aus kann man noch ein Stück höher steigen, nach den zurückliegenden Kletterpartien überlasse ich das aber lieber mal den Profis. Die Aussicht von hier oben ist einfach nur unglaublich! Natürlich tobe ich mich ausgiebig mit meiner Kamera aus. Außerdem ist eine lange Pause angebracht. Die Vorstellung, auf dem gleichen Weg zurück gehen und mich ohne echte Sicherung quasi abseilen zu müssen löst nicht unbedingt Begeisterung in mir aus.

Zunächst geselle ich mich zu den Chileninnen, etwas später bemerke ich dann Tanja und Amy, die kurz nach mir hier oben angekommen sein müssen. Die beiden warten auf Amys Mann, der noch weiter aufgestiegen ist. Zusammen verbringen wir hier oben einige Zeit und machen uns dann an den Abstieg.

Die Kletterpartien sind gar nicht mal so schlimm wie befürchtet, nur eine hat es definitiv in sich. Aber auch diesen Teil meistern wir und kommen sicher unten an. Amys Mann war schneller als wir und ist vermutlich schon beim Camp. Tanja und Amy haben offensichtlich noch Energie und wollen noch einen Abstecher zu den natürlichen Wasserrutschen machen. Auf glatten Felsen rutschen dort Touristen und Einheimische über Stromschnellen. Da ich das zumindest mal sehen will, laufe ich noch mit, obwohl ich eigentlich bereits ziemlich fertig bin. Zunächst finden wir den Weg nicht und sind schon auf dem Rückweg, als uns ein Einheimischer entgegen kommt. Er erklärt uns den Weg und nach der Überquerung einer abenteuerlichen Hängebrücke und einem weiteren steilen Abstieg sind wir am Ziel.

Eine ganze Gruppe Besucher scheint nur darauf zu warten, bis der erste es wagt, über die Felsen zu rutschen. Etwas später ist es dann tatsächlich soweit. Die Aktion sieht nicht mal seht gefährlich aus, mein Ding ist es aber nicht. Zumal das Wasser eiskalt ist, wie ich bei einer kurzen Erfrischung der Füße feststelle!

Irgendwann taucht dann auch Amys Mann auf, der uns offensichtlich bereits gesucht und sich Sorgen gemacht hat, weil wir nicht beim Camp eingetroffen sind. Einfach so abzuzweigen war vielleicht auch nicht die professionellste bergsteigerische Aktion, aber er war ja auch ziemlich vorausgerannt, was ebenfalls nicht sehr professionell ist.

Nach einer Weile sonnen, machen wir uns dann endgültig auf den Rückweg zum Camp – oder zumindest versuchen wir es. Im recht dichten Wald finden wir den Rückweg nicht! Nachdem wir vergeblich eine Weile auf verschiedenen Pfaden auf- und wieder abgestiegen sind, kehren wir zum Ausgangspunkt an den Stromschnellen zurück. Tanja und Amy bleiben aber plötzlich stehen, weil Tanja meint, mit ihrer GPS-App den richtigen Weg zu finden. Ich suche zusammen mit Amys Mann weiter. Und plötzlich haben wir Tanja und Amy verloren! Neben dem richtigen Weg suchen wir nun also auch noch die beiden! Ich bin ohnehin schon ziemlich fertig und dieses Umherirren stresst zusätzlich. Nach einer ganzen Weile finde ich schließlich unten bei den Stromschnellen den richtigen Einstieg. Auf diesem Pfad waren wir auch hergekommen. Wieder einmal rennt Amys Mann voraus und so bin ich kurze Zeit später allein unterwegs. Aber jetzt kommt mir der Weg bekannt vor und so kehre ich endlich zum Camp zurück. Dort warten auch schon die anderen, inklusive Tanja und Amy. Die beiden hatten wohl zufällig einen anderen, schnelleren Rückweg gefunden.

Die Pizza am Abend schmeckt nach den Anstrengungen des Tages noch besser als gestern. Anschließend unterhalte ich mich noch bis kurz nach Einbruch der Dunkelheit mit Tanja und kehre dann zu meinem Zelt zurück.

Trekking im Valle Cochamó (Teil 1)

(Nachtrag von Montag, 09.12.2013)

Heute geht’s mal wieder für mindestens zwei Tage in die Wildnis. Dieses Mal zum Teil aber auf leicht anderem Weg: Von Cochamó aus reiten Angela, Alex und ich zu Pferd bis nach La Junta im Valle Cochamó.

Zunächst müssen wir aber einige Zeit lang in Puerto Varas auf den Bus nach Cochamó warten. Das zieht sich so lange hin, dass ich nach meiner Erfahrung in Curacautín schon zu zweifeln beginne, ob wir jetzt einen der vielen vorbei fahrenden Minibusse verpasst haben. Endlich kommt dann aber doch noch ein größerer Bus mit der richtigen Aufschrift.

Die Fahrt dauert etwa drei Stunden und unterwegs unterhalten wir uns ausgiebig mit Jan, einem Deutschen, der zusammen mit seiner chilenischen Freundin einen großen Teil Chiles zu Fuß durchwandert. Die beiden verfolgen das Ziel, die gesamte Strecke nur zu Fuß bzw. mit dem Faltboot zurückzulegen. Im Bus sitzen sie nur, weil sie in Puerto Varas eingekauft haben und nun wieder nach Cochamó zurück fahren, dem Ausgangspunkt ihrer nächsten Wanderetappe. Ich bin von den Erzählungen über das Entstehen dieses Projekts, dessen minutiöse Planung und schließliche Umsetzung total fasziniert! Das ist doch das pure Leben eines Traums! Und Jan hat ansonsten noch ein beinahe normales Leben, in dem er als Ingenieur überall auf der Welt Turbinen von Gaskraftwerken inspiziert.

Mit uns im Bus sitzt auch das eine der britischen Pärchen, die ich im Parque Nacional Conguillíos kennen gelernt habe. Man läuft sich bei dieser Art zu reisen eben immer wieder über den Weg.

Durch die ausführliche Unterhaltung mit Jan vergehen die drei Stunden Fahrt wie im Flug und wir erreichen mit leichter Verspätung Cochamó. Da wir dort mit den meisten anderen aussteigen und nicht noch ein paar hundert Meter weiterfahren, müssen wir zur Agentur der Pferde noch ein Stück laufen bzw. werden kurz darauf von zwei Frauen mit dem Auto abgeholt, die uns offensichtlich bereits vermisst haben. Eine davon, Sofia, erinnert mich sofort an eine der Chileninnen im Film “Die Reise des jungen Che”. Später stellt sich heraus, dass sie unsere Führerin und außerdem Argentinierin ist :-).

Während Sofia bereits mit einem Pferd davon reitet, dürfen wir es uns im Garten eines normalen Wohnhauses erstmal bequem machen. Wir müssen wohl noch etwas auf die Pferde warten, da diese momentan noch unterwegs sind. Also warten wir eben und ich unterhalte mich mit Angela und Alex über die verschiedensten Themen wie die Arbeit als Softwareentwickler, Politik und natürlich das Reisen.

Nach einer Weile bedeutet uns unsere Gastgeberin, wieder ins Auto zu steigen und wir fahren los – allerdings nicht ohne, dass sich es der junge Hund des Hauses in einem kurzen Moment der Unachtsamkeit auf dem Rücksitz bequem macht. Es kostet unsere Gastgeberin viel Überredungskunst, ihm klar zu machen, dass er hier bleiben muss. Dass wir nicht direkt von.Cochamó aus losreiten würden hatten wir bis jetzt auch nicht gewusst – ebenso wenig wie das kleine Detail, dass uns diese Zubringerfahrt 7000 Pesos extra kosten würde. Immerhin ist unsere Fahrerin auch mit 6000 Pesos zufrieden, als keiner von uns die passenden Scheine hat :-).

Die Fahrt endet bei einem kleinen Eco-Hostel, wo auch tatsächlich unsere Pferde warten. Leider stellt sich heraus, dass unsere Fahrerin vergessen hat, einen weiteren Sattel mitzubringen. Also verzögert sich der Aufbruch nochmal etwas, weil zuerst jemand zurückfahren und den Sattel holen muss. Alles wirkt irgendwie etwas improvisiert aber ändern können wir daran ohnehin nichts, also warten wir einfach. Immerhin wird schon mal unser Gepäck auf ein extra Packpferd verladen, das zusammen mit einem anderen Guide auch gleich lostrabt. Gut, dass ich noch daran gedacht habe unser Trinkwasser aus dem Rucksack zu nehmen, sonst wären wir unterwegs auf dem Trockenen gesessen. Es hatte uns ja auch keiner gesagt, dass unser Gepäck getrennt von uns befördert wird. Als bei der Buchung im Hostel in Puerto Varas die Rede von einem Packpferd war, bin ich natürlich davon ausgegangen, dass dieses mit uns zusammen laufen würde.

Schließlich trifft auch der fehlende Sattel ein und wenig später kann es losgehen. Der Ritt führt einen zum Teil sehr tief eingeschnittenen Pfad entlang durch überwiegend dichten Wald. Zwischendurch können wir aber ab und an mal einen kurzen Blick auf die riesigen Granitfelsen werden, die das relativ enge Tal einschließen. Und tatsächlich, die Ähnlichkeit der Felsformationen mit jenen im Yosemite Park in den USA ist nicht von der Hand zu weisen.

Unsere Pferde werden praktisch ununterbrochen von einer ziemlich großen Sorte Pferdebremsen malträtiert. Zum Glück für uns fallen diese aber kaum über uns her. Während Alex und ich unseren Spaß mit dem Ritt haben, hält sich die Begeisterung bei Angela in Grenzen.

Zwei Mal machen wir unterwegs eine kurze Pause, bis wir schließlich den Campingplatz und das Refugio La Junta erreichen.

Zwischen dem Campingplatz und dem Refugio liegt der Fluss, der mit Hilfe einer manuellen Seilbahn überbrückt werden muss. Wie früher auf dem Kinderspielplatz fährt man mit Schwung so weit wie möglich und zieht sich dann selbst an einem Seil den Rest des Weges – oder man hat Glück und auf der Gegenseite wartet jemand auf einen Transport und übernimmt das für einen.

Zunächst werde ich auf die Suche nach unseren Sachen geschickt, die ja mit dem extra Packpferd transportiert und nun irgendwo hier oben abgeladen wurden. Ich baue dann auch gleich mein Zelt auf, während sich Angela und Alex im Refugio einrichten.

Um 20 Uhr ist die Pizza (einsame Spitze!!!) fertig und ich gehe bzw. fahre mit der Seilbahn zum Refugio rüber. Beim Essen treffen wir natürlich auf andere Trekker – unter anderem auf Tanja aus Deutschland, die sich bereits zusammen mit uns im Bus mit Jan unterhalten hatte, Amy, einer US-Amerikanerin aus Atlanta, die zusammen mit ihrem Mann für über ein Jahr unterwegs ist und einer jungen Familie aus Deutschland. Letztere ist mit einem sechs Monate alten Baby unterwegs – echt krass! Ich unterhalte mich ein wenig mit dem Vater und mir gefällt die Aussage mit Bezug auf’s Reisen “Mit Kind ist das Leben nicht vorbei!”.

Bei Einbruch der Dunkelheit mache ich mich auf den Weg zurück zu meinem Zelt auf der anderen Seite des Flusses.

Lago Todos Los Santos

(Nachtrag von Sonntag, 08.12.2013)

Nach dem Frühstück teffe ich mich heute Morgen wieder mit Angela und Alex. Gemeinsam fahren wir mit dem Minibus nach Petrohué, um dort unser Glück mit einer spontanen Bootsfahrt auf dem Lago Todos Los Santos zu versuchen.

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Die Fahrt verläuft sehr schön am Lago Llanquihue entlang mit tollen Ausblicken auf den Volcán Osorno und den Volcán Calbuco. Wir fahren ab den Saltos de Petrohué vorbei und kommen schließlich nach etwa anderthalb Stunden in Petrohué an. Dieses ist letztlich nicht mehr als ein Fährdock und ein Campingplatz. Von hier legt auch der Katameran nach Peulla ab, den viele Backpacker auf ihrem Weg nach Bariloche in Argentinien nehmen. Leider war dieser zu teuer für eine einfache Spritztour und so sind wir jetzt ohne Ticket hier.

Praktisch sofort nach dem Aussteigen werden wir angesprochen, ob wir nicht eine Bootsfahrt zur Isla Margarita oder einfach nur so auf dem See machen wollten. Kurz darauf gesellt sich Silvia, eine Scheizerin aus der Nähe von Zürich zu uns und ich übernehme die weitere Planung und Preisverhandlung in die Hand. Beim zweiten Angebot für 10.000 Pesos pro Person für eine anderthalbstündige Fahrt zur Isla Margarita und zurück schlagen wir dann zu.

Vom Boot aus haben wir einen herrlichen Blick auf den Volcán Osorno, wie er sich über dem türkis-blauen See erhebt. Mit dieser privaten Fährt haben wir sicherlich eine gute Wahl getroffen und erleben die Schönheit der Umgebung entspannter als auf dem vermutlich vollgestopften Katameran, der wie schon erwähnt auch noch ziemlich teuer gewesen wäre.

An der Isla Margarita legen wir einen kurzen Foto-Stopp ein und können sogar am Strand an Land gehen. Die Insel ist privat und gehört dem Betreiber des Katamerans – da man muss sich wohl nicht mehr über den hohen Preis für die Überfahrt mit demselben wundern. Der Blick auf den Volcán Osorno und die sich ergebenden Bildkompositionen sind einfach nur irre! So fotografiere ich hier wie wild und kann dank Silvia sogar mal ein Foto von uns einstellen:

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Nach vielleicht 20 Minuten treten wir die Rückfahrt an. Inzwischen hat der Wind deutlich aufgefrischt und unser kleines Boot muss ganz schön gegen den leichten, aber spürbaren Seegang ankämpfen.

Zurück in Petrohué gibt es für alle noch ein Alfajore, eine Art großer Keks mit Füllung aus Dulce de Leche, den ich schon aus Argentinien kenne. Dann fahren wir mit dem Bus zurück zu den Saltos de Petrohué. Wir waren fälschlicherweise davon ausgegangen, es handele sich um Wasserfälle. Aber “salto” bedeutet eher Stromschnelle – “catarata” wäre der Wasserfall gewesen. So sind wir zunächst alle etwas enttäuscht. Ich erkenne jedoch sehr schnell welch tolle Bildkompositionen sich mit dem Volcán Osorno im Hintergrund ergeben.

Nachdem wir hier alles gesehen haben, sind wir uns ein wenig unschlüssig und uneinig, was wir mit dem Rest des Tages noch anstellen wollen. Schließlich beschließen wir, zurück nach Puerto Varas zu fahren und gehen dort noch richtig gut essen.

Zum Schluss organisieren Angela, Alex und ich über deren Hostelbetreiber noch die Reittour von Cochamó nach La Junta am nächsten Tag.

Puerto Varas

(Nachtrag von Samstag, 07.12.2013)

Nach den vielen Stunden, die ich in den letzten Tagen zu Fuß unterwegs war und der Nacht im Zelt, habe ich heute sehr gut geschlafen. Für die Weiterfahrt nach Puerto Montt bzw. Puerto Varas konnte ich mir glücklicherweise die Uhrzeit aussuchen und so habe ich die Abfahrt so gewählt, dass ich nicht allzu früh aufstehen muss und es auch noch für ein Frühstück reicht.

Die Fahrt führt zunächst durch eine Landschaft, die mich stark an die schwäbische Alb erinnert. Aber dann, kurz vor Puerto Varas kann ich einen super Ausblick auf den Volcán Osorno genießen. Dessen perfekte Form und weiße Schneehaube ist wieder einmal umwerfend!

Nach etwa fünf Stunden Fahrt erreichen wir Puerto Montt. Bevor der Bus im Terminal hält fährt er noch einen Umweg durch die engen Straßen, um eine Lieferung abzuladen. Die Busgesellschaften bieten hier auch meistens den Versand von Waren an. Für so ein riesiges Fahrzeug ist die Fahrt um die engen Kurven des Wohngebiets gar nicht so einfach.

Auf den letzten Metern kann ich meinen ersten Blick auf den Pazifik während dieser Reise genießen. Nach der Ankunft im Terminal nutze ich dessen perfekte Lage an der Uferpromenade auch noch für einen kurzen Fotostopp.

Dann nehme ich einen der vielen Minibusse nach Puerto Varas. Der Fahrer fährt bei teilweise laut aufgedrehter Musik äußerst langsam und ich frage mich, ob das Fahrzeug so schlecht motorisiert ist, oder das normal ist. Da ich beim Einsteigen deutlich das Ziel Puerto Varas genannt habe, gehe ich davon aus, dass mich der Fahrer entsprechend absetzen würde. Nachdem wir ein Stadtzentrum passiert haben und alle anderen Passagiere bereits ausgestiegen sind, frage ich dann aber doch nochmal nach. Obwohl ich in der zweiten Reihe sitze hat mich der Fahrer doch glatt vergessen und hätte mich kostenlos wieder mit nach Puerto Montt zurück genommen. Schnell beruhigt er mich aber und hält einige Meter weiter einen entgegenkommenden Minibus an, mit dem ich umsonst zurück ins Zentrum von Puerto Varas fahren kann.

Das Bild, das sich mir von der Uferpromenade aus bietet ist einfach unglaublich: Vor mir der Lago Llanquihue und dahinter in der Ferne die schneebedeckten Kegel der drei Vulkane Osorno, xyz und xyz!

Zunächst mache ich mich auf zu einem der im Lonely Planet genannten Hostels. Das erste befindet sich nicht mehr an der angegebenen Stelle, einen Aushang erklärt jedoch den Weg zur neuen Adresse. Unterwegs komme ich noch an einem anderen Hostel vorbei, das ein Bett im 6er-Dormatory frei hat. Das Hostel selbst erscheint mir auch ganz in Ordnung, als ich jedoch das Zimmer mit den sechs Betten nebeneinander sehe, lehne ich erstmal ab. Leider ist das eigentlich ausgewählte Hostel aber bereits voll und nur ein Doppelzimmer für 35.000 Pesos frei. Also steuere ich das nächste an, das aber ebenfalls belegt ist! Das kann ja heiter werden in Patagonien, wenn es schon hier so schwierig ist, eine Unterkunft zu finden.

Auf dem Rückweg ins Zentrum komme ich schließlich an einer Hospedaje vorbei, die ein einfaches und winziges Zimmer für mich frei hat. Für 10.000 Pesos habe ich hier aber mein eigenes Zimmer, das auch vollkommen in Ordnung ist. Lustig ist der Weg von der Rezeption zum Zimmer: Die Hospedaje besteht aus zwei ineinander übergehenden Häuser und man kann sich auf den engen und verwinkelten Fluren echt verlaufen. Überall hängen Pfeile, die den Weg zur Rezeption weisen und ohne diese wäre es auch unmöglich, diese zu finden.

Nachdem ich meine Sachen ausgepackt habe, treffe ich mich mit Angela und Alex, die ebenfalls heute in Puerto Varas angekommen sind. Wir wollen zunächst Wäsche waschen, womit wir am Samstag aber keinen Erfolg haben. Dann gehen wir in einem sehr touristischen Restaurant am.See etwas essen. Das Sandwich ist allerdings nicht gerade der Hit, da das Steak zum großen Teil fast roh ist. Auch der erträumte echte Capuchino von Angela entpuppt sich als Tüten-Nescafé! Leider bekommt man hier in Chile fast nirgends echten Kaffee, oder wenigstens Filterkaffee.

Nach der kleinen Pause und dem Austausch unserer Reisestories machen wir uns auf den Weg, um Infos für die Aktivitäten der nächsten Tage einzuholen. Eigentlich wollte ich das schon viel zeitiger machen, aber da kam die gemeinsame Pause dazwischen. Jetzt müssen wir uns sputen, bevor die Agenturen schließen.

Die Bootsfahrt von Petrohué nach Peulla stellt sich als sündhaft teuer heraus. Ebenso der Ritt zu Pferd von Cochamó nach La Junta im Valle Cochamó. Also beschließen wir, morgen einfach auf eigene Faust nach Petrohué zu fahren und dort spontan unser Glück mir einer Bootsfahrt auf dem Lago Todos Los Santos zu versuchen.

Inzwischen ist es auch zu spät, um noch weitere Dinge zu organisieren oder Infos einzuholen. Also genießen wir noch ein wenig die Aussicht über den See und auf die dahinter liegenden Vulkane bei Sonnenuntergang und schauen dann noch bei einer kleinen Party vom Hostel vorbei, in das Angela und Alex morgen umziehen werden und in dem eine Freundin von Alex arbeitet. Dort treffen wir auf einen Canadier, der einen vom Hostel organisierten Ausritt im Valle Cochamó gemacht hat und begeistert davon erzählt. Wir nehmen uns vor, morgen in diesem Hostel nochmal nach Pferden für den Weg von Cochamó nach La Junta zu fragen. Vielleicht würde es hier ja ein bezahlbares Angebot geben.

Nach einiger Zeit auf der Party verabreden wir uns für morgen und machen uns dann auf den Weg zurück zu unseren Unterkünften.

Trekking im Parque Nacional Conguillío (Teil 2)

(Nachtrag von Freitag, 06.12.2013)

Unangenehm früh klingelt heute Morgen der Wecker nach meiner ersten Nacht im Zelt auf dieser Reise und meiner ersten überhaupt in meinem neuen Hilleberg Akto Zelt. Ich will heute nicht zu spät aufbrechen, um zur Not die ganzen 20 km bis nach Captrén zu Fuß zurücklegen zu können und trotzdem noch den letzten Bus zurück nach Curacautín zu erreichen. Aber so früh wie geplant schaffe ich es einfach nicht aus dem Schlafsack :-).

Nachdem ich dann tatsächlich aufgestanden bin, gibt’s erstmal eine Dusche, die leider nicht ganz so schön warm ist wie noch gestern Abend. Dann mache ich mir ein einfaches Müsli aus Haferflocken, Rosinen und Milchpulver und packe anschließend meine Sachen zusammen. In der Zwischenzeit fahren die beiden britischen Pärchen bereits an mir vorbei. Sie sind also tatsächlich früher los gekommen als ich.

Als alles zusammengepackt ist mache auch ich mich auf den Weg. Bei der Administración fällt mir ein LKW auf, der vielleicht meine erste Mitfahrgelegenheit sein könnte…

Vom Centro de Informaciones folge ich dieses Mal der Schotterpiste und biege nicht auf den Waldweg ab, um nicht mögliche Mitfahrgelegenheiten zu verpassen. Und tatsächlich, nach nur kurzer Zeit kommt das erste Auto – allerdings mir entgegen :-(.

Ich muss aber kürzer warten als gedacht, denn wenig später kommt das Auto im Rückwärtsgang zurück, gefolgt von zwei LKWs, von denen ich einen ja bereits unten an der Lagune bemerkt hatte. Sofort versuche ich mein Glück und voila, ich werde tatsächlich mitgenommen. Zwar verstehe ich den Fahrer nur sehr schwer und weiß daher auch nicht genau, bis wohin er mich mitnehmen wird, aber die Richtung stimmt und jedes noch so kurze Stück ist besser als nichts :-).

Die Fahrt geht langsam und in Maßarbeit die tief eingeschnittene Schotterpiste entlang. Nebenbei wechsle ich ein paar Worte mit dem Fahrer, den ich noch immer nur sehr schwer verstehe. Bei der Laguna Captrén am Parkeingang schlägt dieser einen kurzen Stop vor. Die Fahrer beider LKWs vertreten sich einen Moment die Beine und tauschen sich sicherlich über diesen Gringo aus, den sie da aufgesammelt haben. Ich mache derweil noch ein paar Fotos.

Für die Weiterfahrt steigt der Beifahrer des zweiten LKWs nun bei uns mit ein – aus Neugierde, wie ich vermute :-).

Und tatsächlich, kaum sind wir losgefahren, fängt er an mich auszufragen. Woher ich komme, was ich hier mache und wie lange ich hier in Chile bin. Natürlich bleibt auch die immer etwas unangenehme Frage nicht aus, wie viel denn der Flug von Deutschland hierher gekostet hat. Ich weiß bei dieser Frage immer nicht, wie ich reagieren soll. Sagt man die Wahrheit, sind die Gesprächspartner immer zu tiefst entsetzt über den für sie unglaublich hohen Preis. So auch in diesem Fall: Unser Beifahrer meint nur, dass er sich für dieses Geld hier drei Autos kaufen könne. Naja, mir kommt es eher immer so vor als fehle den Leuten einfach das Gefühl für so hohe Beträge. Zum Glück ist diese Situation aber schnell wieder vergessen und wir unterhalten uns über belanglosere Dinge. Eine beliebte Frage ist auch immer, weshalb ich so gut Spanisch spreche. Ich erkläre dann immer, dass ich bereits im Studium Spanisch gelernt habe und außerdem inzwischen eine peruanische Freundin habe.

So fahren wir für vielleicht eine Stunde dahin und passieren auch Captrén. Ich bin meinem Ziel Curacautín also schon näher gekommen als gehofft. In einer Art Kieswerk ist dann Schluss mit dieser Mitfahrgelegenheit. Der Fahrer verabschiedet sich und der Beifahrer zeigt mir noch den Weg weiter in Richtung Curacautín. Dabei verstehe ich für einen Moment fälschlicherweise, dass er mich noch weiter mitnehmen kann, aber dieses Missverständnis klärt sich schnell. Die paar Pesos, die ich meinen Wohltätern als Dank anbiete werden überzeugt abgelehnt – damit habe ich wirklich nicht gerechnet!

Ich verabschiede mich, schultere wieder meinen Rucksack und trabe weiter der Schotterpiste entlang in Richtung Curacautín. Zu allererst fährt ein Polizeiwagen an mir vorbei, den abzuhalten ich mir aber nicht traue. Dann kommen mir mehrfach Autos und kleinere LKW entgegen. Nach einer ganzen Weile tauchen dann auch endlich Autos in meiner Richtung auf. Keines davon hält auf mein Zeichen jedoch an und so laufe ich lagsam aber stetig immer weiter. Ein Kleinwagen kommt sogar mehrfach an mir vorbei, der Fahrer lehnt mit einem Handzeichen meinen Mitnahmewunsch jedoch ab.

Schnell merke ich, dass sich die Strecke noch ganz schön hinziehen wird und hoffe ständig, dass irgendwann doch noch jemand für mich halten wird. Und tatsächlich, nachdem ich ca. fünf Kilometer marschiert bin, habe ich bei dem Fahrer eines alten Pickups Glück. Er fährt sogar ganz bis Curacautín und setzt mich nur einen Block vom Zentrum entfernt ab. Nach meiner letzten Erfahrung bedanke ich mich dieses Mal nur höflich, biete jedoch kein Geld an.

Auf direktem Weg gehe ich zum Hostel, wo ich ja einige meiner Sachen zurückgelassen hatte. Ich bin einige Zeit damit beschäftigt, meine Sachen für die Weiterreise zu packen und lerne dabei auch noch einen deutschen Langzeit-Backpacker kennen.

Schließlich verabschiede ich mich und mache mich einmal mehr auf den Weg zum Bus-Terminal. Dort muss ich ca. eine dreiviertel Stunde warten, bis der nächste Minibus nach Temuco vorbei kommt.

Etwa zwei Stunden später komme ich dann im Zentrum von Temuco an. Fälschlicherweise war ich davon ausgegangen, dass der Bus auch wieder das zentrale Terminal anfahren würde, an dem ich vor drei Tagen aus Santiago kommend angekommen bin. Aber es gibt noch weitere Terminals in der Stadt und ich werde kurz vor einem davon abgesetzt.

Das erste Hostel, das ich ansteuere ist angeblich voll belegt. Deshalb muss ich ein ganzes Stück zu einem anderen laufen, in dem ich dann aber zum Glück ein einfaches Zimmer bekomme. Endlich kann ich aus den Wanderstiefeln raus, die ich bereits seit heute Morgen trage. Leider hat das aber den unangenehmen Nebeneffekt, dass mein kleines Zimmer ohne Fenster innerhalb kürzester Zeit einen recht strengen Geruch aufweist :-). Naja, so zimperlich darf man da eben nicht sein.

Nachdem ich ein wenig meine Sachen geordnet habe, mache ich mich nochmal auf den Weg in die Stadt. Dort kaufe ich mein Busticket nach Puerto Montt für morgen und gehe in einem Fast-Food-Restaurant schnell noch eine Kleinigkeit essen. Dann geht’s zurück zum Hostel, wo ich nach einer kurzen Online-Session auch schnell ziemlich müde ins Bett falle.

Trekking im Parque Nacional Conguillío (Teil 1)

(Nachtrag von Donnerstag, 05.12.2013)

Nur sehr schwer schaffe ich es heute Morgen aus dem Bett. Gestern Abend ist es eben doch später geworden als gedacht. Für einen kurzen Moment denke ich über eine Planänderung nach, zumal die tatsächliche Erreichbarkeit des Parks ja auch noch fraglich ist. Aber dann raffe ich mich auf und sage mir “wer nicht wagt, der nicht gewinnt!” und breche auf zum Bus-Terminal – allerdings erst, nachdem ich die hoch moderne Schließanlage des Hostels erfolgreich bedient habe: Beim Verlassen wird ein Holzbalken so hinter der Haustüre positioniert, dass er diese beim Zuziehen von innen verbarrikadiert.

Am Terminal sind tatsächlich schon einige Leute unterwegs und es kommen drei Minibusse nach Temuco vorbei. Bei allen frage ich geduldig, ob sie nach Captrén fahren und werde auf den nächsten Bus vertröstet. Was ich kaum mitbekomme ist, dass zwischendurch der richtige, etwas größere Bus ohne nennenswerten Halt vorbei fährt. Als ich schließlich gegen 06:15 Uhr einen Einheimischen frage, wird mir klar, dass ich den einzigen Bus somit verpasst habe.

Da es heute keine andere Möglichkeit mehr gibt, nach Captrén zu kommen, gehe ich zurück zum Hostel. Dort ist natürlich um diese Zeit noch alles verschlossen und auch den geheimen Hintereingang, von dem mir die beiden Schweizer Sandra und Daniel erzählt hatten, bekomme ich nicht geöffnet. Also setze ich mich erstmal auf den Platz im Zentrum, um Alternativpläne zu schmieden. Zuerst denke ich darüber nach, einfach weiter zu fahren und den Parque Nacional Conguillío abzuhaken. Dann werde ich auf den Taxi-Stand direkt am Platz aufmerksam und denke mir, fragen kostet ja nichts. Der Lonely Planet schreibt etwas von 30.000 Pesos für die Fahrt zum Parkeingang. Entsprechend positiv überrascht bin ich vom dem Preis von 25.000 Pesos, den ich sofort genannt bekomme. Ich frage mehrfach nach, ob ich damit tatsächlich am Eingang des Parks und nicht wie mit dem Bus 12 km davor in Captrén abgesetzt werde. Mein Zögern reduziert den Preis dann sogar noch auf 20.000 Pesos, ohne dass ich eine harte Verhandlung im Sinn hatte. Wieder einmal sage ich mir “Ach was soll’s – wann kommst du schon mal wieder hier her?” und nehme das Angebot an. Eine Fahrt direkt zum Parkeingang ist schließlich alle Mal besser als von Captrén erst noch eine andere Transportmöglichkeit zu finden, oder die 12 km zu laufen.

Kurz bevor wir die Stadt verlassen, fällt dem Taxi-Fahrer auf, dass er noch tanken muss. Also geht es nochmal zurück. Die erste angefahrene Tankstelle hat noch geschlossen und ich bekomme Zweifel, ob mein Fahrer den Deal wohl doch noch platzen lassen will. An der zweiten Tankstelle bekommen wir dann aber Benzin und es kann losgehen.

Ein paar Kilometer nach der Stadtgrenze wird die Straße zu einer Schotterpiste. Mein Fahrer heizt aber unbeirrt weiter, obwohl es Schläge tut und das nicht mehr ganz taufrische Taxi einmal sogar mit dem Unterboden aufsitzt.

Während der Fahrt kann ich immer wieder die perfekte Form des Volcán Llaima bewundern und das letzte Stück führt durch eine Vulkanlandschaft, wie ich sie bereits von den Cap Verden und Teneriffa kenne. Schilder warnen vor vulkanischen Aktivitäten, was hier vermutlich nicht ganz unberechtigt ist. Schließlich brechen in Chile immer wieder einige der zahllosen Vulkane aus und der Kollege hier, der als einer der aktivsten Chiles gilt, spukte passend zu Neujahr 2008 das letzte Mal Lava. Dieses Schauspiel fehlt mir einfach definitiv noch auf meiner Liste von Erlebnissen!

Nach vielleicht einer dreiviertel Stunde Fahrt setzt mich mein Fahrer an der völlig verlassen Ranger-Station am Patkeingang am Fuße des Volcán Llaima ab. Als das Taxi abdüst wird mir für einen kurzen Moment schon etwas mulmig: Die Fahrt hier her hat länger gedauert als ich dachte und langsam ist mein Fahrer auch nicht gerade gefahren. Was, wenn ich hier völlig allein strande?

Schnell schiebe ich diese Gedanken beiseite und trabe los in den Park hinein. Kurze Zeit später komme ich an die Laguna Captrén, wo auch ein Wohnmobil und ein Auto stehen. Es ist zwar kein Mensch zu sehen, aber zumindest scheine ich nicht ganz allein zu sein. Zumal das Wohnmobil den Eindruck erweckt als schlafe darin noch jemand.

An der Lagune beginnt ein Wanderweg durch den Wald, von dem ich der Bezeichnung nach vermute, dass er mich zu der größeren Laguna Conguillío führen würde. Dort, so die Info der Hostelbetreiber, könne ich campen. Also marschiere ich los.

Der Weg verläuft zunächst entlang der kleinen Lagune und macht einige U-Turns. Kurz zweifle ich, ob er wohl nur um die Lagune herum führt und ich lieber der Schotterpiste hätte folgen sollen, aber dann biegt der Weg in die mir richtig erscheinende Richtung ab.

In Gedanken versunken laufe ich immer dem Weg nach durch den Wald. Vereinzelt gibt dieser den Blick frei auf den Volcán Llaima und die Gebirgskette der Sierra Nevada. Zumeist bekomme ich aber nur den Araucania/Coigüe-Mischwald zu sehen. Der Weg verläuft überwiegend eben und steigt nur einige wenige Male spürbar an.

Unterwegs kämpfe ich immer wieder gegen fast unsichtbare, sehr wohl aber spürbare Spinnweben zwischen den Sträuchern und schrecke einmal wohl die Kinderstube eines kleinen Vogels auf. Mama und Papa beschimpfen mich daraufhin lauthals und sind auch hörbar ungehalten darüber, dass ich nur wenige Schritte später eine kleine Rast einlege.

Schließlich passiere ich einen kleinen Bachlauf und der Weg fällt deutlich in ein Tal ab. Schon habe ich durch den Wald einen kurzen Blick auf die Laguna Conguillío erhaschen können und wenig später komme ich wieder auf der Schotterpiste raus. Ein paar Meter weiter befindet sich auch schon das Centro de Informaciones, in dem auch tatsächlich jemand da ist.

Ich bekomme die Bestätigung, dass das Campen offiziell nur an der Laguna Conguillío, nicht jedoch wie im Rother Wanderführer beschrieben oben in der Sierra Nevada erlaubt ist. Ich müsse mich nur unten in der Rezeption an der Lagune anmelden. Also gehe ich das letzte Stück dorthin hinunter.

Der Ausblick, der sich mir dort bietet, macht schlagartig die etwas beschwerliche Anfahrt vergessen und führt alle Überlegungen, diesen Park auszulassen ad absurdum! Aus dem Wald hinter mir ragt majestätisch der perfekt geformte und vergletscherte Kegel des Volcán Llaima heraus und am gegenüberliegenden Ufer erstreckt sich die ebenfalls schneebedeckte Gebirgskette der Sierra Nevada! Dazwischen die Laguna Conguillío mit ihrer tiefblauen Farbe – einfach unbeschreiblich schön und jede Strapazen wert! (Anm. des Autors: Ich habe bei diesem Anblick leider völlig vergessen, Fotos im JPEG-Format zu machen, deshalb müsst ihr leider warten, bis ich zurück bin und die zahlreichen RAW-Fotos konvertiert habe! Aber die werden dafür umwerfend – versprochen! Und Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude 🙂 )

Nachdem ich ein wenig die Aussicht genossen habe gehe ich zum Gebäude der Administración. Außer ein paar Bauarbeitern scheint aber niemand da zu sein und erst auf meine Nachfrage hin bekomme ich mitgeteilt, dass in Kürze jemand kommen wird. Ich warte ein paar Minuten und werde von den Einheimischen interessiert gemustert. Dann überlege ich mir, dass es eigentlich doof ist, hier herumzusitzen. Falls jemand Interesse an meiner Anmeldung und damit meinem Geld hat, wird er sich schon melden. Also gehe ich in Richtung des ausgeschilderten Campingplatzes. Der liegt leider nicht direkt am Ufer der Lagune, wie ich mir das vorgestellt hatte. Deshalb zögere ich noch einen Moment und Frage mich, ob ich mein Zelt wohl einfach direkt am Wasser aufschlagen kann. Im Centro de Informaciones wurde mir das angedeutet. Einen Moment später spricht mich ein Einheimischer an, der mich auch schon zusammen mit den Bauarbeitern gemustert hatte und hier so etwas wie der Chef zu sein scheint. Von ihm erfahre ich, dass das Campen nur auf den ausgewiesenen Plätzen erlaubt ist und ich mein Zelt dort ruhig schon aufstellen könne. Mit direkt an der Lagune campen ist also nix :-(.

Dem Hinweis folgend laufe ich über den Campingplatz und suche mir die vermeintlich schönste Parzelle aus. Der Platz bietet alles benötigte, bis hin zu warmen Duschen!

Ich baue mein Zelt auf und bereite mir erstmal ein kleines Frühstück aus meinen mitgebrachten Haferflocken. In der Zwischenzeit kommt ein Bus voller älterer Einheimischer an, die ich zunächst für Arbeiter halte.

Nach dem Frühstück ruhe ich mich ein wenig aus und breche dann auf in Richtung Lagune. Zunächst frage ich nochmal in der Administración wegen meiner Anmeldung nach und werde dieses Mal an die benachbarte Ranger-Station verwiesen. Dort verweist man mich zurück an die Administración und meint dann, dass ich einfach losgehen könne, es würde sich dann schon jemand melden. Offensichtlich hat die Hauptsaison noch nicht begonnen und wegen so vereinzelten Besuchern wie mir macht man sich nicht den Aufwand, Ankünfte zu überwachen. Zumindest war ich ehrlich und habe es versucht.

Ohne einen genauen Plan laufe ich zunächst einfach etwas an der Lagune entlang. Alle paar Meter stoppe ich zum Fotografieren (mit nettem Gruß an meinen Leser Nico), denn die Aussicht ist einfach derart genial, dass ich mir die entsprechenden Bildkompositionen nicht entgehen lassen kann. (Anm. des Autors: Auch diese Fotos gibt’s bisher nur im RAW-Format, sorry 😉 )

Nach vielleicht einer Stunde treffe ich auf ein Schild, das den Weg hinauf in die Sierra Nevada ankündigt. Diese war ja das ursprüngliche Ziel und so folge ich dem Weg einfach weiter, ohne genau zu wissen, wie weit ich kommen würde. Wegen des Verbots, oben zu campen, hatte ich meine Ausrüstung ja auf dem Campingplatz an der Lagune zurück gelassen.

Eine weitere halbe Stunde später treffe ich auf einen Wegweiser mit Entfernungsangaben. Bis zum ersten Aussichtspunkt sind es nur 800 Meter, bis zum zweiten etwas mehr als 2 Kilometer und bis ganz hinauf in die Sierra Nevada etwa 6 Kilometer. Spontan beschließe ich, einfach weiter zu gehen und unterwegs irgendwo umzukehren, wenn die Uhrzeit dies gebieten würde. Zum Glück wird es hier erst so gegen 21:00 Uhr dunkel und so habe ich noch ausreichend Zeit, um noch bei Helligkeit wieder den Campingplatz zu erreichen.

Der Weg verläuft nun recht steil ansteigend durch den Wald. Von ersten Aussichtspunkt bietet sich eine gigantische Aussicht auf die Laguna Conguillío und so mache ich hier eine Weile Rast.

Während ich so völlig alleine die atemberaubende Aussicht genieße, höre ich plötzlich Stimmen und wenig später tauchen zwei britische Pärchen mittleren Alters auf. Wir kommen kurz darauf ins Gespräch und so erfahre ich, dass sie mit dem Mietwagen hier sind und ebenfalls hoch in die Sierra Nevada wollen.

Ich beschließe, noch mindestens zum nächsten Aussichtspunkt, dem Mirador los Condores, weiter zu gehen und frühestens von dort wieder abzusteigen. Der Weg führt wieder leicht absteigend durch den Wald und unterwegs hole ich die beiden britischen Pärchen wieder ein, die vor mir den ersten Aussichtspunkt verlassen hatten.

Der Blick vom Mirador los Condores stellt noch einmal alles bisherige in den Schatten! Während links der Kegel des Volcán Llaima thront, erhebt voraus und rechts die Sierra Nevada – und weit unten die strahlend blaue Laguna Conguillío. Wenig später macht der Aussichtspunkt seinem Namen alle Ehre und ich kann zusammen mit den Briten, die inzwischen zu mir aufgeschlossen haben, einen Condor beobachten, wie er seine Kreise über der Lagune zieht. Das ist schon irgendwie ein majestätischer Anblick!

Wir halten uns hier eine ganze Zeit lang auf und dann bekomme ich von den Briten eine Mitfahrgelegenheit zurück zum Campingplatz angeboten. Perfekt – das ermöglicht mir den restlichen Aufstieg in die Sierra Nevada auch noch mitzumachen, da ich nach dem Abstieg nicht auch noch die anderthalb Stunden zum Campingplatz zurück laufen muss.

Der weitere Weg steigt stellenweise sehr stark an und im oberen Teil müssen wir einige Schneefelder überqueren. Außerdem ist die Wegfindung nicht mehr so einfach als bisher. Etwa 15 Minuten vor dem Ziel kommt uns ein anderer Tourist entgegen und ermutigt uns, den restlichen Aufstieg auch noch zu machen. Die Aussicht von dort oben sei toll, es würde sich also lohnen.

Schließlich erreichen wir das Ziel der Tour, den Mirador in der Sierra Nevada. Die Aussicht ist in der Tat schön, wobei sie nicht mit jener von Mirador Los Condores mithalten kann und sie auch den eher beschwerlichen Restaufstieg nicht wirklich lohnt. Zudem beginnt sich der Himmel inzwischen zuzuziehen und die Sicht ist damit nicht mehr so hervorragend wie zuvor.

Laut meinem Rother Wanderführer soll man hier oben ja campen können. Die Ranger hatten das ja verneint, aber tatsächlich sehen wir eine Gruppe Wanderer, die soeben ihr Zelt aufbauen. Es scheint also inoffiziell schon möglich zu sein. Aber ich hatte meine Ausrüstung ja auf dem Campingplatz zurück gelassen und muss daher heute noch absteigen.

Und genau das tun wir alle zusammen auch wenig später. Wir kommen gut voran und sind etwa zwei Stunden später beim Auto der beiden britischen Pärchen.

Zusammen fahren wir zum Campingplatz, wo inzwischen einiges mehr los ist. Außer der Gruppe Einheimischer, die ich am Mittag noch für Arbeiter gehalten hatte und bei denen es sich wohl um eine Art “Jung-Senioren-Ausflug” handelte, war auch noch eine Gruppe chilenischer Pfadfinder eingetroffen. Zu allem Übel hatten sich beide Gruppen im vorderen Teil des Campingplatzes breit gemacht, wo auch ich mein Zelt aufgebaut hatte. Da ich aber schon meine Ruhe haben will, wenn ich schon in der freien Natur unterwegs bin, packe ich kurz entschlossen meine Sachen und mein Zelt und ziehe in den hinteren Teil des Platzes um, in dem auch die Briten sich niedergelassen hatten.

Nach dem Wiederaufbau meines Zeltes genieße ich eine kurze, warme (!!!) Dusche und koche mir dann meine mitgebrachte Fertigpasta. Anschließend verkrieche ich mich auch schon in mein Zelt, weil es inzwischen etwas kühl geworden war. Außerdem will ich morgen nicht zu spät aufstehen, um die ca. 20 km bis nach Captrén zur Not auch zu Fuß zurücklegen zu können und trotzdem noch den Bus zurück nach Curacautín zu erreichen.

Fortsetzung folgt…

Reserva Nacional Malalcahuello-Nalcas

(Nachtrag von Mittwoch, 04.12.2013)

Beim Aufwachen wird mir heute sofort bewusst, dass ich mich inzwischen ein ganzes Stück südlicher befinde: Es ist empfindlich kalt!

Die Idee, mich mit einer warmen Dusche aufzuwärmen, funktioniert leider nicht, da das Wasser nicht warm wird oder ich nicht lange genug warte. So gibt’s eben nur eine Schnellreinigung :-). Anschließend frühstücke ich zusammen mit Sandra und Daniel, den beiden Schweizern aus meinem Zimmer. Wir tauschen uns wieder über unsere zurückliegenden Reisen und die Erlebnisse dabei aus.

Nach dem Frühstück ziehen Sandra und Daniel weiter. Sie sind mit dem Mietwagen in der Region unterwegs und damit nicht auf Busse oder Mitfahrgelegenheiten angewiesen. Ich beginne, meine nur groben Vorstellungen für die kommenden Tage zu konkretisieren. Zwischendurch lerne ich auch noch Maren aus Stuttgart kennen, die außer mir die einzige im Hostel ist. Da sie bereits in einem der Nationalparks in der Region und auch in Patagonien war, frage ich sie natürlich intensiv aus :-).

Mit Hilfe der Infos der Hostelbetreiber entscheide ich mich, morgen zu einer 2-tägigen Trekking-Tour im Parque Nacional Conguillas aufzubrechen. Heute möchte ich dafür noch Proviant besorgen und erneut versuchen, eine Gaskartusche für meinen Kocher zu finden. Vielleicht kann ich dann später noch eine kleine Tour in der Reserva Nacional Malalcahuello-Nalcas machen.

Zunächst schlendere ich ein paar Minuten durch die Stadt – oder wohl eher Dorf – und finde doch tatsächlich in der ersten Ferreteria die Gaskartusche, nach der ich in Santigo so vergebens gesucht hatte. Jetzt noch Proviant besorgen und die Trekking-Tour morgen ist gebongt.

Zurück im Hostel verstaue ich die Einkäufe und breche dann mit dem Bus auf nach Malalcahuello. Ich kann direkt bei der Ranger-Station aussteigen und bekomme eine vorbildliche Wegbeschreibung. In der Station sind zwei Praktikanten aus Kolumbien und so werde ich sogar noch bis zum Beginn des gut markierten Weges geleitet.

Der Weg steigt ziemlich steil an und verläuft praktisch gänzlich im Wald. Eigentlich hatte ich mir eher eine gemütliche Wanderung mit Aussicht auf die umliegenden, vergletscherten Vulkane vorgestellt :-). Aber ich gehe weiter, denn was noch nicht ist, kann ja noch werden… Und tatsächlich, vom ersten Aussichtspunkt aus kann ich trotz Wolken einen Teil der schneebedeckten Gebirgskette bewundern.

Ich gehe weiter immer dem Weg nach und komme an einem zweiten Aussichtspunkt vorbei. Von hier bietet sich ein noch schönerer Ausblick.

Da ich völlig allein unterwegs bin, habe ich viel Zeit, meine Gedanken kreisen zu lassen. Und so denke ich viel über meine Freundin Paola und unsere Beziehung nach.

Auf dem weiteren Weg bekomme ich Zweifel, ob ich es wohl rechtzeitig bis zum Piedra Santa schaffen würde. Um 18:15 Uhr muss ich wieder unten bei der Ranger-Station sein, um den letzten Bus zurück nach Curacautín zu erwischen. Die Rangerin hatte mir einen Rundweg erklärt, von dem ich von Anfang an Zweifel hatte was die benötigte Dauer angeht. Zumal die Karte, die ich ebenfalls in der Ranger-Station bekommen hatte, ganz andere Angaben zu den Gehzeiten macht. Da ich aber nicht so zwischendrin irgendwo abbrechen möchte laufe ich zügig weiter.

Schließlich, als ich schon nicht mehr damit rechne, erreiche ich die hiesige Baumgrenze und den Piedra Santa, einen niedrig gelegenen Gebirgskamm. So ohne den Schutz des Waldes bläst hier oben ein empfindlich kühler Wind – vielleicht schon mal ein kleiner Vorgeschmack auf Patagonien und Feuerland. Außerdem beginnt hier auch der andere Weg, den mir die Rangerin als Rückkehr ins Tal beschrieben hatte.

Zunächst genieße ich ein wenig die Aussicht und mache Fotos der umliegenden Gebirgszüge. Dann entscheide ich mich spontan, es doch noch mit dem anderen Rückweg zu versuchen.

Der Weg führt zunächst am Gebirgskamm entlang und sollte laut Karte wenig später auf einen kreuzenden Weg zurück ins Tal treffen. Vergeblich halte ich nach den entsprechenden Markierungen Ausschau. Nach etwa einer weiteren halben Stunde beschließe ich umzukehren und auf dem gleichen Weg zurück zu gehen und so hoffentlich noch den Bus zurück zu erwischen.

Ich komme zügig voran, obwohl der Abstieg auf dem zum Teil sehr steilen Waldweg ganz schön anstrengend ist. Aber ich bin inzwischen guter Dinge, dass es mit dem Bus klappt. Ohne diese zusätzliche Sorge, wie ich nach Curacautín zurückkommen würde, kehren meine Gedanken schnell zu meiner Freundin Paola zurück.

Gegen 17:30 Uhr erreiche ich schließlich wieder die Ranger-Station und setze mich in der Einfahrt an die Straße, um auf den hoffentlich irgendwann vorbei kommenden Bus zu warten. So ohne Bewegung wird es schnell kühl, aber zum Glück finde ich in einer kleinen Hütte ein wenig Schutz. Die Wanderung war vor allem sehr anstrengend gewesen und hatte einen wesentlich größeren Umfang als ich es ursprünglich geplant hatte. Aber Abenteuer sind schließlich das, was passiert während man andere Pläne macht. Und unter anderem wegen der Abenteuer bin ich ja hier…

Schließlich kommt nahezu pünktlich tatsächlich der Bus und ich komme müde aber zufrieden im Hostel an. Dieses Mal klappt es auch mit der warmen Dusche und die chilenische Variante der 5-Minuten-Terine muss zwecks Bequemlichkeit als Abendessen herhalten.

Anschließend bereite ich noch meine Trekking-Tour der nächsten beiden Tage vor. Der Rucksack muss umgepackt werden, da ich nur die wirklich wichtigen Dinge mitnehmen und den Rest hier im Hostel zurücklassen werde. Außerdem bekomme ich vom Hostelbetreiber den entscheidenden Hinweis, dass mein Plan basierend auf dem Tourvorschlag des Rother Wanderführers nicht funktioniert. Erstens ist der Transport zum Park wesentlich komplizierter als gedacht und zweitens kann man wohl nicht in der Sierra Nevada campen, so dass Hin- und Rückweg in einem Stück zurückzulegen sind. Trotzdem halte ich an meinem Plan fest, morgen um 6 Uhr mit dem Bus nach Captrén zu fahren und von dort die restlichen 12 km zum Park irgendwie anders zurückzulegen – zur Not eben zu Fuß. Im Park selbst werde ich dann sehen, wo genau ich mein Zelt aufschlagen kann und welche Wege sich bzgl. Dauer und Machbarkeit anbieten.

Mitten in meinen Vorbereitungen kommt noch ein neuer Gast aus Tschechien an, der auch in meinem Zimmer unterkommt. Wir unterhalten uns eine Weile, bevor ich schließlich ziemlich erschlagen ins Bett falle. Von einem weiteren Abkömmlinge, der wohl mit dem Fahrrad unterwegs ist, bekomme ich praktisch nichts mehr mit.